Es grünt und blüht in Fahrendorf: Vorsitzender Thomas Romahn (rechts) und Fabian Baumann, Unterstützer der ersten Stunde bei der komplexen Gründung einer Cannabis-Anbauvereinigung nach den aktuellen rechtlichen Vorgaben. Foto: Thomas Schmidt
Es grünt und blüht in Fahrendorf: Vorsitzender Thomas Romahn (rechts) und Fabian Baumann, Unterstützer der ersten Stunde bei der komplexen Gründung einer Cannabis-Anbauvereinigung nach den aktuellen rechtlichen Vorgaben. Foto: Thomas Schmidt
Bald ist Erntezeit

Cannabis-Plantage im Elbe-Weser-Raum: Verein nimmt eine Vorreiterrolle ein

15.10.2025

In einem Pilotprojekt im ländlichen Raum setzt der Cantura Bravo Club auf den verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis und schafft Raum für medizinische Anwendungen und Genuss. Ein Modell mit Vorbildcharakter im Raum zwischen Elbe und Weser.

Von Thomas Schmidt

Wenn seit Wochen in Fahrendorf bayrisch gesprochen wird, hat das einen besonderen Grund. Denn in der kleinen Gnarrenburger Ortschaft im Kreis Rotenburg hat Thomas Romahn Großes vor: Den Betrieb einer Cannabis-Plantage mit dem Cantura Bravo Club. Doch der Reihe nach.

Bereits im Frühjahr 2025 hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Genehmigung für die Cantura Bravo Anbauvereinigung erteilt. Vorsitzender ist der aus der Gegend von München stammende Thomas Romahn. Der 36-Jährige sieht sich in Sachen Cannabis mit seinen Mitstreitern in der Vorreiterrolle im ländlichen Raum. Schließlich seien viele Clubs nach der Legalisierung des Anbaus unter strengsten gesetzlichen Auflagen bislang eher in großen Städten entstanden. "Während in vielen Städten bereits über Cannabisclubs diskutiert und berichtet wird, passiert im ländlichen Raum bisher kaum etwas. Genau das wollen wir ändern. Der Cantura Bravo Club versteht sich als Pilotprojekt für den verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis jenseits urbaner Zentren", sagt Romahn.

Umso erfreulicher sei es, dass die Kooperation mit der Bremervörder Bezirksstelle der Landwirtschaftskammer Niedersachsen so reibungslos und kooperativ gelaufen sei, berichtet Romahn. "Niedersachsen ist da besser aufgestellt als Bayern", freut er sich mit seinen Mitstreitern.

Denn in Bayern sei die Umsetzung des Cannabisgesetzes (CanG) von 2024 und des damit verbundenen Konsum-Cannabisgesetzes (KCanG) durchaus holprig, pflichtet ihm der ebenfalls aus dem Raum München kommende Fabian Baumann bei. "In Niedersachsen ist man da schon weiter", weiß der Unternehmer, der Thomas Romahn unterstützt und sich auch bundesweit als "Ermöglicher und Ideengeber" versteht, wenn es darum geht, Cannabis im Sinne des Gesetzgebers, also in geordneten Bahnen und verantwortungsvoll unter die Leute zu bringen. Baumann sieht sich in jeder Beziehung als Unterstützer des Cantura Bravo Projektes im Landkreis Rotenburg und hofft, dass es bundesweit mit weiteren Clubs zügiger vorangeht als bislang.

Ein Vorlauf von rund zwei Jahren

Die formale Gründung von Cantura Bravo als eingetragener Verein erfolgte bereits im August vergangenen Jahres. Doch wenn in Fahrendorf Ende nächsten Monats die erste Ernte eingefahren werden kann, blickt Vorsitzender Thomas Romahn auf einen stattlichen "Vorlauf von insgesamt zwei Jahren zurück". Er erinnert im Gespräch mit der Bremervörder Zeitung an die komplexe Vorgeschichte - mal abgesehen von den jahrzehntelangen Diskussionen um die Legalisierung in der Politik. Im Herzen des Elbe-Weser-Dreiecks betritt Romahn in der Tat Neuland - auf einem idyllischen Grundstück zwischen Bremervörde und Gnarrenburg, wo der Verein ein geeignetes Gebäude für eine insgesamt 250 Quadratmeter große Anlage mit einer Nettoblühfläche von rund 120 Quadratmetern vorfindet. Auch seitens des Vermieters habe man ideale Bedingungen vorgefunden, freut sich Romahn.

