Uneinigkeit im Otterndorfer Rat: Was tun, wenn sich Bauherren nicht an Regeln halten?
Was tun, wenn sich Bauherren und Grundstücksbesitzer nicht an die im Bebauungsplan festgelegten Bestimmungen halten? Bei dieser Frage gehen die Meinungen in der Otterndorfer Politik auseinander.
Während sich die SPD/Grünen-Gruppe für eine stärkere Überprüfung möglicher Verstöße einsetzt, halten CDU und die FDP die Kontrollen für unangemessen und - angesichts der Personallage im Bauamt - undurchführbar. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Bullwinkel spricht gar von einer "Stasi-Vorlage".
Der Punkt stand gar nicht auf der Tagesordnung, beherrschte aber die kommunalpolitische Diskussion in der jüngsten Stadtratssitzung: Wie geht man mit Umwelt- und Bausündern um, die auf ihren Grundstücken die Vorgaben aus dem Bebauungsplan missachten?
Das Thema war vor einigen Monaten aufgeploppt, als bei der Abnahme des Baugebiets "Am Medembogen I" diverse Verstöße gegen die Vorschriften des Bebauungsplanes Nr. 84 "Am Medembogen" festgestellt wurden. Und nicht nur dort sind Missstände zu beobachten: Auch die wild blinkenden Werbeanlagen in der Altstadt und die sich noch immer ausbreitenden (und doch längst verbotenen) Schottergärten sind vielen Stadtvertretern ein Dorn im Auge.
Diese drei baulichen Missstände hat die Verwaltung in der Sitzungsvorlage 075/11/2023 zusammengefasst. Der Stadtdirektor wird darin beauftragt, die Einhaltung der Vorschriften "je nach zur Verfügung stehender Kapazität der Verwaltung" prüfen zu lassen und festgestellte Verstöße an das Bauaufsichtsamt des Landkreises weiterzumelden. Bevor die Verstöße an den Landkreis gemeldet werden, sollen die Betroffenen über den Sachverhalt informiert werden und Gelegenheit bekommen, den Verstoß zu beseitigen, heißt es in der zwischen den Parteien umstrittenen Vorlage.
Im nicht öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss hatte die SPD/Grünen-Mehrheit den Verwaltungsvorschlag durchgesetzt - zum Missfallen der CDU/FDP-Gruppe. Eigentlich sei abgesprochen gewesen, das Thema im Stadtrat zu diskutieren. "So etwas darf nicht unter den Tisch gekehrt werden", wurde der CDU-Fraktionschef Thomas Bullwinkel deutlich. Er befürchtet, dass sich Nachbarn künftig gegenseitig anzeigen werden. Ein Klima des Misstrauens sei die Folge. Von Mitbürgern werde diese Regelung daher bereits als "Stasi-Vorlage" kritisiert, berichtete Bullwinkel.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Malte Hinck zeigte sich angesichts der Wortwahl empört. "Das ist ein Schlag ins Gesicht derer, die wirklich unter der Stasi gelitten haben", sagte Hinck. Er verdeutlichte noch einmal, dass alle Grundstückseigentümer über festgestellte Verstöße informiert werden, bevor eine Meldung an den Landkreis gehe. Ihnen werde eine großzügige Frist eingeräumt, den Mangel zu beseitigen.
Entscheidung im stillen Kämmerlein durchgeboxt
Carsten Nickel (FDP) hält eine Aufklärungskampagne über die Vorschriften für sinnvoller: "Wenn das nicht klappt, kann man ja immer noch energischer auftreten." Er kritisierte, dass die Entscheidung "im stillen Kämmerlein" durchgeboxt worden sei. Mit der von der SPD und den Grünen propagierten Bürgernähe habe das nicht viel zu tun.
"Es geht darum, das Recht durchzusetzen", stellte Bürgermeister Claus Johannßen (SPD) klar. Das sei man auch all denen schuldig, die sich an die Vorschriften des Bebauungsplans halten.
