Podium beim „Zukunftsdialog Wärmewende“ mit Prof. Dr. Christoph Fasel, Dr. Ralf Petercord, Axel Schneider, Johannes Sattinger sowie Moderator Peter Platz im Havenhostel (v. r. n. l.). Foto: Rohde
Podium beim „Zukunftsdialog Wärmewende“ mit Prof. Dr. Christoph Fasel, Dr. Ralf Petercord, Axel Schneider, Johannes Sattinger sowie Moderator Peter Platz im Havenhostel (v. r. n. l.). Foto: Rohde
Fernwärmeversorgung

Wie Cuxhaven seine Wärmewende schaffen will - Bürger fordern Planungssicherheit

von Ulrich Rohde | 01.12.2025

Cuxhaven steht vor einer energetischen Herausforderung: Fossile Wärmequellen dominieren, doch Biomasse, Abwärme und Meerwasserwärmepumpen könnten die Wärmewende einläuten. Bürgerbeteiligung und Nachhaltigkeit sind gefragt.

Ist Cuxhaven für die Wärmewende gerüstet? Welchen Stellenwert wird Fernwärme in der Wärmeplanung einnehmen? Und: Wird dabei das Biomassekraftwerk der "Forte Energie" in der Neufelder Straße eine Rolle spielen? Diese und andere Fragen behandelte der "Zukunftsdialog Wärmewende", zu dem die "Forte Energie" ins Havenhostel eingeladen hatte.

80 Prozent der in der Stadt verbrauchten Wärmeenergie stammt noch aus fossilen Quellen. Dass sich das möglichst bald ändern muss, darin waren sich die Podiumsteilnehmer Johannes Sattinger (Stadtrat der Grünen), Axel Schneider (Stadtrat von Die Demokraten), Dr. Ralf Petercord (Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen) und Prof. Dr. Christoph Fasel (wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Verbraucherjournalismus und Verbraucherkommunikation) in der von dem Journalisten Peter Platz moderierten Runde vor gut 60 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einig.

Bürger benötigten vor allem Verlässlichkeit und Planungssicherheit

Insbesondere Axel Schneider wies darauf hin, dass die Zeit wegläuft. Die Bürgerinnen und Bürger benötigten vor allem Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Dem stimmte Johannes Sattinger weitgehend zu. "Der Wärmeplan kommt für uns ein paar Jahre zu spät." Für ihn gehe es um verfügbare und bezahlbare Energie. Dabei spiele auch das hohe Einsparpotenzial durch Wärmedämmung eine große Rolle.

88 Milliarden Euro habe Deutschland 2024 für den Import fossiler Energie bezahlt, sagte Prof. Fasel. Das Geld ließe sich sinnvoller im Land anlegen, um unabhängiger zu werden und Wertschöpfung zu generieren. "Umweltschutz kann ein Wachstumstreiber für die Ökonomie sein", so Fasel.

Biomasse, Abwärme und Meerwasserwärmepumpe

In Cuxhaven geht es konkret darum, dass die Gebäude auf 80 Prozent der städtischen Fläche dezentral über Wärmepumpen und ähnliches geheizt werden müssen. Nur 20 Prozent der Stadtfläche kann mit Fernwärme versorgt werden. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Drei möchte "Forte Energie" ins Spiel bringen. Zum einen die Wärmeenergie aus dem Biomassekraftwerk, landläufig als Holzheizkraftwerk so bekannt wie in Teilen der Politik umstritten.

Forte Energie nutze im seit Mai laufenden Versuchsbetrieb ausschließlich zertifiziertes und nachhaltig bereitgestelltes Holz, darunter Schadholz sowie Restholz aus der Forst- und Landschaftspflege, das keiner höherwertigen stofflichen Nutzung zugeführt werden könne, so Geschäftsführer Dr. Thomas Kalkau. Anfang kommenden Jahres soll das Kraftwerk in den regulären kommerziellen Betrieb übergehen.

Biomasse sei ein maßgeblicher Bestandteil der Wärmewende

Biomasse sei ein maßgeblicher Bestandteil der Wärmewende, jedoch nicht die alleinige Lösung, so Kalkau. Sein Unternehmen arbeite auch daran, erneuerbare Quellen wie industrielle Abwärme zu erschließen. Zum anderen sei eine Meerwasserwärmepumpe geplant, so Kalkau. Moderne Großwärmepumpen könnten "aus Meerwasser klimafreundliche Wärme erzeugen". Für diese Form der regionalen Versorgung wolle "Forte Energie" versuchen, eine Bürgerbeteiligungsmöglichkeit in Form einer Genossenschaft einzurichten.

Wärmeversorgung in lokaler Hand wünscht sich auch Johannes Sattinger. Allein, er hält nicht viel von Holz als klimafreundlicher Wärmequelle. "Wir haben so viel Strom an der Küste, dass wir Holz nicht bräuchten." Dr. Ralf Petercord, Leiter des Fachreferats für Waldbau, Klimawandel im Wald und Holzwirtschaft im Landwirtschaftsministerium in NRW, versuchte mit einigen Mythen und Fehlinformationen aufzuräumen. Es sei "nicht schlimm", Holz zu verbrennen. Im Gegenteil: Es sei nachhaltig. Aufgrund des Klimawandels verliere Deutschland seine alten Wälder. Es gelte, ihn wieder aufzubauen. Dazu brauche es vor allem Licht, damit er wächst.

Wald in Deutschland binde weit mehr CO2 als er abgebe

Prof. Fasel ergänzte, dass der Wald jedes Jahr um mehr als 100 Millionen Kubikmeter wachse. Nur 60 Prozent davon würden genutzt. Ein kleiner Teil davon diene der Wärmeerzeugung. Anders als gewisse Studien besagten, so Petercord, binde der Wald in Deutschland weit mehr CO2 als er abgebe. Prof. Fasel: "Ein bewirtschafteter Wald ist nachhaltig, wenn nachgepflanzt wird, was entnommen wurde."

Gerade für viele sanierungsbedürftige Altbauten in der Stadt kämen individuelle Wärmepumpen aus wirtschaftlichen und technischen Gründen kaum in Frage, schilderte ein Hotelier aus der Grimmershörnbucht. Hier könne grüne Fernwärme die Lösung sein. Dr. Kalkau sagte, dass die Bucht bis 2027 ans Fernwärmenetz angeschlossen werden könne, wenn die Stadt die notwendigen Schritte unterstütze.

Stadtgebiete bis 2035 mit Fernwärme versorgen

Bis 2035 könnten die in Frage kommenden Gebiete in der Stadt Cuxhaven durch "Forte Energie" mit Fernwärme versorgt werden. Kalkau bezog sich dabei auf einen zwischen der Stadt Cuxhaven und der Forte Energie GmbH bereits bestehenden Gestattungsvertrag für die Nutzung des öffentlichen Grundes zum Zweck der Verlegung, des Betriebs und der Unterhaltung der Netzinfrastruktur.

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Redaktionsleiter
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