
Ausgrabungsflächen am Fuße des Galgenberges. Hier konnten Reste von Grubenhäusern und Brunnen aufgedeckt werden.
dings lag es außerhalb des Interessensgebiets
der großen weltlichen und kirchlichen
Herrscher jener Zeit. Kaiserpfalzen
oder Bischofssitze sucht man hier vergeblich.
Aber natürlich gab es dennoch lokale
Machthaber, die von burgähnlichen Anlagen
ihr Territorium kontrollierten. Auch
wenn von den eigentlichen Wehrbauten
nichts erhalten ist, so haben wir doch allen
Grund zu der Vermutung, dass sowohl auf
dem Sahlenburger Galgenberg wie auch
in Altenwalde Burganlagen gestanden haben.
Möglicherweise sind beide Bränden
zum Opfer gefallen.
Lokale Machthaber, die über einigen Wohlstand
verfügten, gab es auch schon vorher.
Davon zeugen Grabfunde, die Mitte
der 1950er-Jahre bei Sandabbau in der
Nähe des Galgenbergs gemacht wurden.
Eines der Gräber enthielt Gegenstände,
die eindeutig einem bewaffneten Reiter –
also einem Ritter – aus der 2. Hälfte des
8. Jahrhunderts zuzuordnen sind. Er war
mit einem Langschwert, einem Schild und
einer Lanze bewaffnet, sein Sporn war
versilbert. Erhalten geblieben sind auch
Beschläge des Zaumzeugs und des Sattels
seines Pferdes. Eine solche Ausrüstung
und ein entsprechendes Pferd entsprachen
in dieser Zeit gut und gerne dem Wert einer
Herde von zwei Dutzend Rindern!
Wie aber lebten die einfachen Menschen
des frühen Mittelalters? Archäologische
Grabungen in Altenwalde haben hier in
den letzten Jahren zu spannenden neuen
Erkenntnissen geführt. In der Altenwalder
Siedlung „Kamp-Seeburg“ zeigten sich im
Boden die Umrisse einer Reihe von sogenannten
Grubenhäusern, also kleinen
Gebäuden aus Holz und Lehm, die einen
halben Meter in den Boden eingetieft waren.
Sie könnten als Wohngebäude, aber
auch als Werkplatz benutzt worden sein.
Die Funde, die in den Häusern zu Tage
kamen, geben nicht nur Hinweise auf den
Arbeitsalltag, sondern auch darauf, dass
das frühmittelalterliche Cuxhaven in erstaunlichem
Maße mit den großen Handelszentren
seiner Zeit verbunden war!
Spektakulärster Fund der Grabungen
war ein vollständig erhaltener Mühlstein
aus Basalt. Das Lavagestein Basalt findet
sich nur in Regionen mit vulkanischer
Tätigkeit, in diesem Fall in der Eifel. Und
das bedeutet: In einer Zeit, in der es noch
keine befestigten Straßen gab, in der man
sich mit seinem Fuhrwerk bei nassem Wetter
auf schlammigen und sehr unebenen
Wegen vorankämpfen musste, in der man
noch nicht mal eben per Telefon oder im
Internet Ware bestellen konnte, wurde der
Mühlstein (oder vielleicht auch ein Mühlstein
Rohling) über 500 km weit von der
Eifel an die Elbmündung transportiert!
Und nicht nur der Mühlstein: Neben einheimischen
Tongefäßen fanden sich in Altenwalde
auch Scherben von sogenannter
Pingsdorfer Keramik. Sie kommt aus dem
Rheinland und war wegen ihrer feinen
Struktur damals wahrscheinlich trendy
und etwas Besonderes. Ein kleines bisschen
Luxus also, dass vermutlich den langen
Weg den Rhein hinunter und über die
Nordsee transportiert worden ist.
Auch der Mühlstein wird übrigens wohl
eher per Schiff als auf dem Landweg nach
Cuxhaven gekommen sein. Und an diesem
Punkt kommt der maritime Aspekt,
der für das Museum „Windstärke 10“ na-
Foto: Wendowski-Schünemann, Illustration: Gero Klemke
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Die überlieferten Funde in Originallage
aus dem Grab des Reiterkriegers vom
Galgenberg nach Grabungsskizze Waller.