
angrenzendes Gelände, die Peilstelle des
Bundes, stand zum Verkauf. Schlichting
nahm sofort Kontakt auf, beteiligte sich
an einer Ausschreibung und erhielt mit
dem Zuschlag weitere 16 Hektar Land.
Die Untere Naturschutzbehörde deutete
an, dass in einzelnen Bereichen dieser
16 Hektar gebaut werden könnte, wenn
auf einer bestimmten Fläche des benachbarten
Baggersee-Geländes auf Gebäude
verzichtet würde. Auf den insgesamt 40
Hektar gibt es jetzt gute Voraussetzungen,
die ursprünglichen Wünsche der Gemeinde
Nordholz zu erfüllen, nämlich ein Hotel
zu bauen sowie eine gewerbliche Einheit
in Form eines Ferienparks.
Gerhard Schlichting erinnert daran, dass
die Untere Naturschutzbehörde zwei
Jahrzehnte lang all seine Überlegungen
begleitet und ihn in die richtige Richtung
gelenkt hat. Irgendwann hat er als Kaufmann
erkannt, wie sinnvoll und vernünftig
es ist, wenn z.B. die auf der Roten Liste
stehenden streng geschützten Kreuzkröten
auf seinem Grundstück nicht nur überleben,
sondern darüber hinaus auf einer
neuen Ausgleichsfl äche zu einer großen
Population heranwachsen. Mehr noch:
Auf dem nährstoffarmen Boden gedeiht
der zur Gattung fl eischfressender Pfl anzen
zählende Sonnentau ebenso wie das auf
der Roten Liste gefährdeter Arten stehende
Knabenkraut, welches als Orchidee geschützt
ist.
Nach all den Jahren der Suche nach guten
Lösungen gibt es von Gerhard Schlichting
ein großes Kompliment für Helmut Märkle,
der in der Unteren Naturschutzbehörde
des Landkreises Cuxhaven für Eingriffsregelungen
bei Verfahren zum Gewässerausbau
und Bauleitplanung zuständig
ist. Dank richtet Schlichting aber auch
an den Architekten, Dipl.-Ing. Raymund
Reisdorff, der in den vielen Jahren „bei allen
Wendungen zu mir gehalten“ und den
Bebauungsplan letztlich erfolgreich abgeschlossen
hat.
Weil der vorgesehene Bauteppich unter
allen Beteiligten unstrittig war, konnte
Schlichting schon früh damit beginnen,
die Infrastruktur des Geländes vorzubereiten.
Wanderwege sind mit maximal
sechs Prozent Steigung behindertengerecht
angelegt worden. Stellenweise fehlt
noch die Befestigung. Eine Brücke wurde
gebaut, Spundwände gerammt. Alle Überlegungen,
wie über Flora und Fauna zukünftig
informiert werden soll, sind schon
weitgehend abgeschlossen.
Viele, die sich für das Baggersee-Areal interessierten,
hatten Gerhard Schlichting
geraten, die Natur sich einfach weiterentwickeln
zu lassen. Das ging aus der Sicht
der Unteren Naturschutzbehörde nicht,
weil Birken und Erlen bereits das gesamte
Gelände überwucherten. Zu einem
Wald herangewachsen, hätten die Bäume
nicht nur den geschützten Pfl anzen den
Lebensraum genommen, sondern auch
den Kreuzkröten. Deshalb hat Schlichting
schon früh damit begonnen, das Gelände
mit Pfl egemaßnahmen in seiner ursprünglichen
Form zu erhalten. Darüber
hinaus wurden für Gäste Sitzelemente
aufgestellt und Müllbehälter. An besonders
schönen Tagen genossen bis zu 300
Besucher ein kühlendes Bad im Baggersee.
Trotz vorhandener Abfallbehälter musste
Schlichting abends dann allerdings ein
bis zwei Säcke Müll einsammeln.
Dabei war der Start seiner Pfl egemaßnahmen
mehr als unglücklich. Er setzte Taucher
ein, um den Grund des Baggersees
vom Unrat zu befreien. In zwei Containern
sammelte sich dabei u.a. viel Diebesgut
– neben Fahrrädern auch aufgebrochene
Bonbon-Automaten und Mopeds. Als am
nächsten Morgen die Tauchaktion fortgesetzt
werden sollte, waren die Container
wieder leer: Unbekannte hatten über
Nacht den mühsam geborgenen Schrott
erneut im See versenkt, dazu noch sechs
Aldi-Einkaufswagen. Vor diesem Hintergrund
und anderen negativen Erfahrungen
blieb Schlichting keine Wahl: er
sperrte den Baggersee für Besucher. Zwei
Security-Leute durchstreiften ein halbes
Jahr lang das Seegelände und setzten das
Verbot durch.
Doch viele Nordholzer mochten sich damit
nicht abfi nden. Sie plädierten im Gespräch
mit dem Eigentümer, das Seegelände
für Besucher wieder zu öffnen. Dem
entsprach Gerhard Schlichting im Sommer
2003 – allerdings nur mit entgeltlichen
Nutzungsverträgen. Damit erhielt er nicht
nur Haftungsausschlüsse, sondern konnte
die Besucher auch über Gefahren informieren
und Regelungen durchsetzen, von
denen die Natur profi tiert, aber auch die
Anlieger des Baggersees: wilde Partys und
Krach auf dem Seegelände gehören ebenso
der Vergangenheit an wie Lagerfeuer und
ein Befahren des Areals. Nicht zuletzt be-
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Gerhard Schlichting freut sich,
dass an den Ufern des Baggersees
mehr als ein Dutzend Pfl anzen ihren
Lebensraum haben, die auf der
Roten Liste stehen.