Großkontrolle hinter dem Wesertunnel: Eine Polizeibeamtin hält einen Autofahrer an. Foto: Iven
Großkontrolle hinter dem Wesertunnel: Eine Polizeibeamtin hält einen Autofahrer an. Foto: Iven
Polizei

Großkontrolle der Polizei am Wesertunnel: Kartoffel-Verstoß ist nur zweitrangig

14.10.2024

Am Wesertunnel hat die Polizei Cuxhaven bei einer Großkontrolle Verkehrsteilnehmer ins Visier genommen. Insgesamt gut 1100 Fahrzeuge passierten die Kontrollstelle, kontrolliert wurden 300 Fahrzeuge und deren Fahrer. Denn es gab einen klaren Fokus.

Freitagabend auf der B437: Kurz nach dem Wesertunnel in Richtung Autobahn 27 erhellt Blaulicht die dunkle Fahrbahn. Eine Polizeibeamtin zeigt mit einer Kelle auf einzelne vorbeifahrende Fahrzeuge und dirigiert sie auf einen angrenzenden Parkplatz, der im Flutlicht von THW-Scheinwerfern hell erleuchtet ist.

Welche Fahrzeuge stoppt die Polizei bei der Kontrolle?

Mehr als 40 Beamte von Polizei und Zoll nehmen die Fahrer in Empfang. Die Großkontrolle der Polizei fällt ziemlich groß aus. Allein dieses Aufgebot sollte dafür sorgen, dass die Fahrer kooperieren.

Der Zoll hat im Grenzgebiet zum Hafen weitreichende Befugnisse und kann Fahrzeuge verdachtsunabhängig durchsuchen. Im Gegensatz zu den meisten Polizeibeamten möchten die Zöllner auf Fotos unkenntlich gemacht werden. Foto: Jan Iven

"Guten Abend. Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte", beginnen die Beamten das Gespräch freundlich. Zahlreiche Fahrer werden gebeten, auszusteigen. Die Polizisten fragen: "Hatten Sie schon mal Kontakt mit Drogen?" Freundlich, aber bestimmt.

Die Kollegen vom Zoll kündigen an, den Kofferraum zu durchsuchen. Im Grenzgebiet zum Hafen hat der Zoll weitreichendere Befugnisse als die Polizei und kann verdachtsunabhängig durchsuchen.

Große Verkehrsachsen kommen im Kreis Cuxhaven zusammen

Warum findet die Kontrolle statt? "Im Cuxland kommen zwei große Verkehrsachsen zusammen", sagt Stephan Hertz, Pressesprecher der Polizeiinspektion Cuxhaven. Zum einen die A27 von Bremerhaven nach Bremen und von dort weiter in den Süden oder nach Hamburg. Zum anderen die B437 aus den Niederlanden.

Viele Pendler und Reisende sind hier unterwegs, aber auch manche Kriminelle. Die Niederlande gelten immer noch als Einfallstor für Drogen. 

Ganz schön tief: Dieses Fahrzeug wurde getunt, stellt aber noch keine Gefährdung für den Straßenverkehr dar. Foto: Jan Iven

"Es geht uns auch um die Verkehrssicherheit", sagt der Polizeisprecher. Lichter, Führerscheine und sogar Motoren werden kontrolliert. Wurden getunte Teile genehmigt? Haben die Fahrer Alkohol oder Drogen konsumiert?

Während die Fahrzeuge durchsucht werden, stehen viele Fahrer relativ ungerührt daneben. Manche sind nur mit einem T-Shirt bekleidet und lassen sich vom Beifahrer eine Jacke reichen. Ein gewisses Beuteschema der Polizei wird deutlich: Es sind vorwiegend große, sportliche Fahrzeuge mit viel PS, die an diesem Abend kontrolliert werden.

In den Wagen sitzen meist junge Männer. Öffentlich wird es niemand so direkt sagen, aber die Polizei kennt ihre Pappenheimer. Bei jungen Pärchen oder einer jungen Frau mit einer älteren Beifahrerin im Kleinwagen verläuft die Kontrolle sehr viel schneller.

Eine andere Gruppe sind Transporter und Baustellenfahrzeuge mit Bauarbeitern, viele aus Osteuropa oder arabischen Ländern, die nach dem Feierabend auf dem Weg zu ihren Unterkünften sind.

Aus Sicherheitsgründen wird die Großkontrolle am Wesertunnel von zwei Einsatzleitern überwacht. Foto: Jan Iven

Die Beamten aus Schiffdorf, Geestland und Nordenham treten freundlich auf, die Stimmung ist fast schon gelöst, wenn auch professionell. Mehr Deeskalation als Abschreckung. Die Fahrer sind aufgrund der großangelegten Kontrolle vermutlich schon nervös genug.

Manch junger Fahrer wird von den ebenfalls jungen Beamten - und vielen Beamtinnen - schon mal geduzt, wenn es der Gesprächsverlauf hergibt und etwa getunte Autoteile kontrolliert werden. Der eine oder andere Polizist hat früher selbst an seinem Wagen geschraubt und kennt sich aus.

Dennoch sind an diesem Abend gleich zwei Einsatzleiter vor Ort, um die Kontrolle zu überwachen. Auch wenn die Beamten nicht mit Problemen rechnen, lässt sich das nie völlig ausschließen.

