Wie der Sohn, so die Eltern: Ehrenamtlicher Einsatz kann ganze Familien beflügeln 

Sie handelte. Und die imposante Resonanz gibt ihr recht.

Wer den Raum ganz oben im Gewerkschaftshaus gegenüber dem Cuxhavener Bahnhof zum ersten Mal betritt, bleibt erst mal stehen und lässt die Szenerie auf sich wirken. Denn es ist eng, wirklich eng. Dicht an dicht sitzen sie hier in Reihen, während sie in ihre Arbeitshefte schreiben: Menschen aus Syrien, der Ukraine, dem Iran oder Afghanistan. 

Dreimal in der Woche kommen sie hier zusammen, weil sie auf ein wichtiges Ziel hinarbeiten - die B2-Sprachprüfung in Deutsch. "Eine wichtige Schwelle auf dem Weg in den Arbeitsmarkt", berichtet ihre Lehrerin Ruth Stolz. Für insgesamt neun Stunden in der Woche begleitet die pensionierte Lehrerin ihre ganz besondere Lerngruppe - als Ehrenamtliche der Flüchtlingsinitiative "Offenes Herz Altenwalde".

Die vor zehn Jahren in der Notunterkunft in Altenwalde begonnenen Sprachangebote bilden bis heute eines der Herzstücke der Arbeit der seit damals bestehenden Initiative. In mehreren Stadtteilen halten Ehrenamtliche verschiedene Angebote für unterschiedliche Niveaus (zum Teil auch mit Kinderbetreuung) aufrecht. 

B2-Kurs schließt eine große Lücke

Der 200 Stunden umfassende B2-Intensivkurs ist dabei von ganz besonderer Bedeutung. "Für den Einstieg in Arbeit oder Ausbildung ist der Nachweis der B2-Prüfung unerlässlich", erklärt OHA-Koordinatorin Miriam Schneider. Aber ausgerechnet dafür gab es weit und breit keine Kurse. Keine Dozenten, kein Platz; auch die Volkshochschule der Stadt Cuxhaven musste passen. Zumindest aber können sich die Absolventen dort zur Prüfung anmelden. Für die Vorbereitung sprang das OHA ein: "Weil es diese Kurse einfach geben muss."

Auf Deutsch beginnen einzelne Teilnehmerinnen und Teilnehmer, über ihre Zukunftspläne zu erzählen. Alle sind dankbar für die Möglichkeit, die ihnen das Offene Herz Altenwalde hier bietet. Der Kursraum mag eng sein, aber keiner nimmt davon Notiz. Dafür liegt er gleich am Bahnhof, gut für die, die extra von auswärts anreisen. "Selbst aus Hechthausen und Beverstedt", berichtet Miriam Schneider, froh über die Kooperation des Paritätischen bei der Quartiersuche. Das dort arbeitende Team habe angesichts des Andrangs sogar schon seinen größten Konferenzraum zur Verfügung gestellt.

"Ruth ist die beste Lehrerin!"

Während die Prüfung kostenpflichtig ist (175 Euro) und selbst bezahlt werden muss, ist die Teilnahme am Vorbereitungskurs kostenlos. "Wir danken dem OHA sehr für die Unterstützung und die Mühe. Das ist sehr wichtig für uns. In ganz kurzer Zeit eine neue Sprache zu lernen, ist nicht so leicht", berichtet ein Teilnehmer. Den größten Anteil am Fortschritt habe ohne Zweifel Dozentin Ruth Stolz mit ihrer ruhigen und geduldigen Art: "Ruth ist die beste Lehrerin!"

Trotz aller Konzentration geht es auch mal lustig zu, zum Beispiel, wenn die Lernenden über deutsche Wörter mit zwei Bedeutungen stolpern. Fast alle haben Kinder und stellen sich trotzdem der schwierigen Aufgabe, um beruflich Fuß zu fassen und in der neuen Nachbarschaft anzukommen.

Manchmal kommt es auch zum Abbruch - aber aus einem erfreulichen Grund: "Ein junger Mann, Iraner und erst seit zwei Jahren in Deutschland, kam zu mir, um sich abzumelden, weil er eine Ausbildung als Schweißer beginnen konnte und im Ausbildungsbetrieb auch sprachlich unterstützt werden sollte. Er hat inzwischen schon seine C1-Prüfung absolviert", erzählt Ruth Stolz. Dieser Erfolg machte beiden Eltern Mut, es ihm nachzutun und sich für den nächsten, jetzt laufenden Kurs kurzerhand selbst anzumelden. Lächelnd heben beide die Hände, während die Dozentin das erzählt.  

Ehrenamtliche halten großes Angebot aufrecht

Das sind Erlebnisse, die auch Miriam Schneider bestärken. Die Ergebnisse der Sprachangebote begegnen ihr täglich. Dass es sie immer noch gibt, und das in einer großen Vielfalt von der Alphabetisierung bis zur Vorbereitung auf die C1-Prüfung (weit fortgeschrittenes Niveau), sei den Ehrenamtlichen zu verdanken. "Jeder findet seins."

Einen zweiten B2-Vorbereitungskurs begleitet beispielsweise Reinhard Stolz (Ehemann von Ruth Stolz). Zum harten Kern zählen außerdem (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) Steffi Christophers, Heike Hebecker, Elke Oellerich oder Dieter Bielefeld. Dabei sei für das Gelingen von Projekten das Engagement der Ehrenamtlichen ebenso bedeutsam wie die Verfügbarkeit von Räumen, gibt Miriam Schneider zu bedenken: Mehr Räume in den Stadtteilen würden auch viel mehr Möglichkeiten bieten.  

So kommt Ihre Spende an:

• Unsere inzwischen traditionelle Adventsaktion "CN/NEZ-Leser helfen" ist diesmal den Flüchtlingsinitiativen "Offenes Herz Altenwalde" und "Cadenberge hilft" gewidmet. Bislang sind knapp 5000 Euro (2915 Euro für das OHA und 1915 Euro für "Cadenberge hilft") zusammengekommen. 
• Die Cuxhavener Nachrichten und die Niederelbe-Zeitung sowie das Newsportal cnv-medien.de organisieren die Spendenaktion, um diese Arbeit zu unterstützen.
• Die CN und NEZ stellen über die Adventszeit das ehrenamtliche Engagement in den Mittelpunkt.
• Wichtig: Bis zum 31. Dezember können Sie Spenden auf die entsprechenden Konten einzahlen.
• Spendenbescheinigungen werden nach Ende der Aktion ausgestellt. Wenn Sie eine Spendenbescheinigung wünschen, geben Sie bitte Ihren Namen und Ihre Adresse auf dem Überweisungsträger an. Die Namen der Spenderinnen und Spender werden in den Print-Ausgaben von Cuxhavener Nachrichten und Niederelbe-Zeitung veröffentlicht. Wer das nicht wünscht, vermerkt dies bitte auf dem Überweisungsträger.
• Das Konto für "Cadenberge hilft": Kirchengemeinde Cadenberge; Vermerk: Flüchtlingshilfe Cadenberge; WESPA Cadenberge; BIC: BRLADE21BRS; IBAN: DE28 2925 0000 0161 0002 40.
• Das Konto für "Offenes Herz Altenwalde": Ev.-luth. Kirchenamt Elbe-Weser; Vermerk OHA; SSK Cuxhaven; IBAN DE 32 2415 0001 0000 1089 02.