
Streit endet in Messerattacke: War es versuchter Mord vor einer Cuxhavener Kneipe?
Was ist passiert in der Nacht vor fast zwei Jahren vor einer Gaststätte in Cuxhaven? Drei Männer im Alter zwischen 28 und 34 Jahren werden beschuldigt, einen Mann mit einem Messer, Schlägen und Tritten attackiert zu haben. Wer hat zugestochen?
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft wiegt schwer: "Versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung". Einer der Angeklagten trat am Montag beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Stade die Flucht nach vorn an: Nicht er, sondern einer seiner beiden mutmaßlichen Komplizen habe das vermeintliche Opfer und auch ihn selbst schwer verletzt.
Zehn Verhandlungstage hat das Gericht vorerst angesetzt, um Licht in das Dunkel dieses verworrenen Falls zu bringen. Spätestens nach dem Auftakt des Verfahrens ist klar, dass dies ein durchaus ein ambitioniertes Ziel sein könnte. Die im Raum stehenden und neuen Schilderungen deuten nämlich nicht darauf hin, dass es schnell Klarheit geben wird, da das "Schwarze-Peter"-Spiel spätestens am Montagmorgen nach der ersten Aussage Fahrt aufgenommen hat.
Eskalation vor Lokal
in Cuxhaven-Duhnen
Dreh- und Angelpunkt ist der 8. Dezember 2022. In dieser Nacht soll es vor einer Kneipe im Cuxhavener Stadtteil Duhnen zu dem folgenschweren Vorfall gekommen sein. Seitens des Landgerichtes war im Vorfeld des Prozesses von einer "Beziehungstat" die Rede. Demnach soll die Schwester zweier Brüder (32 und 34 Jahre alt) unter anderem auch ein Verhältnis mit dem Jüngsten des Trios (28) der drei irakischen Angeklagten gehabt haben, was aber zwischenzeitlich beendet worden war. Doch Gesprächsstoff lieferte die "On-Off"-Beziehung auch später noch. Es gab üble Gerüchte, Behauptungen und letzten Endes die Eskalation in Cuxhaven, bei der es ganz offensichtlich zur Klärung des aufgestauten Streits kommen sollte.
Der Staatsanwalt erläuterte, dass das vermeintliche Opfer, das angeblich eine Beziehung zu der Frau gehabt haben soll, durch einen der drei Männer angesprochen und in ein Gespräch verwickelt worden sei. Beide Männer hätten daraufhin das Lokal gegen Mitternacht verlassen und seien draußen bereits von den beiden anderen Angeklagten erwartet worden. "Heimtückisch" sei der Mann von den drei Irakern angegriffen, geschlagen, getreten und letzten Endes auch durch Stichverletzungen schwer verletzt worden.
"Sie haben versucht,
ihn zu töten"
Zum Einsatz sei dabei ein Messer mit einer Klingenlänge von zwölf Zentimetern gekommen. "Sie haben versucht, ihn zu töten", so die Überzeugung des Staatsanwaltes. Der Mann habe sich jedoch trotz der massiven Verletzungen befreien und in das rund fünf Meter entfernte Lokal in Sicherheit bringen können. Die Angeklagten hätten bewusst in Kauf genommen, dass er möglicherweise an diesem Abend seinen letzten Atemzug getan hätte. Daher auch der Vorwurf des "versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung".
Anschließend begann anscheinend ein Versteckspiel. Wie der Jüngste des Trios am Montag in einer persönlichen Erklärung zu Protokoll gab, habe er im Laufe des Abends reichlich Alkohol in Form von Bier und Mix-Getränken zu sich genommen. Er sei von der gewaltsamen Auseinandersetzung vor dem Lokal überrascht worden ("...das war ein Schock") und nicht in der Form beteiligt gewesen, dass er zugestochen habe.
Aber gerade das werde ihm ja vorgeworfen und er als Hauptangeklagter abgestempelt. Dies sei jedoch nicht korrekt, denn einer der beiden Brüder habe den Freund der Schwester und auch ihn selbst mit Stichen verletzt. "Ich habe zunächst ja gar nicht mitbekommen, dass ein Messer eingesetzt wurde und nicht verstanden, was dort dann passieren sollte", so der Angeklagte zum Prozessauftakt in Stade. Angesichts seiner angeblich starken Alkoholisierung habe er nur noch "wenige Erinnerungen" an den genauen Tatablauf.
Nur Randfigur oder
treibende Kraft?
Er sei durch Messerstiche verletzt worden, habe untertauchen, kein Krankenhaus aufsuchen und vor allen Dingen nicht mit der Polizei sprechen sollen. Mit seiner persönlichen Erklärung zu Prozessbeginn habe er verhindern wollen, dass man ihn seitens der beiden anderen Angeklagten als Haupttäter darstelle: "Ich will nicht, dass man mich für etwas verurteilt, was ich nicht gemacht habe."
War er tatsächlich nur eine Randfigur in dem gesamten Geschehen? Die beiden anderen Angeklagten schwiegen am Montag noch. Einer der beiden wird nach Angaben seines Anwaltes jedoch am nächsten Verhandlungstag eine Erklärung abgeben. Das wäre der 19. November: Dann ist auch der Mann geladen, dem die Attacke gegolten hatte.