
Und noch ein "Rechtsanspruch": Kraftakt für Kommunen im Kreis Cuxhaven
Zahlreichen niedersächsischen Kommunen steht ein Kraftakt bevor: Ab 2026 müssen sie einen Ganztagsschulbetrieb einführen - zunächst für die Erstklässler, ab 2029 dann für alle Grundschüler der Klassenstufen 1 bis 4. Das sorgt für Probleme.
Grundschule, Kitas und Feuerwehr - alles Pflichtaufgaben, die die Kommunen schultern müssen und versuchen, die Investitionen und den laufenden Betrieb auf die Reihe zu bekommen. Freiräume gibt es dabei kaum, denn der Gesetzgeber hat ganz bestimmte Vorstellungen, zu deren Umsetzung die Städte und Gemeinden verpflichtet sind.
Großes Maßnahmenpaket geschnürt
Die Einführung der Ganztagsgrundschule reiht sich in die Kette der Pflichtaufgaben nahtlos ein und gilt als eines der größten Maßnahmenpakete, die für die Kommunen geschnürt worden sind. Es ist eine schleichende, aber kalkulierte Veränderung des gesamten Schulbetriebs. In einem ersten Schritt gilt der Rechtsanspruch, den die Eltern für ihre Kinder einfordern können, für die Erstklässler. In Jahresschritten kommen dann auch die anderen Klassenstufen hinzu.
Wie das an der Basis geleistet werden soll, ist nicht absehbar. Doch ein Zurück gibt es nicht mehr. Zwar haben Bund und Land angekündigt, den Kommunen finanziell unter die Arme zu greifen. Doch um welche Summen es sich insgesamt handelt, kann niemand seriös beantworten. Das beginnt bei den Kosten für den Bau notwendiger Gebäudeteile an den Schulen (unter anderem für Mensen) und endet bei der Bezahlung des zusätzlichen Personals. Die Befürchtung in vielen Rathäusern: Land und Bund schieben das Projekt zwar aufs Gleis, ziehen sich danach aber stillschweigend aus der praktischen Umsetzung und der damit verbundenen Finanzierung des Ganztagsschulbetriebes zurück. Die Masche kennen Kreis und Kommunen bereits unter anderem bei dem Betrieb von Kindertagesstätten.
Zwischen Theorie und Praxis
Während im niedersächsischen Kultusministerium davon die Rede ist, dass durch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung "ein wichtiger Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit und einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf" gegangen werde, stehen die Leiterinnen und Leiter der Grundschulen vor ganz praktischen Problemen: Wie sollen und können sie die gesetzlichen Vorgaben in der Praxis erfüllen? Die Ressourcen für zusätzliches Personal sind begrenzt und Kooperationen mit Vereinen und Institutionen müssen erst einmal verlässlich auf- und ausgebaut werden.
In der Samtgemeinde Hemmoor hat man an drei der vier Grundschulen bereits erste Erfahrungen gesammelt. In Hechthausen und Osten sowie im Hemmoorer Stadtteil Basbeck sind die Grundschulen schon auf den Ganztagsbetrieb umgestellt worden. Die Vorbereitungen an der vierten Grundschule in Althemmoor laufen. Koordiniert wird das Projekt von einem Planungsbüro, das nach Angaben von Samtgemeindebürgermeister Jan Tiedemann zwar gute Arbeit leistet. Doch dass zum Schuljahreswechsel 2026/2027 dort alles bereits startklar ist, glaubt er nicht: "Wir werden auch mit Provisorien leben müssen."
Das betrifft unter anderem den baulichen Bereich. So wird nicht nur der Bau einer Mensa erforderlich, sondern auch zusätzliche Räumlichkeiten (Bewegungs- und Unterrichtsraum) sowie ein neues Lehrerzimmer sind notwendig. In einer Übergangsphase werde die Aula zur Mensa umfunktioniert - nur eines der angedeuteten Provisorien.
Koordinator soll an Schulen helfen
Die stellvertretende Verwaltungschefin Karina Kramer ist froh, dass ein Koordinator dabei helfen soll, ein Netzwerk zwischen den Schulen aufzubauen und sich insbesondere bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Ganztagsschulbetriebs einbringt.
Samtgemeindebürgermeister Jan Tiedemann sieht zwar noch einige Hürden, um auch die letzte der vier Grundschulen für den Ganztagsbetrieb zukunftssicher aufzustellen. Froh sind er und seine Stellvertreterin aber, dass man in Hemmoor bereits frühzeitig die Weichen im Grundschulbereich gestellt habe: "Dadurch fällt uns die Umstellung sicherlich leichter als anderen Kommunen."
