Deichbrand-Macher Marc Engelke ist insgesamt zufrieden mit dem Festival-Verlauf. Foto: Dührkop
Deichbrand-Macher Marc Engelke ist insgesamt zufrieden mit dem Festival-Verlauf. Foto: Dührkop
Rückblick auf Deichbrand 2024

Nach dem Festival ist vor dem Festival: Was der Deichbrand-Chef für 2025 plant

24.07.2024

Marc Engelke, Chef des Deichbrand-Festivals in Wanhöden im Landkreis Cuxhaven, blickt zufrieden auf das vergangene Wochenende zurück. Aber er möchte weitere Verbesserungen einführen, wie er im Interview erklärt.

Deichbrand-Chef Marc Engelke ist froh über ein Festivalwochenende, das trotz Folgen der IT-Probleme, Hitze und Supermarkt-Premiere perfekt gelaufen sei. Zur Kritik an der Frühanreise und überfülltem Zelt beim Culcha-Candela-Konzert nimmt er Stellung. Nach dem Festival ist vor dem Festival: Während das Aufräumen und Abbauen auf dem 171 Hektar großen Deichbrand-Gelände rund um Wanhöden am Montag im vollen Gange war, sind direkt zum Vorverkaufsstart für die 20. Ausgabe des Musik-Großereignis im Cuxland mehr als 15.000 Tickets verkauft worden - obwohl noch kein einziger Act feststeht. Dies stellt einen neuen Ticketabsatzrekord auf, so Veranstalter Marc Engelke. Er muss sich neue Lieblingsbands überlegen, denn seine Top 3 sind mittlerweile alle auf dem Deichbrand gewesen.

Bei all dem Stress, der zur Deichbrand-Orga dazugehört: Auf welchen Künstler haben Sie sich persönlich besonders gefreut? 
Es hat 19 Jahre gedauert, bis ich Kings of Leon auf eine Festivalbühne holen konnte. Ich gehöre mit fast 40 Jahren schon zum älteren Semester und bin ein Riesen-Fan. Es ist einfach hervorragende Musik. Der Sänger hat eine einzigartige Stimme. Als ich 2007 in einem Interview nach meinen drei persönlichen Highlights gefragt wurde, habe ich The Killers, Kings of Leon und Mando Diao genannt. Mando Diao hat schon 2009 geklappt, 2018 kamen The Killers und nun in diesem Jahr Kings of Leon.


Dann muss jetzt eine neue Top3-Liste her. Welche Künstler wünschen Sie sich nun?
Da gibt es noch keine neuen Namen. Wir wollen weiter dem Anspruch gerecht werden, alles, was aus dem Bereich Pop, Rock, Elektro, Indie, Hip-Hop tanzbar ist, zu bringen. Ich setze nicht nur meinen eigenen Geschmack durch, aber gebe schon mit dem Hauptacts meine Linie vor. Scooter als Late-Night-Special und Blümchen zum Frühsport kamen gut an, auch wenn es nicht meine Musik ist.


Das Programm bietet ein unglaublich breites Spektrum. Gibt es gar kein Konzept? 
Wir verfolgen seit jeher das Ziel, ein Musikfestival für die Region zu sein, das alle Altersgruppen anspricht. Junge und Junggebliebene sollen sich wiederfinden. Nur Schlager schließen wir kategorisch aus.


Der Zuspruch ist riesig. Mit 60.000 Besuchern war das Festival 2024 wieder ausverkauft. Geht da noch mehr? 
Ohne weitere Flächen würde es nicht gehen. Aber ich möchte kurze Laufwege von den Camps zum Infield behalten. Beim Rock am Ring sind es bis zu acht Kilometer. Da ist ein eigener Shuttle-Verkehr notwendig. Hier sind es maximal 30 Minuten vom Zelt zu den Bühnen. So soll es bleiben.


