Starke Silhouette vor starkem Gerät: Kapitän zur See Oliver Ottmüller vor dem Seeaufklärer P-3C Orion – ein Abschiedsbild mit Charisma. Fotos: Potschka
Starke Silhouette vor starkem Gerät: Kapitän zur See Oliver Ottmüller vor dem Seeaufklärer P-3C Orion – ein Abschiedsbild mit Charisma. Fotos: Potschka
Marinefliegergeschwader Nordholz 

Seeaufklärer P-3C Orion: Nordholz verabschiedet sich vom Arbeitstier der Lüfte 

von Jens Potschka | 04.06.2025

Die P-3C Orion der deutschen Marine hebt ein letztes Mal ab. Ein Abschiedsflug verbindet Vergangenheit und Zukunft über den Wolken und markiert das Ende einer Ära - während ein moderner Jet bereits in den Startlöchern steht.

Einsatzbereit bis zum letzten Tag: Die P-3C Orion bleibt bis Ende 2025 im aktiven Dienst.
Bald Geschichte - die P-3C Orion vor dem Hangar des Marinefliegergeschwaders 3 in Nordholz ist bereit für den nächsten Einsatz.
Seit fast zwei Jahrzehnten flog die Orion über den Weltmeeren - hier ein Seitenblick auf das ikonische Viermotoren-Flugzeug.

Marinestützpunkt Nordholz - Ein sommerlicher Wind weht über das Rollfeld, vor dem Hangar steht die P-3C Orion in der morgendlichen Junisonne. Noch wirkt alles einsatzbereit - die Triebwerke, die Sensoren, der charakteristische MAD-Boom am Heck, mit dem magnetische Anomalien geortet werden können. Doch für den Seefernaufklärer der Marine läuft der Countdown: Zum 31. Dezember 2025 endet ein Kapitel deutscher Marinefliegergeschichte.

"Wir bereiten uns nicht auf das Ende vor - wir fliegen weiter Missionen bis zur letzten Minute", sagt Kapitän zur See Oliver Ottmüller, Kommodore des Marinefliegergeschwaders 3 "Graf Zeppelin". Beim Ortstermin mit unserer Redaktion in Nordholz spricht der Kommodore mit ruhiger Stimme - und mit Stolz.

Einsatz für Sicherheit - und gegen Piraten

Die P-3C Orion, ursprünglich aus US-amerikanischer Produktion, hat für die Bundeswehr mehr geleistet, als viele wissen. Der bedeutendste Einsatzort: das Horn von Afrika. "Wir sind von 2008 bis 2021 regelmäßig aus Dschibuti geflogen - das Mandat war zunächst Terrorismusabwehr nach 9/11, später ging es um Piratenbekämpfung", erklärt Ottmüller. Bis zu vier Monaten war ein Kontingent von 50 bis 70 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.

Der Alltag dort: fordernd. Temperaturen bis zu 50 Grad Celsius, keine Hangars. "Man stand auf dem Rollfeld wie gegen eine Wand", erinnert sich der Kommodore. Oberstabsbootsmann Stefan K. ergänzt: "Die Technik wurde im Freien instand gesetzt - in praller Sonne. Manchmal haben wir die Arbeiten in die Abendstunden verlegen müssen. Aber wir haben das durchgezogen. Das Team war eine Einheit, wir haben uns gegenseitig getragen."

Ein Flugzeug, das Generationen geprägt hat

Ein besonderes System an Bord der P-3C: der sogenannte MAD (Magnetic Anomaly Detector). Kapitän zur See Oliver Ottmüller beschreibt dessen Einsatz bei einem Manöver mit nicht scharfer Munition fast wie in einem Thriller: "Wenn wir ein getauchtes U-Boot vermuteten, flogen wir in niedriger Höhe über das Gebiet. Und dann - absolute Stille im Flugzeug. Wenn die Nadel ausschlägt, heißt es: 'Mad man! Mad man! Mad man!‘ Dann war klar: Da ist es. Und der Torpedo geht runter." 

Nicht nur die Technik, auch der Mensch stand bei diesen Einsätzen im Zentrum. Viele Marineflieger sammelten über Jahre hinweg Einsatzerfahrung - einige waren zusammengerechnet über ein Jahr am Horn von Afrika. Die Zeit in Dschibuti hat geprägt - mit Hitze, Improvisation und internationalen Kooperationen: "Wir haben zum Beispiel mit spanischen Kollegen Bauteile getauscht und in unsere Orion integriert. Das war gelebte NATO-Arbeit", erzählt Stefan K.

Jetzt kommt der Jet

Der Nachfolger der Orion steht bereits in den Startlöchern: die Boeing P-8 Poseidon. Mit ihr zieht moderne Jet-Technik in die Marinefliegerei ein. Oliver Ottmüller: "Wir wechseln vom Propeller- auf das Düsentriebwerk, das ist fliegerisch eine andere Welt. Die P-8 hat ganz andere Leistung - man muss sich völlig umstellen." Das MFG 3 bereitet sich bereits seit 2022 auf diesen Umstieg vor, Techniker wie Oberstabsbootsmann Stefan K. haben internationale Schulungen durchlaufen - von Jacksonville bis Antalya.

Vom Einsatzflugzeug zum Museumsstück

Doch bevor die Orion endgültig aus Nordholz verschwindet, wird es einen würdigen Abschied geben. "Wir planen einen Abschiedsflug zu den wichtigsten Stationen, darunter Sigonella und Keflavík. Und natürlich wird eine P-3C hierbleiben - als Ausstellungsstück im Aeronauticum und hoffentlich auch als Denkmal auf dem Stützpunkt. Unsere Leute sollen auf dem Weg zur Arbeit sagen können: 'Das war mein Baby.‘"

Blick in die Zukunft - Nordholz als NATO-Drehkreuz

Mit der Außerdienststellung der P-3C endet nicht die Bedeutung des Marinefliegergeschwaders in Nordholz - im Gegenteil. Kommodore Ottmüller verweist auf die Zukunftsvisionen des Verteidigungsministeriums: "Der modernste Militärflugplatz Europas - so wurde unser Standort genannt." Der Umbau läuft: neue Infrastruktur, veränderte Sicherheitsanforderungen, internationaler Austausch. Nordholz wird zum NATO-Knotenpunkt für maritime Überwachung und Aufklärung.

Die Zielmarke steht: 2029 soll volle Einsatzbereitschaft mit der P-8 erreicht sein. Ottmüller formuliert es unmissverständlich: "We have to be ready to fight when the bells ring - das hat mal ein amerikanischer Admiral gesagt. Und das nehmen wir ernst." 

Die Begeisterung weitertragen

Und wie kann man junge Menschen für diesen anspruchsvollen Dienst begeistern? Für den Kommodore ist das klar: "Wir brauchen Menschen, die Technik und Einsatzwillen mitbringen. Es ist eine Aufgabe mit Sinn - für Sicherheit, für Europa, für die NATO. Die Orion hat es vorgemacht. Jetzt schreiben wir die Geschichte weiter."

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