Schwebefähre: Wahrzeichen der Oste ist Pflegefall
Sie ist das Wahrzeichen der Oste-Region: die Schwebefähre Osten-Hemmoor. Im Alter von nunmehr 115 Jahren ist sie aber pflegebedürftiger denn je. Und das wird teuer: Im Frühjahr 2025 soll eine erneute Sanierung der Stahlkonstruktion beginnen.
Offiziell spricht die Kreisverwaltung von einer "signifikanten Investition" in einem "hohen 7-stelligen Bereich". Im Raum steht nach Informationen unserer Redaktion die Summe von 8,5 Millionen Euro. Doch ohne Sanierung rostet das Bauwerk vor sich hin und würde über kurz oder lang für den Fahrbetrieb stillgelegt werden. Das Problem: Der Landkreis würde eine touristische Hauptattraktion verlieren.
Im Oktober 1909 war die Welt noch in Ordnung, als die Schwebefähre den Betrieb aufnahm. 280.000 Mark hatten die Gemeinde Osten und private Geldgeber ausgegeben, um das Projekt zu verwirklichen. Der Bau einer festen Brücke war angesichts des damals regen Schiffsverkehrs auf der Oste nicht möglich, sodass es eine Alternative zur kleinen Prahmfähre geben musste, die bis zu diesem Zeitpunkt auf dem Fluss eingesetzt wurde.
Und anscheinend rechnete sich der Betrieb der Schwebefähre über Jahrzehnte hinweg, denn insbesondere der wachsende Straßenverkehr nach dem 2. Weltkrieg führte noch 1962 zu einem Reingewinn von fast 35.000 Mark. Doch das Ende der Schwebefähre als Verkehrsmittel bahnte sich damals schon an. Vor 50 Jahren - im Mai 1974 - wurde nach mehrjähriger Bautätigkeit die feste Brücke im Zuge der B 495 für den Verkehr freigegeben und die Schwebefähre stillgelegt.
Der damalige Landkreis Hadeln übernahm das Bauwerk, das mittlerweile den Status "Technisches Baudenkmal" verliehen bekommen hatte. Es erfolgten die ersten in einer ganzen Reihe von Sanierungsmaßnahmen, wobei bereits gleich der Korrosionsschutz des Gerüstes eine wesentliche Rolle einnahm.
Touristisches
Angebot
1975 erfolgte die Gründung der "Fördergesellschaft zur Erhaltung der Schwebefähre Osten", die in Absprache mit dem Landkreis später die Fähre betrieb, damit man sie als touristisches Angebot präsentieren konnte. Leichter gesagt, als getan: 1989 hatte der TÜV die Schwebefähre unter die Lupe genommen und angesichts sicherheitstechnischer Bedenken umgehend stillegen lassen. Fast eine Millionen Mark wurden damals aufgebracht, damit der "Pendelverkehr" vor 30 Jahren wieder aufgenommen werden konnte.
Die kontinuierliche Wartung und Ausbesserung kleinerer Schäden blieben seitdem ständige Wegbegleiter des Fährverkehrs, für den ehrenamtliche tätige Bürgerinnen und Bürger seit Jahrzehnten sorgten und sorgen.
"Frischzellenkur"
für alte Dame
2001 musste eine Stromschienanlage montiert werden; es erfolgte eine erneute Zwangsstilllegung. Fachleute beschäftigten sich mit der Frage, welche "Frischzellenkur" die alte Dame insgesamt bekommen müsste. Was folgte, war nicht nur der Einbau neuer Motoren, sondern auch die Erneuerung weiterer Antriebskomponenten. Eine Entrostung erforderte eine sogenannte "Einrüstung" der beiden Hauptträger der Fähre durch Planen. Im Frühjahr 2006 machte sich dann Erleichterung an der Oste breit: Nachdem 1,2 Millionen Euro ausgegeben worden waren, erfolgte nach rund vier Jahren die Wiederinbetriebnahme der Schwebefähre.
Seitdem gab es kontinuierliche "Schadensanalysen" zum Zustand des technischen Baudenkmals. 2013 stellte ein Ingenieurbüro dann fest, dass alle vier Fundamente aus Gründen der Standsicherheit grundlegend erneuert werden müssten. Das geschah dann auch bis 2018 für rund 1,75 Millionen Euro. Noch während dieser Arbeiten war klar, dass erneut der Zustand der Stahlkonstruktion ein weiteres großes Problem darstellt.
"Hauptproblem ist
die Korrosion"
"In einem salzhaltigen Küstenklima sind Stahlkonstruktionen wie die Schwebefähre mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Ein Hauptproblem ist die Korrosion, die durch die salzhaltige Luft beschleunigt wird. Dies kann die strukturelle Integrität des Stahls beeinträchtigen und langfristig zu Schäden führen. Die Beseitigung möglicher Schäden ist entscheidend, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Stahlkonstruktion zu gewährleisten", heißt es dazu aus der Pressestelle der Kreisverwaltung.
Dort geht man von der besagten "signifikanten Investition" in einem "hohen 7-stelligen Bereich" aus, legt sich aber mittlerweile offiziell nicht mehr auf eine konkrete Summe fest. Kostenschätzungen für die Sanierung einer solchen Stahlkonstruktion würden eben oft in der "Vielzahl von Variablen" liegen, die den Gesamtaufwand beeinflussten. Faktoren wie unerwartete strukturelle Schäden und unvorhergesehene Umweltauswirkungen könnten die ursprünglichen Kostenschätzungen beeinträchtigen. Des Weiteren könnten Schwierigkeiten bei der genauen Bestimmung des Materialbedarfs und der Arbeitskosten Unsicherheiten hervorrufen: "Diese Unsicherheiten in der Kostenschätzung machen es zurzeit schwierig, eine explizite Summe zu benennen."
Kreistag stockt
Finanzmittel auf
Aber ist das alles noch zu finanzieren? Die Antwort: "Die Kreisverwaltung ist dankbar dafür, dass ihr von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien eine Förderzusage vorliegt. Der Landkreis arbeitet zurzeit daran, weitere Fördergelder zu akquirieren." Zurzeit liegen nach Informationen unserer Redaktion Förderzusagen in einem Rahmen von 2,1 Millionen Euro vor.
Im Kreistag steht man mehrheitlich hinter der kostspieligen Sanierung, um das Wahrzeichen zu erhalten: "Im Zusammenhang mit den bislang durchgeführten Projektphasen hat der Kreistag erhebliche finanzielle Mittel für die Sanierung der Schwebefähre bereitgestellt. In Anbetracht der aktuellen Kostenschätzung wurde jedoch festgestellt, dass eine Aufstockung im Haushaltsjahr 2024 zwingend erforderlich ist."
Realistisch sei, dass mit der Sanierung im Frühjahr kommenden Jahres begonnen und diese sich über zwei Jahre hinziehen werde.