
Der Nachwuchs fehlt: Fachkräftemangel belastet die maritime Wirtschaft in Cuxhaven
Reedereien, nicht nur aus Cuxhaven, würden sich regelmäßig an die Staatliche Seefahrtschule Cuxhaven wenden, um dort direkt für Nachwuchs zu werben, berichtet Schulleiter Detlef Graven.
Die Seefahrtschule Cuxhaven hat Kapazitäten für rund 280 Schülerinnen und Schülern, im Schnitt sind es allerdings nur 70. Das sei jedoch kein Cuxhavener Problem, sondern ein maritimes. Doch wieso sind die Zahlen der Absolventen so gering, wenn es doch reichlich Jobs in der maritimen Wirtschaft gibt? Der Schulleiter der Staatlichen Seefahrtschule Cuxhaven, Detlef Graven, erklärt die Zusammenhänge.
"Die Seefahrt hatte schon immer mit Krisen zu kämpfen. Das ist nichts Neues, aber die Schlagzahl hat sich erhöht. Und das erste, was ein Reeder macht, um die Betriebswirtschaftskosten zu senken, ist an der Besatzung zu sparen", erklärt Graven. Außerdem ist es nicht mehr Pflicht, einen Schiffsmechaniker (SM) an Bord zu haben. Die Entscheidung, dass der SM nicht mehr Teil der Schiffsbesetzungsordnung ist, sei einer der größten Fehler der vergangenen Jahre: "Damit wurde Tür und Tor dafür geöffnet, dass die Ausbildung an Bord nicht mehr stattfindet. Weniger Ausbildung, weniger Schiffe unter deutscher Flagge und weniger deutsche Reedereien bedeutet auch weniger Nachwuchs für die maritimen Berufe." Dabei sei die Schiffsmechaniker-Ausbildung unabhängig vom Schulabschluss für viele der Einstieg in die Seefahrt.
Trotz der schwierigen Situation wirbt Detlef Graven für die Seefahrt: "Ich kann reinen Gewissens jedem empfehlen, sich einen Job in der Seefahrt zu suchen. Die Nachfrage an deutschen Besatzungsmitgliedern steigt und dadurch auch die Auswahlmöglichkeiten für unsere jungen Absolventen." Reedereien, nicht nur aus Cuxhaven, würden sich regelmäßig an die Schule wenden, um dort direkt für Nachwuchs zu werben. "Dafür haben wir ein Schwarzes Brett im Forum. Hier hängen wir bei uns eingegangene Jobangebote aus", erklärt Graven.
Alle Absolventen in Lohn und Brot
Die Ausbildungsmöglichkeiten, um in der Seefahrt Fuß zu fassen, sind vielfältig. Die Staatliche Seefahrtschule Cuxhaven bildet unter anderem auch den schiffsbetriebstechnischen Assistenten (SBTA) aus. Die Ausbildung als schiffsbetriebstechnischer Assistent verläuft nicht nur rein schulisch und dauert zwei Jahre. In dieser Zeit ist auch ein mehrwöchiges Praktikum vorgesehen, das an Bord eines Schiffes stattfindet. Die Ausbildung ist die grundlegende Qualifikation für eine Laufbahn auf dem Schiff. "Mit einer anschließenden Fachausbildung kann an Bord auch als nautischer oder technischer Offizier oder sogar irgendwann als Leiter der Maschinenanlage oder als Kapitän gearbeitet werden. Außerdem werden die 2-jährigen Fachschulbesuche durch Aufstiegs-BAFöG unterstützt. Elternunabhängig bekommen die Schülerinnen und Schüler einen 100-prozentigen Zuschuss zur Ausbildung in Cuxhaven", wirbt Schulleiter Graven.
Aktuell läuft an der Seefahrtschule Cuxhaven neben den regulären Lehrgängen der "BKü - Kapitän in der Küstenfischerei" mit 13 Teilnehmern. "Also potenziell 13 neue Kapitäne in der kleinen Küstenfischerei. Das ist sehr viel", freut sich Detlef Graven. Im neuen Lehrgang "NK 100" zum Schiffsführer auf Kleinfahrzeugen sind es aktuell allerdings nur drei Teilnehmer. Um zukünftig mehr junge Leute für die verschiedenen Lehrgänge zu begeistern, hat die Staatliche Seefahrtschule Cuxhaven eine Idee: "Wir versuchen gerade eine Kooperation mit der Realschule Cuxhaven auf die Beine zu stellen. Wir wollen den Schülern anbieten, einen Tag an der Seefahrtschule zu verbringen, sodass sie in den Schulbetrieb reinschnuppern können. Davon erhoffen wir uns vor allem Bewerbungen für den SBTA-Lehrgang."
Eingangsvoraussetzung hierfür sind ein Realschulabschluss und Seediensttauglichkeitszeugnis. "Wenn das Projekt Erfolg hat, wollen wir es fortsetzen und gegebenenfalls auf andere Realschulen ausweiten. Außerdem soll in der zweiten Jahreshälfte ein Tag der offenen Tür stattfinden, bei dem sich Interessierte über die Seefahrt informieren können. Die Aussichten, einen Job zu bekommen, sind gut. Unsere Absolventen sind alle in Lohn und Brot. Reedereien von Cuxhaven bis nach Hamburg klopfen bei uns an - für Jobs an Land und auf See."