Kopfnüsse und Biss im Streifenwagen
Ein feuchtfröhlicher Abend am Strandhaus endet im Chaos: Ein Mann gerät mit Jugendlichen aneinander, er droht mit Pfefferspray und es kommt zu einem Einsatz mit Streifenwagen. Doch was dann passiert, überrascht selbst die erfahrensten Beamten.
Donnerstag, 28. August, 11 Uhr: Auf der Anklagebank im großen Sitzungssaal des Amtsgerichts Cuxhaven sitzt vor Richter Stefan Redlin ein 32-jähriger Cuxhavener, dem die Staatsanwaltschaft Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorwirft. Staatsanwalt Malte Gerkens verliest die Anklageschrift - sie schildert einen Abend, der mit ein paar Drinks am Strandhaus Döse begann und in Handfesseln, Wut und Gewalt endete.
Am 18. September 2024 hatte der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin und deren Freundin gefeiert. Dabei geriet er in eine Auseinandersetzung mit Jugendlichen. Er soll eine Dose Pfefferspray gezückt haben, ohne sie einzusetzen. Kurz darauf verständigten Passanten die Polizei: "Ein Mann mit Pfefferspray".
Auf dem Weg zur Bushaltestelle stoppte eine Streifenwagenbesatzung das Trio. "Die Aufforderung, meine Hände zu heben und mich gegen den Wagen zu lehnen ohne weitere Erklärung, empfand ich als ruppig", erklärte der Angeklagte. Als seine Freundin sich einmischte, sei sie von den Beamten weggeschubst worden. "Da hat sich mir ein Schalter umgelegt", sagte er vor Gericht. Seine Freundin bestätigte die Szene nahezu wortgleich.
Zwei Kopfnüsse, ein Biss und 1,89 Promille
Was folgte, schilderte Polizeikommissar Jan Abbes: "Wir haben den Mann fixiert und ins Auto gesetzt, um Ruhe in die Situation zu bringen." Doch statt Ruhe folgten Attacken: Zweimal versuchte der 32-Jährige dem Beamten eine Kopfnuss zu versetzen, eine traf. Dann biss er zu - in den Oberarm. Zum Glück lag an der Bissstelle ein Kugelschreiber in der Uniformtasche. So blieb es bei leichten Rötungen.
Ein Atemtest ergab später 1,89 Promille. "Der Mann wirkte alkoholisiert, aber Ausfallerscheinungen hatten wir nicht festgestellt", sagte Abbes. Die Situation, als die Freundin einschritt, habe "etwas von einer Gefangenenbefreiung" gehabt.
Richter Redlin: "Kein Kavaliersdelikt"
Im Bundeszentralregister des Angeklagten: 13 Vorstrafen - von Diebstahl über Brandstiftung bis Einbruch. Noch laufen zwei Bewährungen. Staatsanwalt Gerkens forderte deshalb zehn Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung: "Ein völlig sinnloser Angriff, und eine positive Sozialprognose sehe ich nicht." Verteidiger Andreas Meyn hielt dagegen, verwies auf die Alkoholisierung seines Mandanten und neun unauffällige Monate: "Das war ein Ausreißer. Sechs Monate auf Bewährung sind angemessen."
Der Angeklagte selbst entschuldigte sich beim Beamten: "Ich führe heute ein geordnetes Leben. Ich lebe in einer Beziehung." Doch Richter Redlin blieb hart: zehn Monate ohne Bewährung. Sein Urteil begründete er klar: "Das ist eine Extremsituation. Fixiert im Streifenwagen Kopfnüsse und Bisse auszuteilen - das ist völlig sinnentleert. Das ist kein Kavaliersdelikt."