
Beißattacke auf Schafe in Otterndorf: Husky gilt als "gefährlich" - Halter wehrt sich
Ist Aput ein brutaler Hund? Weil der Siberian Husky im Oktober 2024 eine Schafherde angegriffen hat, stufte der Landkreis ihn als "gefährlich" ein. Was den Fall besonders macht: Die Frau des Schäfers rückt in den Fokus des Hundehalters.
Es ist ein Mittwochmorgen im Oktober 2024, kurz nach elf. Reza Mohammadi spaziert mit seinen beiden Hunden Etu und Aput durchs Otterndorfer Watt. Plötzlich erblicken die Siberian Huskys einen Möwenschwarm. Die Hunde reißen sich von ihren Leinen los und stürmen in Richtung Deich auf die Vögel zu. Doch die Möwen sind irgendwann nicht mehr interessant. Die beiden Hundebrüder entdecken die am Deich weidenden Schafe, überwinden den Zaun und lassen ihrem Jagdtrieb freien Lauf.
Was dann passiert ist, darüber gehen die Aussagen auseinander. Aput, der jüngere der beiden Hundebrüder, verletzt ein Schaf so schwer, dass es später stirbt - so sieht es Reza Mohammadi. "Das tut mir auch furchtbar leid. Das hätte nicht passieren dürfen", sagt der Cadenberger. Der Schafbesitzer aber spricht von insgesamt acht getöteten Schafen. Als Beweis liefert er die Bescheinigung über die Anlieferung der verendeten Tiere in die Tierkörperverwertung in Wanna. Gegenüber der CN/NEZ-Redaktion wollte sich der Schäfer nicht äußern.
War der Zaun ordnungsgemäß installiert?
Vieles an dem Fall ist rätselhaft. Dazu gehört auch die Frage, ob der Zaun, der die Schafe vor Wolfs- und Hundeangriffen schützen soll, überhaupt ordnungsgemäß installiert war. Die Hunde hätten den stromführenden Zaun "durch massives Agieren" überwunden, heißt es in einem Schreiben des Landkreises, das den Cuxhavener Nachrichten und der Niederelbe-Zeitung vorliegt. Reza Mohammadi und sein Anwalt sehen es anders: Der Zaun sei schlecht abgespannt und bereits beschädigt gewesen und habe während des Vorfalls keinen Strom geführt. Die Hunde seien ohne Probleme unter der Absperrung hindurchgekrochen. "Der Tod des Schafes hätte verhindert werden können, wenn der elektrische Zaun aktiv gewesen wäre", meint Mohammadi.

Der Vorfall am Otterndorfer Deich hat für den Tätowierer aus Cadenberge und seinen Hund weitreichende Folgen. Das Ordnungsamt des Landkreises hat Aput nach Prüfung aller Aussagen als "gefährlich" eingestuft. Zunächst sollte auch Etu diese Beurteilung erhalten. Doch mithilfe ihres Anwalts konnten Reza Mohammadi und seine Partnerin Meike Senel nachweisen, dass der ältere der beiden Hundebrüder kein Schaf gebissen hat.
Hundehalter braucht ein polizeiliches Führungszeugnis
Die Einstufung als "gefährlich" bedeutet für Aput, dass er außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke immer angeleint sein und einen Maulkorb tragen muss. Die Hundesteuer steigt deutlich. Der Hund muss einen Wesenstest bestehen, sein Halter braucht ein sauberes polizeiliches Führungszeugnis und den Sachkundenachweis "im Halten eines Hundes".
Ortsbesuch in Cadenberge bei Reza Mohammadi und seinen Hunden. Die Siberian Huskys beschnuppern den Besucher, lassen sich streicheln und kraulen. "Kein Kind im Dorf hat Angst vor meinen Hunden", erzählt der 50-Jährige. Er könne ohne Probleme 200 Unterschriften von Cadenbergern zusammenbekommen, die das freundliche Wesen der Tiere bezeugen würden. Der vom Landkreis angeordnete Wesenstest geht in eine ähnliche Richtung: Die beiden Hunde würden keine "über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Schärfe oder Angriffslust" zeigen und seien "grundsätzlich sozial verträglich", heißt es in dem Gutachten einer tierärztlichen Praxis für Verhaltenstherapie in Hamburg.

Dass sein Hund nun den sogenannten Listenhunden gleichgestellt ist, also Tieren, die als besonders gefährlich gelten, damit hat sich Reza Mohammadi wohl oder übel abgefunden. "Aber ich habe Angst, dass sie mir Aput wegnehmen", sagt er und kämpft mit den Tränen. Noch immer sei die Auseinandersetzung mit dem Landkreis nicht ausgestanden. Hinzu kommt die Schadensersatzforderung durch den Schafhalter für möglicherweise acht verendete Tiere.
Interessenskonflikt beim Landkreis Cuxhaven?
Reza Mohammadi und Meike Senel sehen einen klaren Interessenskonflikt beim Landkreis. Denn, und das ist die Besonderheit des Falls: Die Frau des Schafhalters übt eine leitende Funktion im Veterinäramt aus. Mohammadis Anwalt spricht in einem Schreiben an den Kreis sogar von "persönlicher Vergeltung gegenüber dem Hundehalter". Im Raum steht die Frage, ob die Landkreis-Mitarbeiterin Einfluss auf das Verfahren der Gefährlichkeitsfeststellung genommen hat.
"Das schließt der Landkreis Cuxhaven aus", sagt Simone Starke aus der Pressestelle des Landkreises auf Anfrage der CN/NEZ-Redaktion. Der Bereich Veterinärwesen des Landkreises Cuxhaven sei an diesem Verfahren nicht beteiligt. "Für das niedersächsische Hundegesetz ist der Bereich Ordnung und Straßenverkehr zuständig", so Starke. Eine Überprüfung des Falls auf mögliche Befangenheit sei daher nicht geplant.