"Ideologiefreier Ansatz in Niedersachsen"

Zurzeit wird gerade eine Abgabestelle hergerichtet; ausgediente Seefracht-Container dienen als Gewächshaus. "Ausschließlich auf Bio-Erde mit super-guten Inhaltsstoffen", verspricht Romahn, der als gelernter Elektriker und "Tausendsassa", wie er augenzwinkernd über sich und seine handwerklichen und organisatorischen Fähigkeiten sagt, auch beim Umbau voller Tatendrang kräftig mitanpackt. Romahn und Baumann wissen den pragmatischen, "ideologiefreien Ansatz" in Niedersachsen zu schätzen. Niedersachsen sei bundesweit das einzige Bundesland, das so richtig verstanden habe, dass mit Projekten wie diesem hier auch Steuergelder, Arbeitsplätze, eine Belebung der Landwirtschaft in einer Welt des Höfesterbens verbunden seien - "und nicht ein zuletzt schrumpfender Schwarzmarkt", betont Baumann. Was im Gegensatz dazu zurzeit in Bayern laufe, grenze schon an Rechtsbeugung, kritisiert Baumann mit Blick auf die in seinen Augen höchst fragwürdige Blockadehaltung bei der Umsetzung eines Bundesgesetzes. "Da werden schon fast in Trumpscher Manier ideologische Kämpfe ausgefochten" - auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger, kritisiert Baumann. Schließlich sei auch die Mehrheit der Bayern für die Legalisierung. Und es gebe dort nicht weniger Konsumenten als andernorts.

Erfahrungen bei der medizinischen Verwendung

"Das ist schon problematisch für eine Demokratie, was da abgeht. Ganz zu schweigen von damit verbundenen juristischen Scharmützeln", mahnt Baumann, der seit Langem in großem Maßstab über Erfahrungen mit der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten verfügt. Von der Cannabis-Creme für Arthrosepatienten bis zu anderen heilsamen Anwendungen von Cannabis als Heilpflanze reiche sein Angebot. "Vor diesem Hintergrund fand ich immer die Stigmatisierung von Cannabis ungerecht im Vergleich zum Umgang mit Alkohol, der nie in dem Maße dämonisiert worden sei wie Cannabis mit seinen nachweisbar heilsamen Wirkungen", sagt Baumann. "Mich motiviert, den Menschen die heilende Wirkung dieser Pflanze zurückzubringen."

Das sieht Vorsitzender Romahn genauso: Sicherlich stehe auch das Thema Genuss auf der Tagesordnung bei den langsam, aber stetig wachsenden Mitgliedern des neuen Vereins: "Doch sind wohl rund 70 Prozent unserer Mitglieder Cannabis aus medizinischen Gründen bei uns", schätzt Romahn mit Blick auf Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden - von Ausgelaugtheit bis Stress und Schlafproblemen reiche da die Bandbreite. Und nicht immer ließen sich die Themen Genuss einerseits und heilende Wirkung andererseits trennscharf auseinanderhalten, räumt Romahn ein. Wichtig ist ihm vor allem eines: "Wir wollen einen bewussten, klugen Umgang mit Cannabis ermöglichen. Und hier mit diesem Club schaffen wir dafür den Rahmen!" Die Legalisierung dürfe kein rein großstädtisches Phänomen bleiben. "Auch Orte wie Gnarrenburg, Bremervörde und umzu sollten Teil dieser positiven gesellschaftlichen Entwicklung sein", heißt es bei Cantura Bravo e. V."Deshalb bieten wir: Aufklärung statt Kommerz, Gemeinschaft statt Gewinn, Sicherheit statt Schwarzmarkt, Gesundheit- und Jugendschutz!", betont Romahn.

190 Seiten starke Gesetzesgrundlage

Die bürokratischen Hürden waren allerdings immens, bis in Fahrendorf die ersten zarten Pflänzchen sprießen konnten. "Allein das Qualitätsmanagementsystem umfasst 300 Seiten. Und bevor der Club starten konnte, brauchte es ein Präventionsschutzkonzept, ein Jugendschutzkonzept, Sicherheitskonzept, Transportkonzept", zählt Baumann auf und die Finger einer Hand reichen bei den vielen Detailfragen nicht aus. Ein Suchtpräventionsbeauftragter dürfe natürlich auch nicht fehlen.

