
"Bandidos" planen Treffen in Cuxhaven-Altenwalde: "Bin besorgt um die Sicherheit"
Ein Rockerclub marschiert in Cuxhaven-Altenwalde auf - und sorgt für Aufsehen. Handelt es sich um ein Treffen oder sogar um die Einweihung eines Vereinsheims? Fest steht: Die Polizei verstärkt die Präsenz. Und auch die Bundeswehr reagiert.
Ein Auflauf von Kutten und kräftigen Maschinen: Am Wochenende will sich ein Rockerclub, der "Bandidos Motorcycle Club" (BMC) Cuxhaven, auf dem Gelände eines Gasthauses in Altenwalde versammeln - ein Ereignis, das für Unruhe sorgt. Das öffentliche Auftreten wirft Fragen nach Sicherheit und Ordnung auf.
Was passiert im und vor dem Franzenburger Restaurant? Die Polizei spricht auf Nachfrage von der "Einweihung des Clubhauses des Bandidos MC" am Sonnabend. Das deckt sich mit dem Inhalt eines kursierenden Flyers, auf dem für Sonnabend, 17. Mai 2025, ein "Clubhouse Opening" des "Bandidos MC Cuxhaven" angekündigt wird. Auch die Adresse, die in Franzenburg, einem Ortsteil des Cuxhavener Stadtteils Altenwalde liegt, ist abgedruckt - verbunden mit dem Hinweis: "Privatveranstaltung".

Ein Sprecher der Polizeiinspektion Cuxhaven bestätigt, dass man sich entsprechend vorbereitet. "Wir sind das gesamte Wochenende mit verstärkten Einsatzkräften im Einsatz." Denn: "Gleichzeitig werden sich vermutlich Mitglieder anderer Motorradclubs am Wochenende in Cuxhaven aufhalten", heißt es.
Auch die Bundeswehr reagiert auf die Aktion. Deshalb hat der Stab der Technischen Gruppe eine Warnung an die Soldatinnen und Soldaten des Marinefliegerstützpunktes in Nordholz herausgegeben: "Der rivalisierende Motorclub, Hells Angels, hat sich bereits zum 'Flagge zeigen' gemeldet", heißt es mit Verweis auf die Informationen der "lokalen Behörden für Ordnung und Sicherheit" in dem internen Schreiben, das der CN/NEZ-Redaktion vorliegt. Der stellvertretende Sicherheitsbeauftragte "empfiehlt für am Wochenende diensttuendes Personal, nicht in Uniform im zivilen Raum Altenwalde und Lüdingworth sichtbar zu sein, um gegebenenfalls bestehendem Konfliktpotenzial aus dem Weg zu gehen". Zudem wird davon abgeraten, Dienstwagen im zivilen Raum abzustellen. In einem weiteren Schreiben wird den Kraftfahrzeugführern des Marinefliegerkommandos sogar das Abstellen von Dienstfahrzeugen in dem Raum von Freitag bis Montag, 16. bis 19. Mai, untersagt. Gleiches gilt für alle Angehörigen des Marinefliegerkommandos für das öffentliche Tragen von Uniform.
"Die Bundeswehr ist kein erklärtes Ziel der [...] Vereinigungen, jedoch sind sowohl potenzielle Kollateralschäden zu vermeiden, wie auch ein Einsickern von organisierter Kriminalität", heißt es. Es wird geraten, sich "insbesondere als Bundeswehrangehörige aus der Szene bewusst herauszuhalten" und sich "vom Veranstaltungsort fernzuhalten". Ein Sprecher des Marinefliegerstützpunktes begründet die Warnung mit einer Routinereaktion: "Es geht darum, dass man aufeinander aufpasst." Informationen, "dass die Rocker ein Problem mit Bundeswehr-Uniformen haben", gebe es nicht. Der Sicherheitshinweis beruhe auf der "Fürsorge des Dienstherrn für die Soldatinnen und Soldaten".
Auch laut Polizei gibt es derzeit "keine Hinweise auf ein mögliches Gewaltpotenzial oder geplante Störaktionen". Der Polizeisprecher versichert, die Gesetzeshüter hätten "aber natürlich auch diese Möglichkeiten im Blick und sind entsprechend vorbereitet".

