
Fotos: Tonn (1), Anne von Bremen (1), Hans Gerd Alstedt (2)
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Bis in das 20. Jahrhundert hinein
trennte die Oste das Elbe-Weser-
Dreieck mit Cuxhaven auf der einen
und Stade auf der anderen Seite: Wer
nördlich von Bremervörde über den Fluss
wollte, musste Fähren benutzen. 1872 wurde
die „Cuxhaven Eisenbahn-, Dampfschiff- und
Hafen-Actiengesellschaft“ gegründet. Die
Gesellschaft erhielt von der preußischen Regierung
die Konzession zum Bau einer Eisenbahnlinie
zwischen Hamburg und Cuxhaven
sowie die Genehmigung zum Bau eines Seehafens
in Cuxhaven. Aufgrund der beginnenden
Wirtschaftskrise und Misswirtschaft wurden
bereits 1873 aus Geldmangel die Arbeiten wieder
eingestellt. Erst fünf Jahre später konnte
mithilfe der „Société belge de chemins“ aus
Brüssel die „Unterelbische Eisenbahngesellschaft“
gegründet werden. Die übernahm den
Weiterbau der Strecke. Generalunternehmer
war der Stader Geschäftsmann Johann Heinrich
Hagenah, der unter anderem auch Gründer
der Portlandzementwerke in Hemmoor
war.
Verantwortlicher Streckenplaner war der Ingenieur
Mengel, der bereits vorher praktische
Erfahrungen im Eisenbahnbau in England
sammeln konnte. Am 13. November 1880 verkehrte
der erste Zug der „Unterelbischen Eisenbahn“
zwischen Harburg und Horneburg.
Die Fertigstellung der gesamten eingleisigen
Strecke von Harburg nach Cuxhaven konnte
am 10. November 1881 gefeiert werden. Das
schwierigste Teilstück war die Überquerung
der Oste. Auf dem Fluss herrschte noch reger
Güterschiffsverkehr mit Segelschiffen zu
den Häfen Gräpel und Bremervörde. Wegen
des Widerstands und der Eingaben der rund
50 Flussschiffer entschied man sich für den
Bau einer technisch aufwendigen Drehbrücke.
Sie wurde mit einem Mittelpfeiler und
zwei Durchfahrtsöffnungen von je 13,5 Metern
von der Firma Krupp aus Essen errichtet.
Die Gründung der Brückenpfeiler erwies sich
als sehr schwierig, da eine Moorschicht durchgraben
werden musste. Die Brücke musste
von zwei Brückenwärtern bedient werden, die
auf den beiden Seiten ihre Wärterhäuschen
hatten. Die Brücke war jedoch nur unter technischen
Schwierigkeiten zu betreiben. Aufgrund
des komplizierten Verschlusssystems
und der massiven Stahlkonstruktion ließ sich
die Brücke bei heißem Sommerwetter nicht
öffnen, das sich die Teile bei Wärme ausdehnten.
Die Schiffer mussten sich bis in die kühleren
Abendstunden gedulden.
In den Jahren 1936-1938 errichtete die
Reichsbahn eine neue Stahlbogenbrücke über
die Oste. Die Bauausführung übernahm die
Firma Jucho aus Dortmund, die u.a. auch die
Rendsburger Hochbrücke und den Portalkran
der ehemaligen Sietas-Werft in Neuenfelde
errichtet hat. Die neue Querung wurde unter
vollständiger Beibehaltung des Eisenbahnverkehrs
nördlich der alten Drehbrücke erstellt.
Hierzu musste der Bahndamm auf beiden
Seiten der Oste verbreitert werden. Diese
Brücke sollte nur eine geringe Lebensdauer
vor sich haben. Am 3. Mai 1945, kurz vor dem
Eintreffen der englischen Besatzer, wurde sie
von den abziehenden deutschen Truppen gesprengt.
Doch schon am 31. Mai 1945 wurde
der Auftrag für den Wiederaufbau erteilt. Die
britische Besatzungsmacht ersetzte die Brücke
im gleichen Jahr durch eine eingleisige,
schnell montierbare Behelfsbrücke der britischen
Pioniertruppen. Sie soll angeblich im
Hamburger Hafen demontiert und auf dem
Wasserweg an die Oste transportiert worden
sein und leistet bis heute ihren Dienst. Die
Deutsche Bahn meint, ganz im Gegensatz zu
den Anwohnern und Nutzern der Strecke,
dass die Brücke, kompakt, wie sie gebaut ist –,
nur ab und zu ein Facelifting für die Stahlträger
und Betonpfeiler – noch weitere Generationen
überdauern könne und noch lange nicht
schrottreif sei. (Danke an den Heimat- und
Kulturverein Burweg e.V.) Joachim Tonn
Gesprengte Brücke.
Taucher Flint zieht Abstütz-
Pfähle vom Rückbau des
festen Stromüberbaus .
Dampflok überquert Brücke.
Die Eisenbahnbrücke von
1945 im Blick: Zeitreise
mit Thorsten Ratzke
(1. Vorsitzender Heimat- und
Kulturverein Burweg e.V.)