
„Mädchen im Wind“ an der Alten Liebe. „Der Krabbenfischer“ im Kurpark.
Blickfang für Spaziergänger
Möwen, Fischreiher und allerhand
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sonstiges Federvieh umflattern
den „Schipperjungen auf einem
Seelöwen“ mitten im Wasserbecken des
Kurparks. Enten nehmen gemächlich auf
dem Sockel Platz, als wollten sie sich zu einem
Klönschnack mit dem Jungen auf dem
Seelöwen niederlassen. Szenen, die den
Eindruck bekräftigen, Franz Rotters Schipperjungen
Plastik sei am genau richtigen
Platz. Dabei ist dieser Seekurpark-Standort
im sich vielfältig spiegelnden bewegten
Wasser nur ein Ausweich-Quartier.
Wenige werden sich noch erinnern, dass
der „Schipperjunge“ seinen ursprünglichen
Platz am alten Sparkassen-Hauptgebäude
an der Rohdestraße hatte. Für den
nach dem Zweiten Weltkrieg in Cuxhaven
gelandeten Bildhauer Franz Rotter war
die 1952 von der Stadtsparkasse Cuxhaven
in Auftrag gegebene Klinkerkeramik
der erste große Auftrag für eine Plastik im
öffentlichen Raum. Dass der auf dem Seelöwen
sitzende Junge mit der Pudelmütze
seinem ihm zugewandten tierischen Gefährten
mit erhobenem Arm eine Münze
entgegenhält, hat natürlich mit den damaligen
Auftraggebern zu tun. Bei ihnen ging
– und geht es – schließlich ums liebe Geld.
Viele Jahre war der Schipperjunge an seinem
angestammten Platz immer wieder
Attacken ausgesetzt – freundlichen und
weniger freundlichen. Dass Kinder dem
Schipperjungen auf dem Seelöwen nur
allzu gerne Gesellschaft leisteten, war von
Anfang an eingeplant. Dass die beiden Figuren
jedoch rabiat angegangen wurden
und in ihrer „Außenhaut“ wiederholt erhebliche
Schäden aufwiesen – das allerdings
war nicht eingeplant. Eines Tages
wurde entschieden, diesen Zustand zu beenden
und dem „Jungen“ einen sicheren
Platz zuzuweisen, wo er zwar betrachtet,
nicht aber attackiert werden kann – im
Wasserbecken des Kurparks. Dort ist er
seit 1983.
Einen Ortswechsel gab es auch für eine
andere Außenskulptur Franz Rotters, für
das „Mädchen im Wind“. 1968 als schmale,
sich dem Wind aussetzende Bronzefigur
geschaffen, stand sie an der Ecke der
Deutschen Bank am Kaemmererplatz.
Und auch das „Mädchen im Wind“ hatte
es hier nicht leicht. So manches Mal
verkleidet und beschmiert, verpasste
man ihm schließlich eine gläserne Umhüllung.
Das Wahre war es nicht. So war
die Entscheidung, dem Mädchen 2004 vor
dem neu entstandenen „Am Pier“ an der
„Alten Liebe“ einen gebührenden Platz
zu geben, haargenau die richtige. Denn
hier ist es auch wirklich dem Wind ausgesetzt.
Anders der „Krabbenfischer“. Von Anfang
an ist er auf seinem angestammten Platz.
Betritt der Spaziergänger Cuxhavens Seekurpark
im Stadtteil Döse von der Strandstraße
her, läuft er direkt auf die überlebensgroße
Plastik zu. Der Krabbenfischer
mit Kescher und hohen Gummistiefeln
ist Rotters letzte große plastische Arbeit.
Schon in den Jahren dazwischen wurde
die Kraft für bildhauerische Arbeiten immer
weniger, was den Künstler bewog,
sich ganz der Grafik und der Zeichnung
zuzuwenden. Nicht zuletzt griff er damit
etwas auf, was ihn schon seit den 1960er-
Fotos: Cordes
„Schipperjunge auf dem Seelöwen“.