Frauen, die eine vertrauliche Geburt wünschen, müssen sich bei einer Beratungsstelle melden und werden von geschulten Fachkräften begleitet. Foto: Schuldt/dpa
Frauen, die eine vertrauliche Geburt wünschen, müssen sich bei einer Beratungsstelle melden und werden von geschulten Fachkräften begleitet. Foto: Schuldt/dpa
Inkognito, aber gut versorgt

Die vertrauliche Geburt im Kreis Cuxhaven: Die legale Alternative zur Babyklappe

von Denice May | 11.04.2025

Keine schwangere Frau muss in Deutschland ihr Kind alleine und heimlich zur Welt bringen. Während und nach der Schwangerschaft stehen Beratungsstellen zur Seite - für Frauen anonym und beschützt. Auch im Kreis Cuxhaven gibt es ein Angebot.

Von außen scheint alles in Ordnung - doch hinter verschlossenen Türen sieht die Realität oft anders aus. Manche Frauen erleben ihre Schwangerschaft nicht als freudiges Ereignis, sondern als existenzielle Krise. Gewalt, familiärer Druck, wirtschaftliche Not oder psychische Belastung führen dazu, dass sie das werdende Leben sogar vor dem engsten Umfeld verheimlichen. Für diese Frauen gibt es einen sicheren, anonymen Ausweg - mit medizinischer und menschlicher Begleitung.

25 Jahre Babyklappe - es gibt Alternativen

Als Erstes verbindet man mit einer anonymen Abgabe eines Säuglings die Babyklappe. Die Erste wurde am 8. April 2000 in Hamburg-Altona eingerichtet. Sie gilt als Symbol für die stille Not von Müttern, die keinen Ausweg sahen. Inzwischen hat sich die gesellschaftliche und rechtliche Situation weiterentwickelt. Seit dem 1. Mai 2014 gibt es in Deutschland die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt.

Im Landkreis Cuxhaven gibt es keine Babyklappe. Dafür aber die Möglichkeit, ein Kind sicher und medizinisch begleitet unter Wahrung der Anonymität zur Welt zu bringen. Die sogenannte vertrauliche Geburt ist eine legale, anerkannte Alternative zur anonymen Geburt und hilft dabei, Kindstötungen und Aussetzungen zu verhindern.

Was bedeutet vertrauliche Geburt?

Frauen, die sich für diesen Weg entscheiden, werden durch eine speziell geschulte Beraterin begleitet. Sie ist an die gesetzliche Schweigepflicht gebunden - weder Angehörige noch Behörden noch medizinisches Personal erhalten Kenntnis von der Identität der Mutter. Die Schwangere wählt ein Pseudonym, unter dem alle Untersuchungen und auch die Geburt durchgeführt werden. Ihre echten Personalien werden im Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben versiegelt aufbewahrt.

Die Anonymität bleibt mindestens 16 Jahre lang gewahrt. Erst danach kann das Kind - wenn es das möchte - Einsicht in die Herkunft nehmen. Ein Recht, das ihm laut Grundgesetz zusteht. Sollte für die Mutter selbst dann noch Gefahr durch die Offenlegung ihrer Identität bestehen, kann sie rechtzeitig vor dem 16. Geburtstag des Kindes Widerspruch einlegen.

Hilfe in der Region

Im Kreis Cuxhaven stehen Frauen in Not verschiedene Anlaufstellen zur Verfügung. Dazu gehören unter anderem die Beratungsstelle Pro Familia, der Verein "Rundherum" sowie die Diakonie Cuxland in Cuxhaven und Cadenberge. Dort arbeiten ausgebildete Fachkräfte, die diskret beraten und auf Wunsch den gesamten Prozess begleiten - von der Schwangerschaft bis nach der Geburt.

"Sie sind nicht allein", lautet die zentrale Botschaft. Auch nach der Geburt steht die Beraterin weiter unterstützend zur Seite. Die gesetzliche Vormundschaft für das Neugeborene übernimmt zunächst das Jugendamt. Bis zur Adoption - in der Regel etwa ein Jahr - haben die Mütter zudem die Möglichkeit, sich doch noch für ein Leben mit dem Kind zu entscheiden. Ein Name für das Kind darf selbst gewählt werden, alle offiziellen Dokumente werden unter dem Pseudonym ausgestellt.

Für Frauen in akuter Notlage ist das Hilfetelefon "Schwangere in Not" unter 0800 40 40 020 rund um die Uhr in 19 Sprachen erreichbar. Von dort erfolgt die anonyme Weitervermittlung an eine Beratungsstelle. Die muss übrigens nicht wohnortnah sein. Ebenso wenig wie die Klinik, in der die Frau entbindet.

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Denice May

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

dmay@no-spamcuxonline.de

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