
Ein Monat nach Familiendrama in Hechthausen: Warum so wenig über die Tat bekannt ist
Was ist am 7. Juni in der Wohnung mitten in Hechthausen passiert? Das will die Staatsanwaltschaft klären. Bei einem Familiendrama gab es drei Verletzte durch Messerstiche. Eine 29-Jährige schwebte zwischenzeitlich in akuter Lebensgefahr.
Vor rund einem Monat sorgte ein Familiendrama mitten in Hechthausen für Fassungslosigkeit: Ein 34-Jähriger soll seiner 29-jährigen Partnerin mit einem Messer lebensbedrohliche Verletzungen zugefügt haben. Verletzt wurde auch die gemeinsame Tochter (14). Unverletzt blieben ihre drei Geschwister. Die Staatsanwaltschaft prüft die näheren Umstände des Falls. Mit einer Anklageerhebung rechnet sie frühestens Ende August oder Anfang September.
Der folgenschwere Vorfall, der bei der Polizei in die Kategorie "Häusliche Gewalt" eingestuft wird, hatte für reichlich Aufsehen in der kleinen Oste-Gemeinde gesorgt. Die Wohnung, in der sich die Auseinandersetzung abspielte, befindet sich direkt am Marktplatz und damit auch in der Nähe von Lokalen. Als Polizei, Notarzt und Notfallsanitäter eintrafen, verfolgten Dutzende Neugierige das Geschehen. Die Polizei sprach von einer "erheblichen Außenwirkung".
Einsatz in Hechthausen: Gaffer am Marktplatz und am Sportplatz
Während die Gaffer noch am Marktplatz herumstanden, war bereits ein Rettungshubschrauber in Richtung Hechthausen unterwegs, um die lebensgefährlich verletzte 29-Jährige in ein Krankenhaus zu einer Notoperation zu bringen. Er landete auf dem Sportplatz, wo ebenfalls zahlreiche Neugierige warteten.

Um die 14 Jahre alte Tochter, die leichte Verletzungen erlitt, sowie ihre drei Geschwister kümmerte sich anschließend das Jugendamt. Der mutmaßliche Messerstecher wurde festgenommen und landete in der Untersuchungshaft.
Nach Messer-Attacke in Hechthausen: Mutmaßlicher Täter in Untersuchungshaft
Juristisch aufgearbeitet ist der Fall vom 7. Juni noch nicht. Die Polizei hat ihre Arbeit zu diesem Fall der "Häuslichen Gewalt" weitgehend abgeschlossen und äußerte sich auf Nachfrage unserer Redaktion auch nicht zu weiteren Details, sondern verwies an die Staatsanwaltschaft Stade. Der zuständige Pressesprecher Kai Thomas Breas erklärte auf Anfrage unserer Redaktion lediglich: "Die Ermittlungen dauern an." Er gehe davon aus, dass frühestens Ende August / Anfang September klar sei, in welcher Form und ob Anklage gegen den 34-Jährigen erhoben werde. Die Hintergründe und Details des Geschehens bleiben daher vorerst für Außenstehende Verschlusssache.

Immer wieder fällt in Gesprächen über das Geschehen vom 7. Juni die Bezeichnung "Häusliche Gewalt". Im Gegensatz zu dem Fall in Hechthausen, wo die Öffentlichkeit durch die Vielzahl von Einsatzkräften und -fahrzeugen mitten im Ort auf die Gewalttätigkeiten im häuslichen Umfeld aufmerksam wurde, spielen sich viele Tragödien im Verborgenen ab.
Deutlicher Anstieg bei Zahl der Fälle
Und die Ermittlungsbehörden schlagen Alarm. So ist die Zahl der gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt im vergangenen Jahr erneut deutlich gestiegen. 2023 sind nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) 256.276 Opfer von häuslicher Gewalt erfasst worden (6,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor). "Nahezu ein Viertel aller in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Fälle von Gewalt sind Fälle häuslicher Gewalt", sagt die BKA-Vizepräsidentin Link. Bei zwei Dritteln der gemeldeten Fälle handelt es sich um sogenannte "Partnerschaftsgewalt". Überwiegend betroffen seien Frauen mit einem Anteil von mehr als 70 Prozent. Hinzu komme der Bereich der sogenannten "innerfamiliären Gewalt gegen Kinder, Eltern oder sonstige Angehörige". Über die Hälfte der Opfer seien unter 14 oder über 60 Jahre alt gewesen.
Viele Fälle bleiben im Verborgenen
Die Zahlen von polizeilich registrierter häuslicher Gewalt sind in den vergangenen Jahren nahezu kontinuierlich angestiegen; in den letzten fünf Jahren um 19,5 Prozent. Trotz steigender Tendenz werden jedoch noch immer viele Taten - etwa aus Angst oder Scham - nicht der Polizei gemeldet. Deshalb sei mit einem erheblich größeren Dunkelfeld zu rechnen, sagt BKA-Vizepräsidentin Link. Und daher führe das BKA gemeinsam mit der Bundesregierung eine groß angelegte Studie zur "Aufdeckung des Dunkelfelds" durch.