Problematisch ist wieder der Anreisetag verlaufen. Viele klagten, stundenlang im Stau gestanden zu sein. 
Da können wir ab 6 Uhr früh die Uhr nach stellen, dass sich die ersten Anreisenden darüber beschweren. Aber es ist bekannt und breit kommuniziert, dass wir erst um 15 Uhr öffnen. Da muss man die Wartezeit in Kauf nehmen.


Könnten Sie nicht früher öffnen? 
Das Problem würde dadurch nur nach vorn verschoben werden. Das ist die Erfahrung aus Wacken. Dort sind sie mit der Frühanreise mittlerweile beim Sonntag angekommen. Dem Ort Wanhöden wäre das nicht zuzumuten, mal abgesehen davon, dass sich die Kosten für Infrastruktur und Personal dadurch erhöhen würden. 


Teurer ist es dieses Jahr trotzdem geworden. 
Das Parkticket für 20 Euro war notwendig, um den Eintrittspreis von 200 Euro stabil zu halten. Bislang hatten wir das Parken geschenkt. Mit der Gebühr haben wir uns am nationalen Markt orientiert. Darüber können wir auch steuern, dass mehr Leute gemeinsam in einem Auto anfahren. Durch unseren Superstore müssen sie nicht so viel einpacken und haben Platz für Mitfahrer.


Wie zufrieden sind Sie mit dem ersten Jahr eines eigenen Supermarkts? 
Wir sind super happy mit dem Store. Es war eine Riesenleistung des kurzfristig zusammengestellten Teams. Bis zuletzt haben wir noch mit Mitbewerbern von Aldi verhandelt und innerhalb kürzester Zeit einen eigenen Laden aufgezogen. Unser Glück war, dass unser Partner HKES die Jahre zuvor Aldi betreut hatte und von der Erfahrung profitiert hat. Branchenkenner haben mir gegenüber nur ein Wort dafür übrig: Respekt. Aber auch der große Zuspruch der Gäste hat uns bestätigt, dass die siebenstellige Investition richtig war. Wir werden alles einlagern und weiternutzen.


Damit sind Aldi und Co raus? 
Jein, wir werden weiter einen eigenen Supermarkt betreiben und planen, die Ausstattung an andere Festivals und Großveranstaltungen zu vermieten. Wenn sich allerdings mögliche Partner für einen gemeinsamen Betrieb interessieren, dann habe ich große Ohren und kann mir viele Betriebsvarianten vorstellen.


Nur die Preisgestaltung wurde kritisiert: Ravioli für knapp 5 Euro. 
Das haben wir aber schnell gemerkt und sind auf 3,99 Euro heruntergegangen. Wir hatten keine Erfahrung, wie groß die Preissensitivität einzelner Produkte ist, konnten aber schnell nachsteuern. So sind wir zum Glück nicht auf den Dosen sitzen geblieben. Bei den Preisen für Bier mussten wir darauf achten, dass wir uns nicht mit der Gastro kannibalisieren. Auf dem Infield kostete ein frischgezapftes Bier 6,50 Euro. Im Store haben wir 1,59 Euro für eine Dose im Tray verlangt, statt 99 Cent im vergangenen Jahr bei Aldi. Wir mussten die Infrastruktur mit Kühlzellen und Backanlagen komplett einkaufen, so etwas gibt es nicht zu leihen.


Es gibt immer mehr Extras, die auch extra kosten. So bezahlt man für einen Stellplatz auf einem der Wohnmobilcamps mindestens 119 Euro, auf dem Womo Watt sogar 299 Euro. Zieht die Preisspirale weiter an?
Wir wollen die Eintrittspreise für 2025 stabil halten. Aber wir sehen, dass unsere Angebote wie Wohnmobil Watt, feste Grundstücke, die ein stressfreies Anreisen ermöglichen, oder Schrebergärten sehr gut angenommen werden. Es war alles ausverkauft. Bei entsprechender Nachfrage sind Preiserhöhungen nicht auszuschließen, so wird neues Budget für Entwicklungen wie zum Beispiel die Portraitscreens an den Hauptbühnen in diesem Jahr oder weitere Innovationen auf unserer Liste frei.


