
Sinkende Schiffszahlen: Warum die Deutsche Flagge in der Schifffahrt noch wichtig ist
"Brauchen wir die Deutsche Flagge noch?" Die Anzahl der Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren, ist rapide gesunken. Doch Schifffahrts-Experte Christian Bubenzer erklärt, warum sie trotzdem wichtig ist.
Früher war klar, dass auf Schiffen deutscher Reeder am Heck die "Deutsche Flagge" zu finden ist. Mittlerweile ist das aber eher eine Seltenheit - es seien gerade einmal neun Prozent. Eine Statistik belegt: Während im Jahr 2002 noch 605 Schiffe unter "Deutscher Flagge" fuhren, sind es aktuell nur noch 259. "Und in Wirklichkeit sind es noch weniger", berichtet Christian Bubenzer, Verantwortlicher der Dienststelle Schiffssicherheit/BG Verkehr.
Da eine deutsche Beflaggung teuer sein kann, hat man viele Schiffe ausgeflaggt. Damit diese wiederum noch ein bisschen deutsch sind, gibt es die Möglichkeit, Schiffe befristet für ein oder zwei Jahre unter ausländische Flagge zu bringen. Somit stehen die Schiffe zwar noch im deutschen Register und gehören damit zur deutschen Handelsflotte, fahren aber nicht unter deutscher Flagge. Die Zahl dieser befristet ausgeflaggten Schiffe sei ebenfalls deutlich gesunken.
Statistik zeigt einen Negativtrend
Und auch die nächste Statistik in Bubenzers Vortrag zeigte einen Negativtrend. Im Jahr 2011 gab es insgesamt 7600 deutsche Seeleute - elf Jahre später nur noch 4500. Allerdings würde die letzte Erfassung aus dem vergangenen Jahr einen leichten Anstieg zeigen. "Ein kleiner Hoffnungsschimmer", meint Bubenzer, der fest davon überzeugt ist, dass es sich lohne, die "Deutsche Flagge" zu erhalten. Zum Untermauern dieser These, nannte er drei Argumente.
Deutschland könne lediglich mit einer "nennenswerten" Flotte wirksam Einfluss auf die Schifffahrtsgesetzgebung der internationalen Seeschifffahrtsorganisation nehmen. Außerdem müsse sich Deutschland als eine der führenden Exportnationen deutlicher zu erkennen geben. Eine starke Handelsflotte unter eigener Flagge stärke dabei die Unabhängig- und Widerstandsfähigkeit. Besonders wichtig ist Bubenzer die Erhaltung des maritimen Know-hows. Immer weniger Seeleute würden ihr Wissen mit an Land bringen, wenn sie nach ihrer Zeit an Bord für Reedereien oder in der Verwaltung tätig werden.
Reedereien, die auf die "Deutsche Flagge" setzen, bilden überdurchschnittlich viel aus und tragen somit auch maßgeblich zum Erhalt des deutschen maritimen Know-hows bei. Insgesamt fahren 80 Prozent der von Deutschland anerkannten Ausbildungsschiffe unter "Deutscher Flagge". Statistiken würden zeigen, dass mit sinkender Zahl deutsch geflaggter Schiffe auch die Schiffsmechaniker-Ausbildungsverhältnisse zurückgehen. Kontraproduktiv, meint Bubenzer, da die Reedereien deutlich zu verstehen geben würden, dass langfristig der Fachkräftemangel eines der größten Probleme sein werde. Um dem entgegenzuwirken, sollen weitere Anreize dafür sorgen, dass deutsche Reedereien in Zukunft mehr ausbilden.
Mehr "Deutsche Flagge" - aber wie?
"Der Ruf der Flagge, macht ihr zu schaffen", erklärt der Schifffahrts-Experte. Zu teuer sei die Unterhaltung für die Reedereien, bei denen wirtschaftliches Handeln den höchsten Stellenwert hat. Doch die Vorteile würden laut Bubenzer überwiegen. Zwar habe der Reeder zunächst mehr Kosten, da deutsche Seeleute unter deutscher Flagge sozialversicherungspflichtig sind. Doch gerade in diesem Punkt, hat der Reeder Anspruch auf Förderungen: Zum einen fährt der deutsche Reeder deutsche Seeleute lohnsteuerfrei. Zum anderen erhält der Arbeitgeber alle Sozialversicherungsbeiträge zurück.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, von der "Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland" Förderungen für Ausbildungen zu bekommen. Für einen Schiffsmechaniker beispielsweise würden dem Reeder pro Jahr 14.000 Euro zustehen. Obendrauf gibt es Zuschüsse vom Bund. Christian Bubenzers Fazit: "Die Deutsche Flagge ist besser als ihr Ruf und dank der Förderungen inzwischen auch wettbewerbsfähig."
Von Lennart Keck