Im Vorjahr durchbrach ein Fahrzeug die Absperrung

Bei der Kontrolle im vergangenen Jahr raste ein Autofahrer plötzlich durch eine Absperrung. Der Wagen landete später im Graben, der Fahrer flüchtete zu Fuß. Da das Fahrzeug nicht mehr angemeldet war, dauerte es eine Weile, bis die Polizei den Mann dingfest machen konnte.

An diesem Abend weisen sich die Beamten gegenseitig auf den einen oder anderen kuriosen Fund hin. Ein Führerschein ist etwa so schlecht gefälscht, dass die Polizisten ihn schon am Klang erkennen - beim Fallenlassen auf einem Schreibtisch in der mobilen Wache in einem Container.

Der Mann darf nicht weiterfahren. Allerdings verfügt sein Beifahrer über einen echten und gültigen Führerschein. Unklar, warum er nicht von vornherein am Steuer saß.

Die Polizei baut für die Kontrolle auf der B437 eine mobile Wache auf. Foto: Polizei

Digitaler Führerschein aus Deutschlands Nachbarland

Und: Manche Polen haben keinen physischen Führerschein dabei, sondern eine entsprechende App auf ihrem Handy. Anhand des Ausweises kann die Polizei die Gültigkeit überprüfen. In Deutschland gibt es bisher nur Pilotprojekte mit einem solchen digitalen Führerschein.

Ein anderer Fahrer hat eine illegale Blitzer-App auf seinem Handy noch während der Kontrolle offen eingeschaltet. Eine Ordnungswidrigkeit, für die ein Bußgeld von 75 Euro fällig wird. Vielleicht stimmt es sogar, dass er nichts davon wusste. Sonst wäre er womöglich nicht so arglos gewesen.

Ein Autofahrer hat einen alten Holzanhänger mit Kartoffeln dabei. Zugelassen ist er für 400 Kilogramm. Beladen ist er nach Polizeiangaben mit 700 Kilogramm - eine Verkehrsordnungswidrigkeit.

Zu viele Kartoffeln an Bord? Zugelassen ist der Anhänger für 400 Kilogramm. Foto: Jan Iven

Polizei erfasst erstmals Fahrten unter dem Einfluss von Cannabis

Doch das Hauptaugenmerk liegt nicht auf Kartoffeln oder Grillhähnchen. Gesucht wird vielmehr nach Drogen oder Fahrern unter Drogeneinfluss. "Nach der Teillegalisierung von Cannabis unterscheiden wir nun erstmals in der Statistik", sagt Hertz.

Früher wurde nur nach Alkohol- und Drogenfahrten differenziert. Nun werden Fahrten unter dem Einfluss von Haschisch extra ausgewiesen. Wobei der neue Grenzwert bei 3,5 Nanogramm THC-Wirkstoff je Milliliter Blut liegt.

Da Cannabis unterschiedlich wirken kann, sind die Werte umstritten. "Besser ist es, vor der Fahrt überhaupt keinen Alkohol oder Drogen zu sich zu nehmen", sagt der Polizeisprecher.

Polizei Cuxhaven befürchtet Fahrten unter Drogeneinfluss

Die Polizei im Cuxland hat sich bereits ungewöhnlich deutlich positioniert und lehnt die Teillegalisierung strikt ab. Die Beamten treibt die Sorge um, dass im Schatten des legalen Konsums der illegale Handel und Fahrten unter Drogeneinfluss stark zunehmen könnten. Die Erfassung der Cannabis-Fahrten ermöglicht in Zukunft zumindest eine Überprüfung dieser These.

Tatsächlich wird die Polizei fündig. Von den 300 kontrollierten Autofahrern haben drei Cannabis zu sich genommen. In zwei Fällen wurde zusätzlich Amphetamin, also Speed, konsumiert. Vor Ort können die Beamten freiwillige Vortests durchführen. Doch ein Fahrer ist dermaßen zugedröhnt, dass er in ein Krankenhaus gebracht werden muss.

Weitere Bilanz: In zwei Fällen werden geringe Mengen an Amphetaminen und Cannabis sichergestellt. Fünf Fahrer werden ohne gültigen Führerschein erwischt, darunter eine Totalfälschung, was zu einem Strafverfahren wegen Urkundenfälschung führt. In einem Fall entdeckt die Polizei einen versuchten Fahrerwechsel. Gegen einen Mann liegt ein Haftbefehl vor, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hat. Das holt er vor Ort nach und darf weiterfahren.

Außerdem finden die Beamten ein verbotenes Messer, ein illegales Pfefferspray sowie unversteuerte Zigaretten. Zwei Fahrzeuge sind ohne Zulassung auf der Straße.

Wie bewertet die Polizei die Kontrollen am Wesertunnel?

Wegen der Kontrolle am Freitagabend wurde die Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 40 gesenkt. Von den rund 1100 vorbeifahrenden gemessenen Fahrzeugen fahren 51 zu schnell.

Die Polizei ist mit dem Verlauf der Kontrolle zufrieden. Die Einsatzleiter Mathias Heiling und Marius Masia vom Polizeikommissariat Schiffdorf teilen am nächsten Tag mit: "Wir sind darüber erfreut, dass nahezu alle Verkehrsteilnehmer sich bei den Kontrollen absolut kooperativ verhalten haben und alles nahezu störungsfrei ablief." Gleichzeitig heißt es aber auch: "Die Anzahl und die Art der Verstöße zeigt, dass diese Kontrollen stetig durchgeführt werden müssen, um eine Verbesserung der Verkehrssicherheit und damit verbunden eine Reduzierung von Verkehrsunfallzahlen herbeizuführen." Deshalb sollen weitere Kontrollen folgen.

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