Cuxhaven im ÖPNV-Aufschwung: Was hinter dem Erfolg des neuen Tickets steckt
Ein Fünf-Euro-Ticket revolutioniert Cuxhavens ÖPNV: Innerhalb weniger Monate steigen die Fahrgastzahlen um 80 Prozent. Doch trotz des Erfolgs bleiben Herausforderungen, die über den Preis hinausgehen und die Zukunft des Angebots betreffen.
Die Bilanz liest sich wie ein Lehrstück gelungener Verkehrspolitik: Seit der Einführung des Cuxhaven-Tickets am 1. Juli 2024 hat die Stadt einen beispiellosen ÖPNV-Boom erlebt. Knapp 10.000 Bürger haben ein Monats- oder Quartalsabo abgeschlossen, die Fahrgastzahlen sind um 80 Prozent gestiegen - und trotz deutlich gesenkter Preise liegt der Einnahmerückgang bei gerade einmal fünf Prozent. Im Bauausschuss präsentierte Claudia von Wissel von der KVG jetzt Zahlen, die selbst optimistische Prognosen übertreffen.
Das neue Tarifsystem setzt auf klare Preise
"Wir hatten von der Stadtverwaltung den Auftrag bekommen, Tickets einfacher zu gestalten und Tarifbarrieren abzubauen", erklärte von Wissel, Teamleiterin Tarif und Abrechnung bei der KVG. Die Lösung: Ein Sortiment mit gut merkbaren Preisen, vom Tagesticket für fünf Euro über das Wochenticket für zehn Euro bis zum Monatsticket für 25 Euro. Gerade im Vergleich zum Deutschlandticket, das mittlerweile 58 Euro kostet und ab 2026 sogar 63 Euro kosten wird, erweist sich das Angebot als konkurrenzfähige Alternative für alle, die hauptsächlich im Stadtgebiet unterwegs sind.
Die Rechnung geht auf: Der alte Zonentarif wird zunehmend verdrängt. Inzwischen erfolgt etwa die Hälfte aller Fahrten mit den neuen Cuxhaven-Tickets. Besonders bemerkenswert ist der sprunghafte Anstieg bei Zeitkarten und Abonnements - ein Bereich, der zuvor nur marginal ausgeprägt war. "Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, sondern es ist ein stetiger Zuwachs", betonte von Wissel.

Von Touristen und Bürgern gleichermaßen geschätzt
Die Fahrgastzuwächse verteilen sich gleichmäßig über das gesamte Stadtgebiet und beschränken sich nicht nur auf die touristischen Hauptlinien zum Bahnhof, nach Duhnen oder Sahlenburg. Eine im Sommer durchgeführte Umfrage zeigt: 57 Prozent der Bürger und etwa die Hälfte der Touristen kennen das Ticket bereits. Zehn Prozent der Befragten gaben an, durch das neue Angebot häufiger den ÖPNV zu nutzen.
"Für mich waren bei dem Vortrag wirklich zwei Zahlen wahnsinnig wichtig: 10.000 Abonnenten und 80 Prozent mehr Fahrten. Das ist eine Entwicklung, die man wirklich gar nicht hoch genug schätzen kann", sagte Stadtbaurat Andreas Eickmann. Er verwies darauf, dass ein solch niedrigschwelliger Zugang zum ÖPNV vielen Menschen den Alltag erleichtere, auch wenn einzelne Stimmen den Fünf-Euro-Preis für ein Tagesticket noch als zu hoch empfänden. "Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir natürlich auch im Stadtgebiet Menschen haben, bei denen fünf Euro pro Tag noch teuer sein können", so Eickmann.

Reibungslose Zusammenarbeit von Stadt und KVG
Ausschussvorsitzender Enak Ferlemann lobte die Kooperation: "Man kann nur sagen, es ist ein gutes Produkt. Die Kunden sehen das auch als gutes Produkt." Auch SPD-Ratsherr Andreas Wichmann zeigte sich begeistert: "Ich ahnte schon, dass das gut wird, aber ich wusste nicht, dass es so gut wird. Für mich ist das ein richtiger Knaller." Sein Dank galt allen Beteiligten, von der KVG über die Verwaltung bis zu seinem Fraktionskollegen Cord Wichmann, der das Projekt maßgeblich vorangetrieben hatte.
Ratsherr Lars Birner (CDU), selbst Vermieter eines Beherbergungsbetriebs in Döse, bestätigte die positive Resonanz aus der Praxis: "Als Vermieter mache ich auch Werbung für das Ticket. Und die Kunden finden das auch wirklich gut."
Herausforderungen bleiben: Kapazitäten und Schülerbeförderung
Doch bei allem Erfolg gibt es noch offene Baustellen. Die KVG mahnt, bei weiter steigenden Fahrgastzahlen rechtzeitig die Kapazitäten anzupassen, damit alle Kunden auch befördert werden können. Zudem bleibt die Finanzierung der Quartalstickets für anspruchsberechtigte Schüler ungeklärt. Der Landkreis Cuxhaven bevorzugt bislang das Deutschlandticket, obwohl das Cuxhaven-Ticket für die kurzen Schulwege ausreichen würde. "Mit unserem Cuxhaven-Ticket subventionieren wir den Landkreis mit diesem Delta", erklärte Eickmann. Hier hofft die Stadt auf eine Lösung im Sinne der Gleichbehandlung aller Schüler.
Die KVG setzt unterdessen auf weitere Kommunikationsmaßnahmen, um noch mehr Menschen zu erreichen. Insbesondere Autofahrer, die bislang wenig Berührung mit dem ÖPNV hatten. Die Fortsetzung des erfolgreichen Tarifsystems ist bis 2027 gesichert. "Wir hoffen natürlich auch gerne mit der KVG über das Jahr 2027 hinaus, dass den Touristen als auch der Bevölkerung ein gutes Angebot unterbreitet werden kann", sagte Claudia von Wissel.