
22
„Ernas Welt“
für alle Zeiten
dokumentiert
Mit dem am 30. März
1933 in der örtlichen
Beilage des „Hamburger
Tageblatt“
(amtliches Gaublatt der NSDAP,
Hamburg) erscheinenden und von
Kreisleiter Morisse unterzeichneten
Aufruf „An die Bevölkerung
Cuxhavens und des Amtes Ritzebüttel“
war all das vorbei. „Keiner
kauft in einem jüdischen Geschäft!
Keiner kauft jüdische Waren!“ hieß
es da herausgehoben und in Fettdruck
– und Schlachter Bernhard
Rosenthal war einer der Cuxhavener
jüdischen Geschäftsleute, den
das betraf. Es war der Anfang vom
Ende, von einem furchtbaren Ende.
Für Bernhard Rosenthal war dieses
Ende Theresienstadt, wo er starb,
für seine Familie das Vernichtungslager
Auschwitz. Überleben sollte
einzig seine Tochter Erna, die 1933
in die Niederlande gegangen war,
das Durchgangslager Westerbork
überlebte und 2004 im Alter von
100 Jahren in Hilversum starb.
Diese Tochter, Erna Asch-Rosenthal,
ist Zentrum der Ausstellung
„Ernas Welt“, aber nicht nur
sie ist es. Denn das, was die vom
21. September bis zum 15. Oktober
im Schloss Ritzebüttel gezeigte,
von Dr. Frauke Dettmer kuratierte
Ausstellung aufblättert, ist viel,
viel mehr: Es ist das Schicksal der
gesamten Familie Rosenthal und ihr
Weg in die Vernichtung mit all seinen
menschenverachtenden Stationen.
„Ernas Welt“ umfasst zugleich
aber auch die Geschichte der Juden
in Cuxhaven, deren Verfolgung,
Emigration und oft schreckliches
Ende und wie Cuxhaven in späteren
Jahren mit der Erinnerung an
seine einstigen Mitbürgerinnen
und Mitbürger umgegangen ist.
In der Dokumentation zur Ausstellung „Ernas Welt“
gibt es ein Foto, das Erna Asch-Rosenthal in einer
Tischrunde zeigt – ein ganz normales Familienfoto,
wie man es in den 20er-Jahren des vorigen Jahr-
hunderts so hatte. Und es gibt eins, wo die junge Erna
stolz aus dem Auto ihres Vaters blickt. Das Auto zeugt
von einem gewissen bürgerlichen Wohlstand. Und so
war es auch. Denn schließlich war Ernas Vater,
Bernhard Rosenthal, Inhaber einer gut gehenden
Schlachterei in der Großen Hardewiek, die an die
Marine lieferte, an die Nordseefischerei, die Nordheim-
und die Görnestiftung und an viele Einzelkunden.
Das Cover der Dokumentation
zur Ausstellung „Ernas Welt“.
Erna vor dem Haus der Rosenthals Lagerstraße im KZ Westerbork, von den Gefangenen