Gibt es einen Trend? 
Ja, Komfort wird immer wichtiger. Das sehen wir allein schon an unseren 7000 Wohnmobilen auf dem Gelände. Auch der Wunsch nach Strom, dem wir mit WoMo Watt und den Schrebergärten Rechnung tragen, wird größer. Die Nutzungszahlen des Showerwonderlands haben sich verdreifacht. Die Flatrate-Tickets wurden ordentlich abgeduscht.


Obwohl verboten, waren Generatoren auf den Camps am Laufen. 
Bei Beschwerden greifen wir sofort ein. Die Lautstärke nervt, aber es ist auch riskant wegen der Brandgefahr. Wer Strom will, soll einen Platz im Schrebergarten buchen.


Viele Fans wurden beim Auftritt von Culcha Candela abgewiesen. Warum spielte die Band nicht auf einer der beiden Hauptbühnen? 
Wir versuchen immer einen Showstopp zu vermeiden, aber wir mussten die Empore wegen Überfüllung evakuieren und konnten auch ins Palastzelt keine weiteren Gäste einlassen, die Kapazität von zirka 6000 Gästen war erreicht. Es passiert leider immer wieder, dass Künstler viel besser ankommen als erwartet, weil sie sich von der Buchung bis zum Auftritt steil nach oben entwickeln. Das war auch bei Ritter Lean und Domiziana der Fall. Auch bei Zartmann sind zwölf Personen nicht reingekommen.


Warum lässt sich nicht kurzfristig reagieren und Acts tauschen? 
Das geht nicht, da nicht nur Gagen zur Unterschrift fest vereinbart sind, sondern auch Auftrittszeiten und Bühnen. Ich hatte durch die IT-bedingten Verspätungen und Ausfälle im Flugverkehr gehofft, dass Bühnenslots frei werden - das ist schlussendlich aber nicht eingetreten. 


Wie viele Künstler waren von Flugverzögerungen betroffen? 
Ein dutzend Bands kamen am Freitag deshalb später. Die Bands Verifiziert und 3LNA sind gar nicht aufgetreten. Ein großes Problem hatten wir mit der Anreise von The Prodigy aus Großbritannien. Der Bühnen-Einbau der Hauptacts passiert normalerweise in der Nacht zuvor. Die Crew war nicht rechtzeitig da, sodass wir mit eigenen Leuten Licht und Sound eingerichtet haben.


Wie schlimm war die Hitze? 
Nach dem Auftritt von Kings of Leon war das Wetter für mich das Highlight dieses Jahr. So ein nasses Festival wie im vergangenen Jahr will ich nicht noch mal erleben, das war eine anstrengende Produktion. Da nehme ich die Hitze gern in Kauf. Mit den kostenlosen Trinkwasser-Anlagen haben wir ein gutes Angebot. Die Investition in eigene Brunnen konnten wir tätigen, da wir einen Zehn-Jahres-Vertrag zur Nutzung des Geländes abschließen konnten. Der Bau unserer Produktionshalle in Coronazeiten hat sich mittlerweile ebenfalls total rentiert, aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten.


Wären Sie auf eine Evakuierung bei Gewitter vorbereitet gewesen?
Ja. Dies war aber nicht nötig. Ich habe einen erfahrenen Meteorologen an meiner Seite, der uns eine eigene Vorhersage erarbeitet, die viel genauer ist als die Wetter-Apps. Elf Stunden waren wir deshalb in Habachtstellung. Dreimal täglich gab es eine Abstimmung mit Behördenvertretern. Wir haben richtig Glück gehabt, dass der Jadebusen dem Gewitter die Energie entzogen hat.

Von Julia Dührkop

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