Bianca Schedler (CDU) sieht die Zuständigkeit eindeutig beim Bauaufsichtsamt des Landkreises Cuxhaven und nicht bei der Stadt Otterndorf. "Ich weiß nicht, warum sich die Stadt eine Aufgabe heranzieht, für die sie gar nicht zuständig ist", kritisierte die Ratsfrau. Angesichts der schwierigen Personallage im Bauamt der Samtgemeinde Land Hadeln seien systematische Kontrollen gar nicht möglich.
Stadtdirektor Frank Thielebeule räumte ein, dass die Überprüfungen der Bauvorschriften für die Samtgemeindeverwaltung eine "zusätzliche Aufgabe" seien. Sie sollen Hand in Hand mit dem Landkreis Cuxhaven erfolgen.
Weitere Themen aus der Sitzung des Otterndorfer Stadtrats in Kürze:
Hafenschlick: Der Otterndorfer Seglerhafen hat ein Schlickproblem. Dieses Thema ist nicht neu, hat sich im Laufe der vergangenen Monate und Jahre aber immer mehr verschärft. Mit dem Spülboot "Spüli" lassen sich die Schlickmassen offenbar nicht mehr bändigen, sodass die Stadt jetzt - mit Fördergeldern - eine (zumindest teilweise) Ausbaggerung des Hafens anstrebt, wie Stadtdirektor Frank Thielebeule berichtete.
Start-Up-Zentrum: Das Start-Up-Zentrum für Existenzgründer in den früheren Räumen der Agentur für Arbeit am Fröbelweg rückt näher. Als Partnerin holt sich die Stadt die Volkshochschule im Landkreis Cuxhaven ins Boot. Der VHS-Aufsichtsrat hat in seiner Sitzung am 15. August dem Umzug in die barrierefreien Räumlichkeiten zugestimmt. Als Starttermin für das Existenzgründerzentrum wurde der 1. Januar 2024 genannt.
Skatepark: Gute Nachrichten für alle Fans der temporeichen Skateboard-Szene. Der Förderbescheid für die Erneuerung des Skateparks im Otterndorfer Feriengebiet soll in Kürze eintreffen. Das führte Stadtdirektor Frank Thielebeule zu der hoffnungsfrohen Aussage, dass mit der Umsetzung des Projektes im Frühjahr 2024 begonnen werden kann.
Ministerbesuch: Gleich zwei Ministerinnen wollen der Medemstadt im Oktober einen Besuch abstatten. Die niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (SPD) ist am 4. Oktober im Cuxland, um die Amtsgerichte in Otterndorf und Cuxhaven zu besuchen. Voraussichtlich am 9. Oktober wird der frisch sanierte Uferbereich des Großen Speckens feierlich eröffnet. Als prominenter Gast ist dann die Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung, Wiebke Osigus (SPD), dabei.
E-Ladestation: Die Stadt Otterndorf will den Ausbau von E-Ladestationen forcieren. Ein möglicher Investor wurde bereits gefunden - er möchte Stationen am Großen Specken und an der Goethestraße einrichten. Die Stadt sieht aber den Großraumparkplatz im Feriengebiet in der Priorität weiter vorn. Unabhängig von der Entscheidung des Anbieters sagt Stadtdirektor Frank Thielebeule: "Unser Ziel ist es, in der nächsten Saison auf dem Großraumparkplatz Ladesäulen stehen zu haben."
VIP-Gästekarte: Wie lässt sich die Nebensaison im Nordseebad Otterndorf attraktiver gestalten? Nach einem Vorschlag der SPD/Grünen-Gruppe könnte eine VIP-Gästekarte - der Name ist noch ein Arbeitstitel - mit besonderen Angeboten und Vergünstigungen für eine Belebung sorgen. Denkbar wären beispielsweise kostenlose Eintritte in die Sole-Therme oder zur Spiel- und Spaßscheune. Der Antrag soll nun im Tourismusausschuss beraten werden.