Weniger als beim letzten Mal, aber immer noch eindrücklich: Kundgebung gegen Rechtsextremismus und für Demokratie in CuxhavenFotos: Reese-Winne
Weniger als beim letzten Mal, aber immer noch eindrücklich: Kundgebung gegen Rechtsextremismus und für Demokratie in CuxhavenFotos: Reese-Winne
Gegen Rechtsextremismus

Über 2000 Menschen auf Marktplatz in Cuxhaven: Demokratiebewegung braucht langen Atem

von Maren Reese-Winne | 09.03.2024

"Eine gute Veranstaltung!" Überall war dies nach der zweiten Großkundgebung für Demokratie und gegen Rechtsextremismus innerhalb von sechs Wochen auf dem Ritzebütteler Marktplatz in Cuxhaven zu hören - auch wenn nur rund 2000 Personen kamen.

Das war zwar nur die ungefähr die Hälfte als beim letzten Mal, aber für das Planungsteam durchaus erwartbar.

Zum zweiten Mal hatte das Bündnis "Cuxhaven für Respekt und Menschenwürde", ein überparteilicher Verbund von rund 85 Institutionen aus Stadt und Kreis sowie mehr als 200 Einzelpersonen, die Stadt- und Kreisbevölkerung ins Cuxhavener Zentrum gerufen, um das, was  am 27. Januar begonnen worden war, fortzuführen: Öffentlich die Stimme zu erheben für Demokratie, Vielfalt und gegen Rassismus und Diskriminierung.

Schwenk über den Markplatz.

"Nie wieder Nazis in Deutschland!"

Dies sei mit Blick auf den inneren Frieden in Deutschland und angesichts der Weltlage zu einer Daueraufgabe geworden, erinnerte Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer. Unter Applaus übergab er mit dem Satz "Nie wieder Nazis in Deutschland!" an die jüngsten Akteure. Die Mädchen des Jugendbeirats der Stadt Cuxhaven gaben vor, worauf es jetzt ankommt: Nicht zu schweigen.

Oberbürgermeister Uwe Santjer und der Jugendbeirat.

Mädchen des Jugendbeirats mit leidenschaftlichem Appell

"Es reicht nicht aus, nur nicht rassistisch zu sein - wir müssen aktiv antirassistisch sein! Es ist unsere Pflicht als Gesellschaft, uns aktiv für Respekt und Gleichberechtigung einzusetzen - in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Politik", riefen sie. Vorurteilen müssten Respekt und Offenheit entgegengesetzt werden, um Chancengleichheit zu erreichen.

Die jungen Mädchen sprachen eine klare Botschaft.

Nicht nur ein Problem für die Opfer

Rassismus und Diskriminierung seien mitnichten nur ein Problem für die Opfer, sondern für alle, denn sie zerrissen sozialen Zusammenhalt, schafften Misstrauen und führten zu Ungerechtigkeit. Der Appell "Lasst uns zusammenstehen und uns für eine Zukunft einsetzen, die von Respekt, Toleranz und Liebe geprägt ist!" wurde auch von den Gruppen der Lebenshilfe auf dem Platz begeistert aufgenommen.

Omas gegen Rechts: Schlau und entschlossen

Die Omas gegen Rechts sangen ihren Appell dafür, rechtzeitig aufzustehen.

Wenn die "Omas gegen Rechts" einen Kontrast bildeten, dann nur angesichts der Generation, aber nicht mit den Inhalten: Die starke Gruppe aus Bremerhaven, der auch Cuxhavenerinnen angehören, will Missstände sichtbar machen und sich für Gerechtigkeit und gegen Hass einsetzen. Dies brachte die Gruppe ("Omas sind alt, aber schlau") mit einem Lied auf den Punkt: "Wollen den Braunen wir widerstehen, müssen wir zusammengehen", sangen sie und: "Wehrt Euch noch zur richtigen Zeit!"

Der Name der Initiative ist ist ein Hingucker.

