Das Storchenpaar in der Allerstraße. Das Weibchen (vorne) hat einen völlig deformierten Schnabel. Foto: Scheschonka
Das Storchenpaar in der Allerstraße. Das Weibchen (vorne) hat einen völlig deformierten Schnabel. Foto: Scheschonka
Kämpft ums Überleben

"Wird zunehmend schwächer": Drama um verletzten Storch in Bremerhaven-Wulstorf

24.03.2025

Ein verletzter Storch sorgt für besorgte Gesichter in Bremerhaven-Wulstorf. Während das verletzte Tier ums Überleben kämpft, gibt es zur Ursache schon eine Vermutung.

Die Bremerhavener Doris und Burkhard Schönfeld haben schon viel für die Natur getan. Ihr Haus in der Allersstraße im Stadtteil Wulsdorf ist als Schwalben freundliches Haus ausgezeichnet, weil auf der Diele und am Giebel fleißig Mehl- und Rauchschwalben brüten. Mit Nisthilfen haben sie Mauersegler angelockt. Mittlerweile hat sich eine kleine Kolonie entwickelt.

Brutsaison startet für Störche dramatisch

Jahrelang hat Burkhard Schönfeld versucht, wieder Störche anzusiedeln. Nach 37 Jahren schließlich ließ sich 2022 ein Brutpaar hoch oben über dem Garten nieder: Kurti und Frieda. Die beiden waren im vergangenen Jahr recht erfolgreich. Vier junge Störche flogen aus. Doch diese Brutsaison startet dramatisch.

Zunächst war das Nest schwer umkämpft von zwei Storchendamen. Frieda ist vermutlich auf ein Storchennest in der Übernachbarschaft ausgewichen. Die neue Partnerin von Kurti tauchte eines Tages mit einer schweren Schnabelverletzung auf. Gut die Hälfte des Oberschnabels ist wie abgeschnitten. "Wir machen uns viele Sorgen", sagt Doris Schönfeld. "Das ist so traurig", meint Burkhard Schönfeld, "sie wird zunehmend schwächer, und wir können nichts machen."

"Das ist für sie das Todesurteil"

Die Störchin wird nicht mehr nach Würmern, Mäusen oder Fröschen greifen können, wenn sie über Wiesen stakst. Anders gesagt: Sie wird vermutlich verhungern. Burkhard Schönfeld: "Das ist für sie das Todesurteil." Noch steht das Tier auf dem Nest oder in der Nähe auf einem Dachfirst. Einzige Hoffnung ist, dass die verletzte Störchin irgendwann vor Hunger herunterkommt und dann zu greifen ist. "Ich würde sie zur Storchenpflegestation Wesermarsch bringen", sagt Burkhard Schönfeld. "Wir müssen leider abwarten", meint Achim Mülter, Storchenbeauftragter im Landkreis Cuxhaven, der auch die Bremerhavener Störche erfasst.

Udo Hilfers, der die Storchenpflegestation in Berne-Glüsing betreibt, hat in seinem jahrzehntelangen Engagement viele verletzte Störche versorgt. Bei einer solchen Schnabel-Verletzung würde ein Eimer zu einem guten Teil mit Wasser gefüllt, um dann das Futter darauf zu legen. "Damit kommen die Störche zurecht."

Vermutung: Verletzung durch Windenergieanlage

In Appeln soll es im vergangenen Jahr einen ähnlichen Fall gegeben haben. Woher kommen diese schweren Verletzungen? Vermutet wird, dass die Vögel mit einer Windenergieanlage beziehungsweise einem Rotorblatt kollidiert sind. Bei einem Unfall beispielsweise mit einem Auto würde der Schnabel anders aussehen, nicht so klar abgetrennt, meint Hilfers.

Wie viele Vögel durch Windräder sterben oder verletzt werden, ist unklar. Besonders gefährdet sind Greifvögel wie der Rotmilan. Manche Opfer holt sich der Fuchs, oder verletzte Vögel schaffen es noch wegzufliegen, um später woanders zu verenden. Hilfers erzählt von der Bergung eines toten Seeadlers unter einem Windrad, bei der er auch einen Eulen-Kadaver ohne Kopf gefunden hat. "Es ist fatal, wenn solche Anlagen in Gebieten entstehen, in denen diese Tiere zu Hause sind", sagt er.

Warten auf die letzten Störche

In Bremerhaven sind alle drei Nester besetzt. Im Landkreis Cuxhaven haben im vergangenen Jahr 289 Storchenpaare gebrütet. Bisher seien etwa zwei Drittel der Nester besetzt, so Mülter: "Die Ostzieher fehlen noch. Dort hat er vermutlich einen Zugstau gegeben, weil das Wetter in der Türkei schlecht war."

Von Ursel Kikker

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