Politisches Tauziehen um einen Straßennamen in Otterndorf
Otterndorf. Die Benennung einer Straße im Gewerbegebiet "Kampen II" hat in der Otterndorfer Politik einen Streit ausgelöst. Weil in der Stadtratssitzung im September keine Einigung erzielt werden konnte, musste eine weitere Sitzung anberaumt werden.
"Ich mache jetzt seit 46 Jahren Lokalpolitik, aber so etwas ist mir noch nicht passiert", sagte Otterndorfs Bürgermeister Claus Johannßen (SPD) zu Beginn der Ratssitzung am Donnerstag. Was war geschehen? Der Stadtrat hatte sich mit einem Wiederholungs- und Streitfall zu beschäftigen, einer Straßenbenennung im Gewerbegebiet "Kampen II" - es war der einzige inhaltlich relevante Tagesordnungspunkt.
Bereits im September hatten die Fachausschüsse und der Rat über die Frage diskutiert, nach welcher Otterndorfer Persönlichkeit die neue "Planstraße A", die von der Raiffeisenstraße abzweigt, benannt werden könnte. Zwei Vorschläge kamen auf den Tisch: Die SPD/Grünen/Rennebeck-Gruppe schlug den Namen Elisabeth-Radiek-Straße vor. Elisabeth Radiek (1714-1788) war eine Unternehmerin, die nach dem Tod ihres Mannes 40 Jahre lang den Gewürz-, Salz- und Weinhandel im Kranichhaus führte. Sie ließ nicht nur die barocke Backsteinfassade und die prächtigen Stuckdecken im Inneren anfertigen, sondern auch den ersten Kranich auf dem First des Hauses anbringen. Die CDU/FDP-Gruppe hatte einen anderen Vorschlag und plädierte für den Straßennamen Walter-Witte-Weg. Der Unternehmer Walter Witte war einer der ersten Arbeitgeber im Otterndorfer Gewerbegebiet. Bei der Abstimmung im Rat kam es damals zu einem Patt - neun zu neun Stimmen. Also musste eine neue Abstimmung her.
Kräfteverhältnis war erneut ausgeglichen
Bei der Ratssitzung am Dienstag schien sich das Abstimmungsdrama zu wiederholen. Auch diesmal war das Kräfteverhältnis ausgeglichen. Die SPD/Grünen/Rennebeck-Gruppe erneuerte ihre Argumente für Elisabeth Radiek. "Es wird Zeit, dass eine Straße mal wieder nach einer Frau benannt wird", sagte Gruppensprecher Malte Hinck (SPD). Und: Die Kontroverse über die Straßenbenennung sei nicht "würdevoll gegenüber den Personen". Die CDU/FDP-Gruppe blieb bei ihrem Wunsch, die Planstraße nach Walter Witte zu betiteln. "Elisabeth Radiek würde ich eher in der Altstadt verorten", meinte Normen Herting (CDU). Carsten Nickel (FDP) kritisierte, dass es im Vorfeld keine fraktionsübergreifenden Gespräche gegeben habe.
Kurzzeitig stand die Idee von Frank Eulenstein (FDP) im Raum, die Gruppensprecher mögen den Ratssaal verlassen, um im Zweiergespräch eine Lösung herbeizuführen, als von Normen Herting der erlösende Kompromissvorschlag kam: Die Planstraße A wird - wie von der SPD/Grünen/Rennebeck-Gruppe gewünscht - nach Elisabeth Radiek benannt. Dafür bekommt die Verbindung am Kampen zwischen den Firmen Klävertec und Witte Stahl- und Metallbau den Namen Walter-Witte-Weg. Dieser Vorschlag fand die einstimmige Zustimmung des Rates. Herting plädierte abschließend dafür, die politischen "Hakeleien" künftig zu lassen. "Wir sollten harmonischer zusammenarbeiten und die scharfen Messer in der Schublade lassen."