Der Betreiber des Restaurants mit Außengastronomie betont im Gespräch mit der CN/NEZ-Redaktion, dass es erst einmal für ihn eine ganz "normale, größere Gesellschaft" sei, die bei ihm ein Fest feiern wolle. Bei einem Vorgespräch hätten ihm Cuxhavener gegenübergesessen, die er kenne. "Die sagten: 'Wir wollen uns treffen. Wir wollen ein Motorradfahrertreffen veranstalten. Kannst Du uns was zu essen machen?' Da habe ich natürlich ja gesagt", erklärt der Gastronom, der "überhaupt keine Affinität zu Motorradclubs" habe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, welcher Klub sich bei ihm da anmelde. "Ich bin auch gezwungen, jetzt abzuliefern - auch wirtschaftlich, denn ich bin noch lange nicht aus dem Tal der Coronazeit heraus. Ich bin wirtschaftlich auf jeden Gast angewiesen."
Bei der Annahme der Gesellschaft habe der Restaurant-Betreiber keine Bedenken gehabt. Er werde am Sonnabend seine Gäste bewirten wie immer. Geschmorte Ochsenkeule und Pulled-Beef-Burger werden unter anderem kredenzt.
Die Motorradfahrer würden auch nicht bei ihm auf dem Gelände campieren. Es seien zum Beispiel Gäste dabei, die an diesem Wochenende in Cuxhavener Hotels untergebracht würden. Der Gastronom möchte zum Gerücht, dass der MC Bandidos am Wochenende sein Vereinsheim einweihen wolle, klarstellen: "Bei mir wird definitiv kein Vereinsheim eingeweiht. Hier gibt es nur ein Motorradtreffen."
Ortsbürgermeister Grahmann äußert sich besorgt
Ingo Grahmann, Ortsbürgermeister von Altenwalde (SPD), zeigt sich über die Entwicklungen besorgt. "Ich bin [am Donnerstagmorgen] von meinem Schwager mit der Info überrascht worden." Er habe bereits mit dem Gastronomen telefoniert. "Ich bin entsetzt." Schon jetzt sei ein Imageschaden entstanden. Besonders beunruhigt Grahmann, dass die "Hells Angels Flagge zeigen wollen". Das deute darauf hin, "dass sie die anderen Gruppen genau im Blick haben".
Noch hält er eine Eskalation am Wochenende aufgrund der erhöhten Polizeipräsenz für unwahrscheinlich. Seine größere Sorge betrifft jedoch die Zukunft: "Auch wenn jetzt alles ruhig bleibt: Was ist in ein paar Wochen oder Monaten? Dass Altenwalde zu einem Tummelplatz für rivalisierende Rockergruppen wird, bereitet mir ganz große Sorgen."
Nach seinen Informationen haben die Bandidos das Gelände, auf dem sich das neue Klubhaus befindet, in Eigenregie umgebaut. "Das sieht nicht nach einem einmaligen Grillfest aus."
Appell an die Bevölkerung
Grahmann rät den Anwohnerinnen und Anwohnern, das betroffene Gebiet am Wochenende möglichst zu meiden, falls es zu größeren Menschenansammlungen kommt. Die Telefone stünden bei ihm nicht mehr still: "Das ist kein Pillepalle - ich bin besorgt um die Sicherheit."

Bezüglich der Gerüchte, dass die "Bandidos" ein Nebengebäude auf dem Areal gepachtet und nach ihren Vorstellungen ausgebaut hätten und nun als Vereinsheim nutzten, widerspricht der Franzenburger Gastronom. Er bejaht, dass das Nebengebäude von Privatleuten gepachtet wurde, aber dies stehe nicht im Zusammenhang mit der "Sommerparty der Motorradfahrer", für die er das Catering übernehme.
Den kursierenden Flyer, der von den "Bandidos MC Cuxhaven" stammen soll, habe der Gastwirt auch schon gesehen, aber: "Ich habe null Ahnung davon. Ich kann damit absolut nichts anfangen."
Lüdingworths Ortsbürgermeister Thomas Brunken (CDU) hat von dem geplanten Treffen bereits vor einiger Zeit erfahren: "Das Gerücht hält sich seit einigen Wochen hartnäckig." Er nahm deshalb am Mittwoch Kontakt zur Polizei auf, die sich mit Informationen "mir gegenüber sehr zurückgehalten" habe. Er habe volles Vertrauen in die Gesetzeshüter, bedauert aber auch, dass die Polizei keine Mitteilung an die Öffentlichkeit versendet hat.
"Mutmaßungen will ich nicht anstellen", betont der Ortsbürgermeister auf die Frage, was er erwartet. Er wolle die Gerüchteküche "nicht weiter anheizen" und hofft, dass Lüdingworth nicht von dem Treffen betroffen sein wird, die Gruppierung sich zum Beispiel nicht auf dem Lüdingworther Marktplatz aufhalten wird, wo auch Kinder aus Schulbussen aussteigen. "Das ist ein Bild, das ich mir in Lüdingworth nicht vorstellen möchte."
Rocker-Aufmarsch vor zehn Jahren im Cuxland
Vor rund zehn Jahren hatten im Kreis Cuxhaven schon einmal erhebliche Rocker-Aufmärsche für Unruhe gesorgt. Damals gab es mehrere große Razzien der Polizei. Zuletzt hatte ein Vorfall im Februar im Cuxhavener Stadtteil Duhnen für Aufregung gesorgt: Dort hatten sich Mitglieder der Hells Angels mit ihren Motorrädern versammelt.
Die Bandidos
Der Bandidos Motorcycle Club (MC) ist ein weltweit operierender Rockerclub, der 1966 in Texas (USA) gegründet wurde. Ihr Leitspruch lautet: "We are the people our parents warned us about" (z.dt.: "Wir sind die Leute, vor denen uns unsere Eltern gewarnt haben").
Der Club ist streng hierarchisch organisiert, mit sogenannten "Chapters" (Ortsgruppen). In Deutschland gibt es seit Mitte der 1990er Jahre zahlreiche Chapter, vor allem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Berlin.
Die Bandidos gelten bundesweit als kriminelle Vereinigung. Laut Polizei und Verfassungsschutz sind sie in Gewaltdelikte, Drogen- und Waffenhandel sowie Schutzgelderpressung verwickelt. Mehrere Chapter wurden in Deutschland bereits verboten. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen mit rivalisierenden Clubs - insbesondere den Hells Angels.
Von Tamina Francke, Frank Lütt und Joscha Kuczorra