Blick zurück auf die Bundestagswahl 2017: Enak Ferlemann lässt sich von seinen Parteifreunden feiern. Er hat den Wahlkreis Cuxhaven-Stade II mit 42,7 Prozent der Erststimmen direkt gewonnen. Foto: Archiv/Leuschner
Blick zurück auf die Bundestagswahl 2017: Enak Ferlemann lässt sich von seinen Parteifreunden feiern. Er hat den Wahlkreis Cuxhaven-Stade II mit 42,7 Prozent der Erststimmen direkt gewonnen. Foto: Archiv/Leuschner
Bundestagsabgeordneter

Warum der Cuxhavener Politiker Enak Ferlemann auf eine erneute Kandidatur verzichtet

von Ulrich Rohde | 03.07.2024

Enak Ferlemann (60) kann man als "political animal" bezeichnen, als jemand, der Politik seit seiner Jugend mit Haut und Haaren lebt. Das wird sich nicht ändern. Doch zurück in die Bundespolitik zieht es ihn nach der nächsten Bundestagswahl nicht.

Unzählige Wahlkämpfe geführt, endlose Parteitage überstanden, massenhaft in Debatten gefochten: Wie berichtet, hat Ferlemann am Montag seine Entscheidung, nicht noch einmal zu kandidieren, der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Für ihn selbst war dieser Schritt schon länger klar, er hat sie mit seiner Familie und dann auch mit engsten Freunden und Vertrauten besprochen und schließlich so rechtzeitig getroffen, dass er am Montagabend den CDU-Kreisvorstand darüber informieren konnte. Damit ist diese Wahlperiode, seine sechste, auch seine letzte als Bundestagsabgeordneter.

"Jetzt aufzuhören, fühlt sich rund an"

Der Cuxhavener neigt nicht zur Wehmut. "Ich hätte sicherlich noch vier Jahre dranhängen können. Aber für einen Generationswechsel ist es jetzt genau der richtige Zeitpunkt", sagt er mit Blick auf die Bundestagswahl, die voraussichtlich im Oktober 2025 ansteht. "Irgendwann ist es sowieso zu Ende. Ich möchte selbstbestimmt darüber entscheiden, wann es vorbei ist. Das ist nur wenigen vergönnt." Es sei besser, dann abzutreten, wenn das Bedauern darüber noch überwiege und nicht erst dann, wenn andere ihm sagen, dass es langsam Zeit wird aufzuhören. Er habe in der Bundeshauptstadt alles erlebt, was ein Politiker erleben könne, Funktionen ausgeübt, ein bedeutendes Amt bekleidet. Was jetzt noch kommen könnte, wäre für ihn eine Wiederholung dessen, was er bereits kennt. "Jetzt aufzuhören, fühlt sich rund an. Das wäre anders, wenn die CDU in einer Krise stecken würde."

Dafür sorgen, dass die Union die Wahl 2025 gewinnt

Als mit allen Wassern gewaschener Politprofi geht es Ferlemann aber auch darum, die Chancen zu erhöhen, den Wahlkreis Cuxhaven-Stade II im nächsten Jahr wieder direkt zu gewinnen. 2021 verlor Ferlemann das Direktmandat gegen Daniel Schneider (SPD) und zog über die Landesliste ins Parlament ein. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin hätte nach der Nominierung am 2. Oktober im Cadenberger MarC 5 genug Zeit, sich bis zur Wahl zu profilieren. Ferlemann ist davon fest überzeugt, dass die Union die Wahl 2025 gewinnen und auch den Wahlkreis zurückerobern wird. Die politische Konkurrenz schätzt er derzeit als eher schwach ein. "Wir müssen den Schwung nutzen. Die CDU erfährt in der Region eine hohe Zustimmung, wie man bei der Europawahl sehen konnte", sagt Ferlemann. Bei der darauffolgenden, vermutlich 2029 stattfindenden Bundestagswahl würde es nach seiner Einschätzung viel schwerer werden, einen erfolgreichen Kandidatenwechsel herbeizuführen und die Wahl zu gewinnen.

"Wir haben viele gute und fähige Leute in der Partei"

"Ich trage als Kreis- und Bezirksvorsitzender Verantwortung für die Partei." Deshalb habe er auch diese Erwägungen bei seiner Entscheidung mitberücksichtigt. Die Debatte über seine Nachfolge hat er selbst am Montagabend eröffnet. "Wir haben viele gute und fähige Leute in der Partei, die wir in Verantwortung bringen wollen." Wenn es soweit sei, werde er die Geschäfte geordnet an seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin übergeben. Inzwischen glaubt er nicht mehr daran, wie noch vor einigen Monaten, dass die Berliner Ampel-Koalition vorzeitig zerbrechen könnte. Damals hatte er seine Bereitschaft erklärt, noch einmal für eine Kandidatur zur Verfügung zu stehen. Aus nur einem Grund: "Die kurze Zeit bis zu einer vorgezogenen Neuwahl hätte nicht ausgereicht, um einen Nachfolger so aufzubauen, dass er eine Chance gehabt hätte." Doch diese Szenarien sind nun vom Tisch.

Mehr Zeit für Familie, 
Freunde und Lokalpolitik

Nun kann Ferlemann das Ende seinen bundespolitischen Laufbahn, immerhin noch anderthalb Jahre, einläuten. Vorzeitig das Mandat aufgeben, wie so manch anderer, will er nicht. "Ich nehme meine Verantwortung bis zum letzten Tag wahr." Was danach kommt, lässt er offen. Es gebe zwar bereits durchaus lukrative Angebote, aber er will lieber in Ruhe sondieren und dann entscheiden, was er machen möchte. "Es muss mit meinem Leben zusammenpassen. An irgendwelchen Privilegien habe ich kein Interesse." Mehr Zeit für die Familie, mehr Zeit für Freunde, mehr Zeit für die Kommunalpolitik - das ist Ferlemanns Agenda für die Zukunft. Und die Kommunalpolitik - er ist seit 38 Jahren Mitglied des Cuxhavener Stadtrates und seit 33 Jahren des Kreistages - ist seine Leidenschaft. Hier will er sich verstärkt einbringen, was die einen freuen wird, bei anderen wohl Schnappatmung auslösen dürfte. "In Stadt und Landkreis gibt es einiges zu tun. Mit meinem Wissen und meinem Netzwerk kann ich dazu beitragen, dass sich etwas in die richtige Richtung bewegt."

"So viel ändert sich gar nicht"

Enak Ferlemann ist mit sich im Reinen und sagt: "So viel ändert sich gar nicht. Ich mache ja absehbar in der Lokalpolitik weiter und das noch intensiver als ich es in den letzten Jahren konnte." Angst davor, nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag in ein schwarzes Loch zu fallen, wie es manchen Aussteigern aus der Bundespolitik passiert ist, hat er jedenfalls nicht. "Ich fühle mich gut dabei", sagt er.

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Ulrich Rohde

Redaktionsleiter
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

urohde@no-spamcuxonline.de

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