
Norddeutsche Küche trifft Innovation: Wingster Azubis kochen in Berlin für 200 Gäste
Küchenchef Claus Peter und seine Azubis aus der Wingst (Samtgemeinde Land Hadeln / Landkreis Cuxhaven) bringen norddeutsche Küche mit kreativem Twist auf die "Grüne Woche" nach Berlin. Wie sie für ein kulinarisches Erlebnis sorgen wollen.
Grünkohl-Bratwurst mit Apfel-Schlehen-Chutney, Grünkohl-Flammkuchen, Matjes mit Sesam: Was einerseits typisch norddeutsch, andererseits auch ungewöhnlich klingt, können die Gäste in der kommenden Woche am Stand des Landkreises Cuxhaven auf der Grünen Woche, einer Messe für Agrar- und Ernährungswirtschaft, in Berlin probieren.
Überlegt hat sich die bodenständigen Kreationen mit exotischer Note Küchenchef Claus Peter aus der Wingst. Für die Zubereitung holt sich der Inhaber des Genusshotels Peter drei seiner Azubis an die Seite.
Publikumspreis für Azubi-Projekt "Pop-up-Restaurant"
Ein bisschen aufgeregt sind Mariella Opitz, Kevin Lelleck und Jarek Sehlmeyer schon, denn für gewöhnlich arbeiten die drei Kochazubis in der Küche von Peters Hotel. Dass sie vom 21. bis 23. Januar nicht nur ihren Ausbildungsbetrieb, sondern gleich den gesamten Landkreis gemeinsam mit ihrem Chefausbilder Claus Peter in der Landeshauptstadt repräsentieren werden, ist schon etwas Besonderes.

Doch "Peters - Das Genusshotel in der Wingst" ist auch kein gewöhnlicher Ausbildungsbetrieb. Anfang 2024 hielten Peters Auszubildende auf dem 1. Tourismustag der Tourismus-Agentur Nordsee GmbH (TANO) den Publikumspreis in den Händen. Ausgezeichnet wurden sie für ihre Pop-up-Restaurants, ein Ausbildungskonzept, das sich Claus Peter für seine Nachwuchsmannschaft überlegt hat.
Schon im Tierpark und im Kräutergewächshaus gekocht
Dahinter verbergen sich gastronomische Veranstaltungen, die außerhalb des eigenen Restaurants stattfinden. So konnten Gäste unter anderem im Tierpark Wingst, in einem Kräutergewächshaus und auf einem Winzerbetrieb in Süddeutschland dinieren.
Organisation und Planung legt Peter bewusst in die Hände seiner Nachwuchscrew. Das sei eine wunderbare Möglichkeit, Verantwortung zu übertragen und das Selbstvertrauen der Azubis zu stärken, ist er überzeugt.
Landkreis bietet Wingster Hotel Cateringauftrag an
Als Peters Azubis den Publikumspreis der TANO entgegennahmen, wurde auch die Wirtschaftsförderung des Landkreises Cuxhaven auf das Konzept und das Team aufmerksam. Ein paar Monate später fragte der Landkreis, ob Peter und seine Azubis im Januar 2025 das Catering am Landkreis-Stand auf der Grünen Woche übernehmen wollen.
"Wir scheuen keine Herausforderung, wenn sich etwas cool anhört", sagt Peter. "Aber wenn wir diesen Sprung ins kalte Wasser wagen, müssen sich das nicht nur die Azubis zutrauen, sondern auch ich muss mir das zutrauen." Denn eine gute Werbung sei das Catering in Berlin für sein Hotel nur, wenn es auch gut läuft.
Flying Büfett an vier Tagen für knapp 200 Gäste
Vier Veranstaltungen am Stand des Landkreises wird Peter mit seinem jungen Team an vier Messetagen kulinarisch begleiten. Insgesamt kochen sie für knapp 200 Menschen. Das Ganze wird in Form eines Flying Büfetts auf Tabletts serviert. Die Gäste können sich dann an bereits vorportionierten Speisen bedienen.
Zwar wird es für die Mannschaft auf der Messe auch eine Küche geben; etwa zwei Drittel der Vorbereitungen erledigen die Azubis und ihr Chef aber bereits im heimischen Betrieb.
"Allein die Krabbensuppe benötigt drei, vier Tage"
"Allein die Krabbensuppe benötigt drei, bis vier Tage in der Zubereitung", erklärt Peter. So wird der Suppensud aufwendig aus den Schalen der Meerestiere selbst hergestellt. Dem Küchenchef ist es wichtig, seinen Nachwuchsköchen das Prinzip "Vom Kopf bis zum Schwanz" zu vermitteln, bei dem es darum geht, das ganze Tier und nicht nur seine besten Teile zu verarbeiten.
Peter, dessen Großeltern einst einen Hof in Sichtweite seines Hotels an der B73 betrieben haben, pflegt bis heute einen engen Kontakt zur Landwirtschaft. Um die Region auf den Teller zu bringen, arbeite er nach dem Prinzip 'Bauer sucht Koch‘.
Auch nicht perfekte Lebensmittel werden verarbeitet
Dabei geht es um die Überproduktion und Lebensmittel mit kleinen Fehlern, die ein Landwirt bei seinen Abnehmern nicht loswird. "Mir dagegen ist es egal, ob ein Pilz den perfekten Hut hat oder die Tomate aufgeplatzt ist", sagt Peter. In einer Wildfleischbolognese oder einer Soße ließen sich auch solche unperfekten Lebensmittel verwenden.
Durch seine Kontakte zu Hobbylandwirten, Resthofbetreibern oder leidenschaftlichen Anglern komme er außerdem zu Lebensmitteln, die heute kaum noch in der Gastro-Küche zum Einsatz kämen. "Wer hat heutzutage schon noch Hechtrahmklöschen auf der Karte stehen?"
"Unsere Karte wird nicht geschrieben und danach gestalten wir die Speisekammer, sondern wir haben die Speisekammer und danach gestalten wir unsere Speisekarte", erklärt der Koch. Er ist überzeugt, dass dieses Prinzip die Ausbildung bereichert.
Bevor Peter am Montag mit seinen Azubis die Dienstreise zur "Grünen Woche" antritt, müssen noch Rote Grütze und Mango-Espuma vorbereitet werden. Dann kann das Abenteuer Berlin starten.
Von Heike Leuschner