Einzigartige Geschichte: Eine Legende des TSV Otterndorf tritt ab
Möglich, dass bald im Duden neben dem Wort Urgestein der Name Werner Würger auftaucht. Der 79-Jährige lebt für den Sport - vor allem für Fußball. Nach unglaublichen 70 Jahren Vereinsarbeit beim TSV Otterndorf ist nun Schluss. Eine Legende tritt ab.
Es ist ein heißer Sommertag. Werner Würger kommt mit einem breiten Grinsen auf seinen Sportplatz in Otterndorf. Wie in den vergangenen 70 Jahren fast täglich. Der gebürtige Otterndorfer ist seit Jahren der Mann für alles beim TSV. Ob Spieler, Trainer, Betreuer, Vorsitzender, Schiedsrichter oder Platzwart - das Engagement des 79-Jährigen ist vielseitig und vor allem bemerkenswert. Der Name Werner Würger ist auf ewig mit dem Verein verbunden - und das ist seit kurzem auch sichtbar.
Denn zum Abschied gab es von Vereinsseite ein ganz besonderes Geschenk, das auch den sonst so redseligen Werner Würger für einen Moment sprachlos erstarren ließ. An der vor einigen Monaten neu errichteten Tribüne prangt nun sein Name. "Wir wollten was machen, was dich in deinem Wohnzimmer verewigt", sagte Sebastian Reiter, Fußballabteilungsleiter beim TSV. Würger ist sichtlich gerührt, als das große Schild vor seinen Augen enthüllt wurde. Fast sein ganzes Leben hat er in den letzten Jahrzehnten dem TSV gewidmet. Mit zehn Jahren trat er im Jahr 1954 in den Verein ein. Aufgrund einer Fehlstellung der Füße durfte er sich zuvor überhaupt nicht sportlich betätigen. Doch Würger wollte unbedingt Fußball spielen. Er stellte sich ins Tor. Damals noch ohne Netz und mit Holzpfosten. Mit seinem Handicap war eine große sportliche Karriere aber unmöglich. Früh beendete er seine aktive Laufbahn als Fußballspieler und widmete sich anderen Aufgaben.
Bereits mit 18 Jahren wurde er Jugendleiter im Verein, später machte seinen Trainerschein, wurde Schiedsrichter und auch Vereinswirt. Würger war stets im Dauereinsatz für seinen TSV. Damit soll nun Schluss sein. "Ich werde nächstes Jahr 80. Das reicht dann auch", sagte er mit zufriedenem Gesichtsausdruck. Würger ist mit sich im Reinen. Die Arbeit der vergangenen Jahrzehnte hat ihn geprägt. Mit Engagement, Eifer, aber besonders viel Spaß trainierte Würger in seiner Trainerlaufbahn mehr als 1000 Kinder. Darunter auch die beiden Fußballprofis André Hahn und Lena Petermann. Und auch die Anfänge von Bundesliga-Schiedsrichter Thorsten Schriever begleitete Würger aktiv. Der 79-Jährige hat viel erlebt und zahlreiche Anekdoten parat - aus Otterndorf, Barcelona oder vor allem Helgoland. Denn vor mehr als 50 Jahren verlor Würger sein Herz an die Hochseeinsel, wie er selbst sagt. Würger organisierte mehrtägige Trainingslager für seine Mannschaften auf der Insel, gewann den "Lange Anna-Cup" und vor allem viele Freunde auf Helgoland. Einer von ihnen ist Rene Bruns. Der ehemalige Jugendleiter des Vereins VfL Fosite Helgoland ließ es sich nicht nehmen persönlich bei Würgers Abschiedsfeier auf dem Sportplatz in Otterndorf vorbeizuschauen. "Das freut mich ganz besonders", sagt Würger. Auch viele andere Weggefährten waren gekommen. Altherrenkicker, die vor vielen Jahrzehnten unter Würger trainiert haben und auch die Jungs seiner U10-Mannschaft, die er bis zum Ende der vergangenen Saison begleitet hat. Das Amt gibt er nun in andere, deutlich jüngere Hände. Verfolgen wird er das Geschehen aber dennoch aufmerksam. Ein Sitzplatz auf seiner Tribüne wird ihm immer freigehalten. Und wenn Hilfe gebraucht wird, ist er weiterhin zur Stelle. "Ich höre ja nicht abrupt auf", sagt er mit einem Augenzwinkern. Denn ein Leben so ganz ohne den TSV ist für Werner Würger auch im hohen Alter undenkbar.