AfD entzaubern mit den richtigen Beschlüssen für mehr Gerechtigkeit

"Dieses laute Signal heute hier tut gut!", fand Laura Pooth, Vorsitzende der DGB-Region Nord. Verfassungsfeinde gehörten mit allen Mitteln des wehrhaften Rechtsstaats bekämpft. Die Entzauberung der AfD erfordert ihrer Ansicht nch den Blick weit über die Ausländerfrage hinaus. "An die Regierenden: Sie müssen mit ihrer Politik dafür sorgen, dass für jeden Menschen eine gerechte Verteilung von Vermögen, Chancen und Möglichkeiten gewährleistet ist."

Laura Pooth, Vorsitzender der DGB-Region Nord, stellte einen Bezug zur Sozialpolitik her.

Soziale Gerechtigkeit als Prävention gegen Rechts

Jedoch hätten vielerorts fehlende Tarifbindung, Senkung der Reallöhne, die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen und Altersarmut dazu geführt, dass sich viele Menschen abgehängt fühlten. Daran zu glauben, dass eine Partei vom rechten Rand sie aus dieser Misere führen könne, sei jedoch eine Illusion: "Für Sie springt dabei gar nichts heraus", machte Laura Pooth deutlich. Die im AfD-Programm vorgesehenen weiteren Begünstigungen für Spitzenverdiener bei gleichzeitiger Beschneidung der Sozialsysteme - auch durch Einschränkungen  für Migranten und politisch Verfolgte - führten allenfalls in eine tiefere Spaltung.

Konrad Geesmann verlas die Rede von Ibrahim Arsland, einem Überlebenden des rassistisch motivierten Attentats von Mölln.

Gedenkkultur nicht ohne die Stimme der Betroffenen

Bewegende Momente gab es, als einer eine Stimme erhielt, der gar nicht dabei war: Konrad Geesmann, Diakon i.R. aus Cuxhaven, verlieh sie dem Überlebenden des Anschlags von Mölln, Ibrahim Arslan, der krankheitsbedingt fehlte und seine Rede schriftlich übermittelt hatte. Die Gedanken über eine Gedenkkultur, die die Einbeziehung der Opfer förmlich erzwinge, gehörten zum Bewegendsten, was er zu diesem Thema gehört habe, sagte hinterher Gunnar Wegener, Mitglied der Planungsgruppe. Die Botschaft: Betroffene sollten nicht um ein respektvolles Gedenken kämpfen müssen; denn es gehe nicht darum, ihnen und ihren Familien einen Gefallen zu tun, sondern als Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen zu ziehen.

Susanne Gerdes und Monika Ahlrichs mit dem Gedicht "Cuxhaven ist bunt".

Musikalisches Kontrastprogramm: Jazz und (Punk-) Rock

Das von Monika Ahlrichs verfasste Gedicht "Cuxhaven ist bunt", von ihr gemeinsam mit Susanne Gerdes vorgetragen, beschloss das Reden-, aber nicht das Bühnenprogramm. Als Abordnung der Jazzformation "The Turn arounds" hatten schon Klaus Gilg, Andreas Schaefer und Sandra Kühn bei eisigen Böen das Publikum abgeholt.

Klaus Gilg und die "Turn arounds" in kleiner Besetzung.

Das Abschlusskonzert spielte die junge Otterndorfer Rockband "M.A.S.H.T." Der inständigen Bitte Gunnar Wegeners, den jungen Leuten noch ein Publikum zu bieten, kamen trotz Abwanderung noch diverse Gäste nach, während die Band ein lautstarkes Zeichen über den Platz hallen ließ.

M.A.S.H.T. spielte laut für Frieden und Demokratie.

"Mors hoch" und Anleitung zum Nicht-Wählen einer Nazipartei

"Spaß machte es einmal mehr, die kreativen Sprüche auf den Plakaten zu lesen. "Mors hoch" appellierte die Regionale Arbeitsgruppe des Vereins "Gegen Vergessen, für Demokratie", anderswo hieß es: "Menschenrechte statt rechte Menschen", "Man wählt einfach keine Nazis! Punkt!" oder "Lieber solidarisch statt solide arisch".

Anleitung zum Wählen.

Das Offene Herz Altenwalde und mehrere Gewerkschaften ließen große Fahnen wehen und der Vorstand des Deutschen Kinderschutzbunds Stadt und Landkreis Cuxhaven rief die Kinderrechte auf einheitlichen Westen in Erinnerung.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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