Rappen gegen Hass und Hetze: Jugendliche aus Cuxhaven wachsen über sich hinaus
Es ist einfach, mitzulachen, wenn jemand verspottet und gemobbt wird - aber die Klasse 9 a der Oberschule Cuxhaven-Mitte wollte da nicht mehr mitmachen. In einem selbst geschriebenen und gesungenen Musikvideo zeigt sie Auswege aus dem Kreislauf.
Ihre Botschaft: Cybermobbing ist nicht okay, jeder kann es stoppen. Mit dieser Botschaft entstand innerhalb nur einer Woche ihr Musikvideo "Karma ist verrückt" an verschiedenen Drehorten in Cuxhaven.
Die Premiere holte die Gäste vor wenigen Tagen schlichtweg von den Sitzen der Aula. Alle waren schwer begeistert von der Professionalität des Clips. Nicht nur wegen der eindringlichen Bildersprache, sondern weil die Jugendlichen auch noch den gesamten Text selbst geschrieben und selbst gesungen - oder besser gerappt - hatten.
Eine Idee und viele Unterstützer
Initiator Uwe Sandrock (Azura e.V.), zuständig für Prävention an der Schule, berichtete den Premierengästen, wie alles begonnen hatte - nämlich mit der Idee für einen Song gegen Hass und Hetze. Getragen wurde diese Idee durch ein breites Netzwerk: den Paritätischen und seinen Jugendmigrationsdienst mit den Respektcoaches, die "Rapagogen" (Rap und Pädagogik vereint) und engagierte Sponsoren.
Die Umsetzung übernahm der "Kulturyard" von Jörg Flehnert. Für den Dreh holte er mit Hermann Böhm von der Agentur Creaclic in Bremen einen Profi nach Cuxhaven, der hier schon mehrere spektakuläre Filmprojekte umgesetzt hat. Im Mittelpunkt aber standen die Jugendlichen. Sie agierten selbstbewusst vor der Kamera und am Mikrofon.
Selber singen? Anfangs ein kleiner Schock
Anfangs seien sie ziemlich geschockt gewesen, als sie erfahren hätten, dass sie auch noch singen sollten, gab eine Schülerin im Interview mit Uwe Sandrock zu. Später sei der Mut gewachsen. Beim Texten kamen sie ziemlich schnell darauf, einzelne Passagen (im Clip mit deutschen Untertiteln versehen) in ihren verschiedenen Muttersprachen zu singen. Allein drei ganze Drehtage verbrachten sie im Skatepark am Bahnhof.

Besondere Anerkennung spendeten Uwe Sandrock und das Publikum dem Hauptdarsteller Adriano, der im Clip das Mobbing-Opfer spielt. Eine Rolle, die er nach einer bereits selbst gemachten Erfahrung unbedingt hatte übernehmen wollen. "Ich habe zu danken", antwortete er bescheiden auf die lobenden Worte Uwe Sandrocks.
"Gemeinsam könnt ihr unfassbar viel erreichen"
"Ihr habt etwas Großartiges geschaffen", stellte Schulleiterin Clarissa Schröer berührt fest. Was im Schulalltag nicht immer gelinge, habe das Projekt erreicht: "Manchmal seid ihr im täglichen Leben euer größter Feind, indem ihr euch nichts zutraut. Aber ihr seid ein Super-Team, das gemeinsam unfassbar viel leisten kann." Das Video habe die Kraft, weit über die Grenzen der Schule hinaus andere zum Einlenken und Umdenken zu bewegen.
"Hier ist zu erleben, welche großartigen Projekte dank der Förderung aus dem Bundesprogramm ,Demokratie leben!' möglich sind", stellte Bürgermeister Marc Gerdes fest. "Ihr habt etwas geschaffen, das bleibt." Demokratische Verantwortung beginne nicht irgendwann im Erwachsenenalter, "sondern genau hier, bei Euch. Ihr zeigt, dass es möglich ist, Haltung zu zeigen, Grenzen zu setzen und füreinander einzustehen."

Widerstand geht ohne eigene Konfrontation
Und das, ohne selbst in die Konfrontation zu geraten, unterstrich Filmemacher Hermann Böhm: Im Video zeigten die Neuntklässler Auswege, indem sie einfach nicht mitmachten und das Opfer in ihren Kreis zurückholten - beim Musikmachen oder beim Billard im Haus der Jugend. Ein Moment, an dem viele Zuschauer längst an einem Kloß im Hals schluckten.
Nun soll der bei Youtube hochgeladene Clip seinen Weg durchs Netz antreten. Axel Schneider aus dem Kreis der Sponsoren versprach den Jugendlichen zusätzlich, das Video als Vorfilm ins Bali-Kino zu bringen.
Ohne die Förderung folgender Institutionen wäre das Projekt nicht umsetzbar gewesen: Bundesfamilienministerium ("Demokratie leben!"), Förderverein Kriminalprävention in Cuxhaven, Azura e.V., Zuper Kinder- und Jugendhilfe GmbH, Paritätischer Cuxhaven, Jugendmigrationsdienst (JMD).