Wolf reißt Schafe in Wanna - nur fünf Kilometer vom möglichen Abschuss-Ort entfernt
In Wanna (Samtgemeinde Land Hadeln) sind am Montag zwei Schafe gerissen worden - nur wenige Stunden vor Ablauf einer Abschussfrist für den Wolf im Kreis Cuxhaven. Auch in Nordholz gab es Risse. Die Vorfälle sorgen bei Landwirten für Angst und Unmut.
Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Wanna wurden am Montagabend (3. November 2025) zwei Schafe gerissen. Die Tiere, die der Landwirt als "Hobbyschafe" hielt, lebten auf einer Ponywiese direkt neben dem Hof. "Die beiden Schafe lagen in Sichtweite der Sandkiste meiner Enkelkinder. Die toben hier den ganzen Tag rum. Wie soll das weitergehen?", fragt sich der Wannaer.
Nach Angaben des Landwirts (Name ist der Redaktion bekannt) habe ein Nachbar am Montagabend gegen 20 Uhr ungewöhnliche Geräusche gehört, diese jedoch nicht zuordnen können. "Wir gehen daher davon aus, dass es am frühen Abend passiert ist", so der Landwirt. Kameraaufnahmen aus dem Stall sollen noch ausgewertet werden.
Wolf wird zum Abschuss freigegeben
Der Ort des Risses liegt nur rund 6,5 Kilometer Luftlinie von dem Rinderriss entfernt, der sich am 14. Oktober ereignet hatte. Der Vorfall in der Samtgemeinde Land Hadeln war für den NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) die Grundlage, den Wolf anschließend zum Abschuss freizugeben. 21 Tage ab Rissgeschehen durfte ein Raubtier erlegt werden, wenn es im Umkreis von 1000 Metern um die betroffene Weide auftaucht. Die Frist für den Abschuss endete am Montag um 23.59 Uhr - kurz zuvor schlug der Wolf nun offenbar in Wanna erneut zu.
"Wir brauchen jetzt klare Regeln und zwar sofort", sagt der Betroffene und ergänzt: "Die Politik ist jetzt am Zug und sollte schnell handeln." Seine Familie habe bereits Angst, berichtet der Landwirt, und fordert: Bevor etwas "Schlimmeres" passiert, müsse der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden, um eine Bestandsregulierung zu ermöglichen. "Die Jäger brauchen endlich Klarheit. Es ist schon nach zwölf."

Die Wolf-Angst belastet Landwirte
Die jüngsten Vorfälle verunsichern auch Tierhalter in der Region. Nur wenige Tage zuvor kam es in Nordholz zu einem ähnlichen Zwischenfall - rund sieben Kilometer von Wanna entfernt. Tierhalter Gerhard Carstens hat sich bisher immer relativ sicher gefühlt. Die meisten seiner 15 Tiere weiden direkt hinter seinem Wohnhaus in Nordholz-Wursterheide. Manche kann der Nebenerwerbslandwirt sogar durchs Fenster beobachten. Seit ein paar Tagen ist das Sicherheitsgefühl verschwunden.
In einer Nacht Ende Oktober ist einer seiner beiden Schafböcke gerissen worden. Am nächsten Morgen fand er ihn auf einem Kartoffelacker auf der anderen Straßenseite. Carstens geht von einem Wolfsriss aus. "Das Tier wurde mit einem Kehlbiss getötet und halb aufgefressen", sagt der 81-Jährige. Nur einen Tag später findet er seinen zweiten Zuchtbock und ein Lamm tot auf seiner Weide. Wieder direkt am Wohnhaus. Für ihn und andere Tierhalter stellt sich nun die Frage, wie es weitergeht.

Mit Ablauf der Abschussfrist gab es bezüglich der auf ministerialer Ebene genehmigten Wolfsentnahme mehr Fragen als Antworten. Fakt ist zumindest, dass im Rahmen des vor mehr als zwei Wochen angeschobenen Verfahrens auf Kreisgebiet kein Wolf erlegt worden ist. Das bestätigte das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, wenn auch nur auf indirekte Weise. "Über eine erfolgreiche Entnahme hätten wir die Öffentlichkeit in gewohnter Weise informiert", teilte ein Ministeriumssprecher auf Nachfragen der CN/NEZ-Redaktion mit.
Keine Äußerungen zu einzelnen Rissen
Umweltminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) hatte daraufhin angekündigt, dass er nicht zögern werde, zum Schutz der Weidetiere Taten folgen zu lassen. Nach der juristischen Bestätigung des Schnellabschussverfahrens werde Niedersachsen als einziges Bundesland auch künftig Abschussgenehmigungen erteilen und nicht die lange angekündigte Bundesregelung abwarten, heißt es aus dem Niedersächsischen Umweltministerium. Das hatte Umweltminister Meyer bereits zuvor bekräftigt.

Zu konkreten Nutztierrissen wie am Montagabend in Wanna äußert sich das Ministerium nicht. Das Ministerium legt Wert darauf, die Umsetzung der Schnellabschüsse zu anonymisieren, um keinen Hinweis darauf zu geben, wo ein Schnellabschuss erfolgen soll. "Wir werden - auch wenn aufseiten der Jägerschaft und Nutztierhaltung gerne spekuliert wird - uns weiterhin nicht zu einzelnen Rissen äußern, da damit bei einem erneuten Schnellabschussverfahren die Anonymisierung des Gebietes 1000 Meter um die betroffene Weide offengelegt würde", so ein Pressesprecher des Ministeriums in seiner Stellungnahme am Dienstag (4. November 2025) gegenüber cnv-medien.de. Auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg habe in seinem Urteil zur jüngsten Ausnahmegenehmigung bestätigt, dass das Ministerium nicht dazu verpflichtet sei, den Ort eines Risses beziehungsweise eines Schnellabschusses zu veröffentlichen.
Die Anonymisierung sei wichtig, um damit die betroffenen Nutztierhalterinnen und -halter oder auch die umsetzenden Personen weiter vor Anfeindungen zu schützen. Auch künftig werde sich das Ministerium zu einzelnen Vorfällen im Sinne der Umsetzung rechtmäßiger Schnellabschüsse nur allgemein äußern. Falls es einen oder mehrere weitere Schnellabschüsse geben sollte, werde das Umweltministerium weder den auslösenden Riss oder einen Ort noch umzusetzende Personen bekanntgeben.
Von Ulrich Rohde, Tim Larschow und Heike Leuschner