
Gas und Strom teuer: Althusmann rechnet bei Besuch in Cuxhaven mit Wohlstandsverlusten
CUXHAVEN. Bei einem Cuxhaven-Besuch mahnte der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl Bernd Althusmann bei der politischen Konkurrenz Ehrlichkeit im Umgang mit der Energiekrise an.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann war nicht nach Cuxhaven gekommen, um um den heißen Brei herumzureden: 32 Jahre nach der Wiedervereinigung stehe man in Deutschland vor einer Krise historischen Ausmaßes, warnte der Herausforderer von Ministerpräsident Stephan Weil bei einem Auftritt an der "Alten Liebe". Zuvor hatte der CDU-Spitzenkandidat im niedersächsischen Landtagswahlkampf die CN/NEZ-Redaktion besucht.
Während des Hintergrundgesprächs im Pressehaus auf dem Kaemmererplatz verzichtete Althusmann weitgehend auf Wahlkampfgeplänkel: Die Große Koalition in Niedersachsen sei bekanntlich keine Liebesheirat gewesen, sagte der stellvertretende Ministerpräsident kurz und bündig - um sich anschließend einem Thema zu widmen, das Bürgerinnen und Bürger (unabhängig von den individuellen parteipolitischen Präferenzen) umtreiben dürfte. Es geht um die sich infolge von Putins Krieg gegen die Ukraine stellende Frage der Energiesicherheit, um die Bezahlbarkeit von Strom und Gas unter Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen und um die Frage, was in dieser Hinsicht weiterhin auf die Bürgerinnen und Bürger in Deutschlands zweitgrößtem Flächenland zukommt. "Dass wir einen Strom- und einen Gasnotstand erreichen könnten - im Laufe dieses und zu Beginn des nächsten Jahres - das ist fast sicher", betonte der studierte Betriebswirt und promovierte Politologe, der den Sozialdemokraten Stephan Weil nach der Landtagswahl am 9. Oktober im Amt des Landesvaters beerben will.
"Mitte der Gesellschaft massiv belastet"
Aus Althusmanns Sicht tut der Noch-Regierungspartner in Hannover, aber auch die Ampel-Koalition, die die Geschicke im Bund lenkt, gut daran, den Menschen reinen Wein einzuschenken: "Dass wir nach 32 Jahren Wohlstand und Aufschwung wahrscheinlich in eine Phase kommen werden, wo wir auch Wohlstandsverluste und Verknappung erleben werden, müssen wir den Menschen im Land offen und ehrlich sagen", betonte der 55-Jährige. "Dusch-Hinweise" wie jener seines Berliner Kollegen von den Grünen, seien zwar für sich genommen richtig und sinnvoll, trügen in der Debatte jedoch eher dazu bei, die Ernsthaftigkeit der Situation, vor der sich die heimische Volkswirtschaft befinde, zu verniedlichen. "Die klassische Mitte der Gesellschaft ist massiv belastet. Ich kenne Familienväter, die mittlerweile jeden Cent umdrehen. Wir brauchen ein Gesamtkonzept und nicht dieses Klein-klein", forderte Althusmann innerhalb des Redaktionsgespräches. Das Thema sei alles andere als ein Wahlkampf-Schlager räumte er ein und prophezeite, dass auf die Gaskunden in Deutschland schon im Herbst ‘22 horrende Mehrkosten zukommen. Anlass genug, Steuerentlastungen jetzt umzusetzen; Althusmann fordert darüber hinaus einen Energiepreisdeckel für den Grundbedarf im Bereich kleiner und mittlerer Einkommen, spricht sich darüber hinaus aber auch für weitere Erleichterungen aus. "Die Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer fordere ich seit sechs Monaten", betonte der CDU-Politiker, aus dessen Sicht es gleichzeitig eminent wichtig ist, die Industrie in der derzeitigen Situation nicht im Regen stehen zu lassen. "In Kriegs- und Krisensituationen ist ein Staat gut beraten, seine Wirtschaft am Laufen zu halten", betonte der Spitzenkandidat, der bei seinem Redaktionsbesuch vom örtlichen CDU-Landtagsabgeordneten Thiemo Röhler begleitet wurde.
Liegeplätze: Bund muss laut Althusmann helfen
Um (vermeintlich) Lokales ging es beim Thema Liegeplatz-Erweiterung im Bereich des Cuxhavener Offshore-Industrie-Zentrums. Althusmann berichtet von einem Gespräch mit Staatssekretär Stefan Wenzel, mit dem er sich - Stichwort: Energiewende - wegen der Notwendigkeit, "ein Mega-Hub Offshore in Cuxhaven zu bauen", auseinandergesetzt habe. Wie berichtet geht es bei den Liegeplätzen 5 bis 7 um Kosten von 300 Millionen Euro. Die alte Argumentation des Bundes ("Hafenbau ist Ländersache") sei angesichts geopolitischer Entwicklung Schnee von gestern, so Althusmann sinngemäß. Den Bau entsprechender Kapazitäten in Cuxhaven zu ermöglichen, sei nun eine Frage der nationalen Verantwortung. "Eine Drittel-Lösung ist mit Sicherheit hinzubekommen", sagte der Gast aus Hannover. "Man muss das nur wollen."
CDU rechnet mit Wahlsieg am 9. Oktober
Den Offshore-Ausbau erwähnte Althusmann kurz darauf im Zuge seines öffentlichen Wahlkampf-Auftritts vor der "Alten Liebe". Nach einem musikalischen Intro des "Olenbrooker Schlüsenchors" sprachen erst Landtagskandidat Röhler und dann der CDU-Landeschef selbst. Wenn SPD-Ministerpräsident Weil am 9. Oktober mit dem Ziel antrete, den nach dem Ende der nächsten Legislatur angestrebten Ruhestand einzuläuten, "dann können wir helfen", betonte Althusmann. Ganz Wahlkämpfer, beschwor er ein Comeback der CDU in Niedersachsen, um an der Seite von NRW und Schleswig-Holstein ein "Gegengewicht zur Ampel im Bund" bilden zu können. Im Land will Althusmann unter anderem eine bessere Unterrichtsversorgung durchsetzen und das Thema Pflege (-kosten) anpacken. Der frühere Kultusminister ist strikt gegen eine Abschaffung der Förderschule Lernen.