
Wanna-Ahlenfalkenberg: Das Geheimnis der Grabkammer
In Wanna-Ahlenfalkenberg wird ein monumentales Steingrab aus der Steinzeit freigelegt und dokumentiert. Das Team um Anja Behrens forscht an spannenden Details aus der Trichterbecherkultur und ist den ersten Bauernauf der Spur.
Anja Behrens und ihr Team bewegen sich jetzt auf Steinzeitniveau. Buchstäblich. Der Torf am Rande des Feldweges in Wanna-Ahlenfalkenberg ist dazu auf einer Fläche von circa 10 mal 20 Meter vom Bagger ausgehoben worden. Der Erdboden in der Grube ist der von vor über 5000 Jahren, steigt man hinab, befindet man sich auf dem Boden des Neolithikums. Einst stand hier - auf einer Hügelkuppe das monumentale Steingrab - errichtet von den ersten siedelnden Bauern. Wohl weithin sichtbar lag es in der Landschaft. Doch dann wurde das mit einer Steinpackung ummantelte Bauwerk vom Moor überwachsen, schlummerte seit Jahrtausenden als Zeitkapsel im Boden und blieb vor Zerstörung bewahrt. Nun wird es als authentisches Zeitzeugnis für die Forschung akribisch freigelegt, genau untersucht, dokumentiert und analysiert. Das Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung katapultiert sich mit dieser Feldarbeit wieder direkt in die Steinzeit und nimmt die Lebensweise der ersten prähistorischen Siedler in den Fokus.
Das Forschungsvorhaben "Zwischen den Flüssen und gegen den Strom" beschäftigt sich mit der Trichterbecherkultur im Elbe-Weser-Dreieck. Anhand der Großsteingräber und gefundenen Beigaben werden miteinander verglichen. Geforscht wird, ob sich in den verschiedenen Lebensräumen Hohe Lieth, Stader Geest und Harburger Berge unterschiedliche Traditionen im Grabbau oder der Gestaltung der Keramikgefäße nachweisen lassen.
Großsteingrab liegt nun frei
Anja Behrens ist Diplom-Prähistorikerin am Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung Wilhelmshaven und vor Ort mit dem Projekt betraut. Mit dem Grabungstechniker, Studentinnen und Studenten aus den Niederlanden und Deutschland sowie freiwilligen Kräften läuft die Kampagne noch bis Ende August. Sie kommen dem Geheimnis des Großsteingrabes jetzt schrittweise näher. "Wir haben in den ersten beiden Wochen ganz schön angepackt und hatten viel zu tun", sagt die Steinzeit-Expertin. Das Großsteingrab aus dem Neoolithikum liegt nun frei.
Die Wissenschaftler gingen zunächst von einem fehlenden Deckstein aus. Überraschend und sehr zu ihrer Freude legte die Ausgrabungsarbeit zutage, dass dieser Stein unmittelbar an der Grabkammer lag. Vermutlich war er seinerzeit beim Anlegen des Drainagegrabens dorthin verlagert worden. Das bedeutet also, dass die Abdeckung der Grabkammer komplett ist und sie in 3D-Modellierung rekonstruiert werden kann.
Gebaut wurde das Steinzeit-Monument um 3300 bis 3400 vor Christus. "Von den anderen Gräbern wissen wir, dass es wohl bis 3000 vor Christus genutzt wurde", erläutert Anja Behrens. Die Spannung steigt. Denn nach dem Abtragen eines Teils der Steinpackung werden die Decksteine mit dem Gerät gehoben, um so in die Grabkammer zu gelangen. Geplant ist, das komplette Grabinventar zu bergen. Aber mehr noch: DNA-Proben sollen erstmals in Niedersachsen aus dem Sand unter den Grabkammern entnommen und analysiert werden. Geplant sind zudem Lipid-Untersuchungen an Keramik-Funden. Speisefette könnten Aufschluss über die Nutzung der Gefäße sowie Hinweise auf die Lebensweise geben.
Führungen immer am Mittwoch 15 Uhr
Wiederum werden im Zuge der aktuellen Kampagne öffentliche Führungen auf der Ausgrabungsstelle angeboten. Sie finden immer mittwochs um 15 Uhr und beginnt auf der Silofläche an der Seestraße, gegenüber der Hausnummer 14. Dort können auch die Pkw abgestellt werden.