Auch wenn die 190 Seiten starke Gesetzesgrundlage teils widersprüchlich sei, wie Baumann und Romahn bedauern, gibt es dennoch klare Vorgaben: Die ließen allerdings selbst in ländlich geprägten Regionen nicht überall so einfach einhalten wie in Fahrendorf. So braucht es eine Bannmeile von 200 Metern rund um Schulen, Spielplätze und Krankenhäuser. Selbst ein kleiner privater Spielplatz in einer Wohnanlage könne ein Genehmigungsverfahren bereits torpedieren, erläutert Romahn die rechtlichen Vorgaben.

Klar geregelt und überall nachzulesen sind auch die Abgabemengen. Der Besitz von Cannabis ist für Erwachsene bis 25 Gramm in der Öffentlichkeit erlaubt, zu Hause bis 50 Gramm, Konsum in Gegenwart von Personen unter 18 ist verboten. "Die Gebühr für eine Vereinsmitgliedschaft bei Cantura Bravo beträgt 50 Euro im Monat. Hinzu kommt noch eine Staffelpauschale, die sich nach der jeweiligen Abnahmemenge richtet", erläutert Romahn. Ohne Mitgliedschaft in einer Art Abo-Modell sei auch keine Abgabe von Cannabis zulässig.

Eine Vorgabe hat sich der gemeinnützige Verein indes selbst auferlegt: Eine Mitgliedschaft bei Cantura Bravo ist erst ab 25 Jahren möglich. Auch wenn dem Verein dadurch potenzielle Mitglieder im Alter von 18 bis 25 verloren gehen, will der Vorstand damit unter Berufung auf diverse Studien zur Persönlichkeitsentwicklung ein Zeichen setzen.

Infos zum Verein:

Wer sich für den Verein Cantura Bravo oder das Thema Cannabis interessiert, dem stehen diese Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung: E-Mail: kontakt@cantura-bravo.de / Whats-App: 0157-57110149. Telefon: 0176-31393534.

Sicherheit wird großgeschrieben: 24/7 wird die Anlage in Fahrendorf videoüberwacht. Foto: Thomas Schmidt
Thomas Romahn gehört zu den Gründern der Anbauvereinigung Cantura Bravo. Foto: Cantura Bravo

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

(1 Stern: Nicht gut | 5 Sterne: Sehr gut)

Feedback senden

CNV-Nachrichten-Newsletter

Hier können Sie sich für unseren CNV-Newsletter mit den aktuellen und wichtigsten Nachrichten aus der Stadt und dem Landkreis Cuxhaven anmelden.

Die wichtigsten Meldungen aktuell


Lesen Sie auch...
Bauvoranfragen beantwortet

Riesige Batteriespeicher-Projekte unweit der Bundesstraße 495 geplant

Nahe des Alfstedter Umspannwerks könnten bald gigantische Batteriespeicher entstehen. Bereits jetzt haben mehrere Investoren Interesse bekundet und erste Bauvoranfragen wurden schon positiv beschieden.

Herbstferien in Niedersachsen

Herbstferien 2025: Familientaugliche Tipps für Cuxhaven und umzu - bei jedem Wetter

von Redaktion

Die Herbstferien 2025 haben in Niedersachsen begonnen. Egal, ob Urlauber oder Einheimische: Um die Freizeit mit Aktivitäten zu füllen, hat die Region um Cuxhaven, Otterndorf, Wingst und Hemmoor jede Menge zu bieten. 13 Tipps für jedes Wetter.

Raus aus der Innenstadt

Erinnerungen zum Umzug gesucht: Was verbinden Sie mit den Cuxhavener Nachrichten?

Nachdem der Kaemmererplatz in der Innenstadt von Cuxhaven die Heimat für die Cuxhaven-Niederelbe Verlagsgesellschaft mit den Cuxhavener Nachrichten gewesen ist, geht es bald in ein neues Gebäude. Leserinnen und Leser dürfen zurückblicken.