
Mutwillige Zerstörung an der Kirche: Vandalismus in Otterndorf sorgt für Entsetzen
Vandalismus an der St.-Severi-Kirche in Otterndorf: Unbekannte beschädigen und beschmieren die symbolträchtigen "Kreuze ohne Haken". Ein Angriff auf die Werte von Toleranz und Offenheit, der die Gemeinde erschüttert. Die Polizei ermittelt.
Dieser Mangel an Respekt vor der Meinung und dem Eigentum anderer macht uns zutiefst betroffen." Pastorin Franziska May und ihr Kollege, Pastor Axel Scholz, entdeckten am Donnerstagvormittag an der Nord- und Südseite der St.-Severi-Kirche in Otterndorf, dass mehrere "Kreuze ohne Haken" neben dem Gotteshaus mutwillig beschädigt und beschmiert worden waren.
Lange Zeit schien es, als würden die Kreuze von Vandalismus verschont bleiben.
"Doch leider", so Franziska May ernüchtert, "haben wir uns zu früh gefreut." Für die beiden Geistlichen ist die Tat jedoch mehr als bloßer Vandalismus. "Die Kreuze stehen sinnbildlich für eine offene, tolerante Gesellschaft und für das friedliche Miteinander in Otterndorf - ganz besonders im Zeichen des christlichen Glaubens", betonen sie.
Die mutwillige Beschädigung trifft die beiden Seelsorger persönlich. "Es ist nicht nur Farbe auf Holz", sagt Axel Scholz. "Es ist ein Angriff auf das, was wir als Kirche und als Gesellschaft sein wollen: menschenfreundlich, respektvoll, offen für alle." Die Kirchengemeinde hat den Vorfall bei der Polizei zur Anzeige gebracht; die Ermittlungen haben begonnen.
In Deutschland wird eine solche Tat strafrechtlich nicht auf die leichte Schulter genommen. Wer öffentlich zugängliche religiöse Symbole - wie etwa Kreuze - beschädigt, macht sich unter Umständen gleich mehrfach strafbar. In Frage kommen unter anderem der Straftatbestand der gemeinnützigen Sachbeschädigung (§ 304 StGB), der Dinge betrifft, die dem Gottesdienst gewidmet sind, sowie der der einfachen Sachbeschädigung (§ 303 StGB). Beide Paragrafen sehen Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen vor - bei gemeinnütziger Sachbeschädigung im schlimmsten Fall bis zu drei Jahre Haft. Auch ohne hohen Sachwert reicht schon die absichtliche Verunstaltung aus, um juristische Konsequenzen zu ziehen. Besonders schwer wiegt hier, dass kirchliche Einrichtungen als schützenswerter öffentlicher Raum gelten - was sich strafverschärfend auswirken kann.
Trotz aller Enttäuschung lassen sich Pastorin May und Pastor Scholz in ihrem Engagement nicht entmutigen. Die Botschaft der "Kreuze ohne Haken" bleibt bestehen -jetzt erst recht. "Wir stehen weiterhin ein für Menschlichkeit und Respekt - auch, wenn es Gegenwind gibt", unterstreichen sie unisono.
Die Aktion "Kreuze ohne Haken" wurde von der Gruppe "beherzt - für Demokratie und Vielfalt e.V." ins Leben gerufen. Diese Initiative entstand 2018 im Landkreis Uelzen, Niedersachsen, als Reaktion auf den zunehmenden Einfluss völkischer Siedler in der Region. Der Verein setzt sich für Demokratie, Toleranz und ein respektvolles Miteinander ein und verwendet das Symbol des "Kreuzes ohne Haken", um ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus und menschenfeindliche Ideologien zu setzen. Die entfernten Hakenkreuze auf den Kreuzen verdeutlichen die klare Absage an menschenverachtende Ideologien und mahnen zur Wachsamkeit gegenüber gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Die Mitglieder von "beherzt" engagieren sich durch Aufklärung, Infoveranstaltungen und die Verteilung der markanten gelb-pinken Holzkreuze. Mittlerweile stehen mehr als 1.500 dieser Kreuze in der Region, und die Aktion hat bundesweit Nachahmer gefunden. Die Gruppe wurde für ihr Engagement unter anderem mit dem Julius-Rumpf-Preis der Martin-Niemöller-Stiftung ausgezeichnet. Die Aktion "Kreuze ohne Haken" ist somit nicht nur ein Symbol, sondern zudem Ausdruck eines breiten zivilgesellschaftlichen Engagements gegen Rechtsextremismus und für eine offene, demokratische Gesellschaft. Auch im Kirchenkreis Cuxhaven-Hadeln. (red)