An der Grundschule in Althemmoor laufen die Vorbereitungen für die Organisation eines Ganztagsschulbetriebes. An den anderen drei Grundschulen in der Samtgemeinde Hemmoor hat man bereits Erfahrungen gesammelt. Foto: Schröder
An der Grundschule in Althemmoor laufen die Vorbereitungen für die Organisation eines Ganztagsschulbetriebes. An den anderen drei Grundschulen in der Samtgemeinde Hemmoor hat man bereits Erfahrungen gesammelt. Foto: Schröder
Ganztagsschulbetrieb

Und noch ein "Rechtsanspruch": Kraftakt für Kommunen im Kreis Cuxhaven

von Egbert Schröder | 29.07.2025

Zahlreichen niedersächsischen Kommunen steht ein Kraftakt bevor: Ab 2026 müssen sie einen Ganztagsschulbetrieb einführen - zunächst für die Erstklässler, ab 2029 dann für alle Grundschüler der Klassenstufen 1 bis 4. Das sorgt für Probleme.

Grundschule, Kitas und Feuerwehr - alles Pflichtaufgaben, die die Kommunen schultern müssen und versuchen, die Investitionen und den laufenden Betrieb auf die Reihe zu bekommen. Freiräume gibt es dabei kaum, denn der Gesetzgeber hat ganz bestimmte Vorstellungen, zu deren Umsetzung die Städte und Gemeinden verpflichtet sind.

Großes Maßnahmenpaket geschnürt

Die Einführung der Ganztagsgrundschule reiht sich in die Kette der Pflichtaufgaben nahtlos ein und gilt als eines der größten Maßnahmenpakete, die für die Kommunen geschnürt worden sind. Es ist eine schleichende, aber kalkulierte Veränderung des gesamten Schulbetriebs. In einem ersten Schritt gilt der Rechtsanspruch, den die Eltern für ihre Kinder einfordern können, für die Erstklässler. In Jahresschritten kommen dann auch die anderen Klassenstufen hinzu.

Wie das an der Basis geleistet werden soll, ist nicht absehbar. Doch ein Zurück gibt es nicht mehr. Zwar haben Bund und Land angekündigt, den Kommunen finanziell unter die Arme zu greifen. Doch um welche Summen es sich insgesamt handelt, kann niemand seriös beantworten. Das beginnt bei den Kosten für den Bau notwendiger Gebäudeteile an den Schulen (unter anderem für Mensen) und endet bei der Bezahlung des zusätzlichen Personals. Die Befürchtung in vielen Rathäusern: Land und Bund schieben das Projekt zwar aufs Gleis, ziehen sich danach aber stillschweigend aus der praktischen Umsetzung und der damit verbundenen Finanzierung des Ganztagsschulbetriebes zurück. Die Masche kennen Kreis und Kommunen bereits unter anderem bei dem Betrieb von Kindertagesstätten.

Zwischen Theorie und Praxis

Während im niedersächsischen Kultusministerium davon die Rede ist, dass durch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung "ein wichtiger Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit und einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf" gegangen werde, stehen die Leiterinnen und Leiter der Grundschulen vor ganz praktischen Problemen: Wie sollen und können sie die gesetzlichen Vorgaben in der Praxis erfüllen? Die Ressourcen für zusätzliches Personal sind begrenzt und Kooperationen mit Vereinen und Institutionen müssen erst einmal verlässlich auf- und ausgebaut werden.

In der Samtgemeinde Hemmoor hat man an drei der vier Grundschulen bereits erste Erfahrungen gesammelt. In Hechthausen und Osten sowie im Hemmoorer Stadtteil Basbeck sind die Grundschulen schon auf den Ganztagsbetrieb umgestellt worden. Die Vorbereitungen an der vierten Grundschule in Althemmoor laufen. Koordiniert wird das Projekt von einem Planungsbüro, das nach Angaben von Samtgemeindebürgermeister Jan Tiedemann zwar gute Arbeit leistet. Doch dass zum Schuljahreswechsel 2026/2027 dort alles bereits startklar ist, glaubt er nicht: "Wir werden auch mit Provisorien leben müssen."

Das betrifft unter anderem den baulichen Bereich. So wird nicht nur der Bau einer Mensa erforderlich, sondern auch zusätzliche Räumlichkeiten (Bewegungs- und Unterrichtsraum) sowie ein neues Lehrerzimmer sind notwendig. In einer Übergangsphase werde die Aula zur Mensa umfunktioniert - nur eines der angedeuteten Provisorien.

Koordinator soll an Schulen helfen

Die stellvertretende Verwaltungschefin Karina Kramer ist froh, dass ein Koordinator dabei helfen soll, ein Netzwerk zwischen den Schulen aufzubauen und sich insbesondere bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Ganztagsschulbetriebs einbringt. 

Samtgemeindebürgermeister Jan Tiedemann sieht zwar noch einige Hürden, um auch die letzte der vier Grundschulen für den Ganztagsbetrieb zukunftssicher aufzustellen. Froh sind er und seine Stellvertreterin aber, dass man in Hemmoor bereits frühzeitig die Weichen im Grundschulbereich gestellt habe: "Dadurch fällt uns die Umstellung sicherlich leichter als anderen Kommunen."

Ab dem neuen Schuljahr sind die niedersächsischen Grundschulen verpflichtet, eine Ganztagsbetreuung anzubieten. Die Einführung erfolgt schrittweise; zunächst müssen die Kommunen ein solches Angebot für Erstklässler garantieren. Foto: Uwe Anspach / dpa

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

(1 Stern: Nicht gut | 5 Sterne: Sehr gut)

Feedback senden

CNV-Nachrichten-Newsletter

Hier können Sie sich für unseren CNV-Newsletter mit den aktuellen und wichtigsten Nachrichten aus der Stadt und dem Landkreis Cuxhaven anmelden.

Die wichtigsten Meldungen aktuell


Bild von Egbert Schröder
Egbert Schröder

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

eschroeder@no-spamcuxonline.de

Lesen Sie auch...
Taucher nach Gelsenkirchen geflogen

Notfall am Kreidesee in Hemmoor: Zwei Rettungshubschrauber im Einsatz

Am Kreidesee in Hemmoor mussten am Abend gleich zwei Rettungshubschrauber angefordert werden. Zwei Taucher aus dem Ausland benötigten sofortige medizinische Versorgung und wurden in eine Druckkammer geflogen.

Samtgemeinde setzt Rotstift an

Ganztagsschule? Kritik von Eltern und Lehrern an Konzept in Hemmoor

Eltern haben ein Recht darauf, dass ab 2026 ihre Erstklässler ganztags betreut werden - bis 2029 gilt dieses Prinzip für die gesamte Grundschule. Wie schwierig die Umsetzung ist, zeigt sich aktuell in Hemmoor.

Amtsgericht Otterndorf

Hemmoorerin vor Gericht in Otterndorf: Drogenkonsum und gefährliche Körperverletzung

von Tim Larschow

Kürzlich musste sich eine junge Frau aus Hemmoor vor dem Amtsgericht Otterndorf wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verantworten. Die Angeklagte war in der Vergangenheit bereits durch starken Alkohol- und Drogenkonsum aufgefallen.

Schwere Verletzungen

Unfall in Hemmoor: Motorradfahrer verliert Kontrolle - Polizei prüft Alkoholeinfluss

Ein schwerer Motorradunfall hat in den frühen Morgenstunden des Sonnabends die Einsatzkräfte in Hemmoor gefordert. Ein 27-jähriger Fahrer aus der Wingst verlor auf der K21 die Kontrolle über seine Maschine.