
Keine Ausflugsschiffahrt auf der Oste: "Mocambo" bleibt am Anleger
Ein herber Schlag für den maritimen Tourismus an der Oste. Die "Mocambo" bleibt in dieser Saison überraschend am Anleger in Oberndorf und sorgt für Rätselraten. Fahrten auf dem ältesten deutschen Fahrgastschiff sind auf unbestimmte Zeit verschoben.

Der Fahrplan vom 1. Mai bis zum 5. Oktober steht und wird weiterhin auf der Homepage kommuniziert, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. In dieser Saison ist die "Mocambo" noch gar nicht auf der Oste getuckert, sondern sie liegt fest vertäut am Anleger in Oberndorf. Die Gerüchteküche brodelt. Warum fährt das älteste deutsche Fahrgastschiff nicht? Jetzt beginnt doch die Hochsaison des maritimen Ausflugsgeschäfts.
Ein Hemmoorer (der Name ist der Redaktion bekannt) wollte einer Bekannten ein unvergessliches Geburtstagsgeschenk bereiten und buchte bereits im März für den Juni für ein paar Leute einen Törn auf der "Mocambo". Gesagt wurde ihm, dass dieser allerdings nur zustande komme, wenn es an dem Termin mindestens 15 Passagiere gebe. Er würde aber rechtzeitig benachrichtigt. Eher durch Zufall hörte er wenige Tage vor dem Buchungsdatum, dass der Ausflugsdampfer in diesem Jahr noch gar nicht gefahren sei und rief die Betreiberin an. "Sie sagte mir, dass sie mich noch angerufen hätte, dass der Termin ausfallen muss. Sie sprach von betrieblichen Gründen", beschreibt der Hemmoorer die Situation. Er ist sichtlich sauer - vor allem darüber, weil er erst durch Eigeninitiative kurzfristig davon erfahren hat.
Eignerin Petra Kanje gibt sich auch gegenüber unserem Medienhaus schmallippig auf Nachfrage, warum die "Mocambo" bisher nicht fährt. Sie erklärt lediglich: "Das ist eine rein betriebsinterne Sache, die ist nicht öffentlich." Wie lange dieser Zustand noch anhält, könne sie nicht sagen - nur so viel: "Die Touren sind bis auf weiteres abgesagt." Und dann fügt sie im Telefonat noch hinzu, dass an kursierenden Gerüchten nichts dran sei. Weder sei das Schiff kaputt, noch hätten sie sich getrennt. Im Bereich Tourismus bei der Samtgemeinde Land Hadeln ist lediglich durch Nachfrage bekannt, dass das Schiff zurzeit nicht fährt. Auf einem Schaukasten an der Oberndorfer Fährpromenade steht "Bis auf weiteres finden aufgrund betriebsinternen Gründen keine Fahrten mit der 'Mocambo' statt."
Oldie mit wechselvoller Geschichte
Die im 19. Jahrhundert als Dampfschiff gebaute "Mocambo" ist eine feste touristische Größe im Osteland. Sie ist das älteste noch im Dienst befindliche Fahrgastschiff in Deutschland. Die Geschichte des Oldies ist wechselvoll. Unter dem Namen "Hamburg" wurde die alte Dame 1872 auf der Reiherstiegwerft in Hamburg-Steinwerder als Dampfschiff für die Alsterschifffahrt gebaut. Es blieb lange Zeit in seinem Revier an der Alster, wurde verlängert und technisch modernisiert. Ab 1945 fuhr das Schiff auf der Trave, später in Berlin. Ursprünglich war der Dampfer 13,30 Meter lang und 4,20 Meter breit. Umfangreiche Umbauten erfolgten bereits 1954. Die "Mocambo" ist heute 23,65 Meter lang und 5,15 Meter breit. Angetrieben wird sie von einer 105 PS-Maschine. 1978 kam es erstmals an die Oste und wurde von Ostener Gastwirt Peter Würfel umgetauft und unter dem Namen "Mocambo" bis 1998 als Ausflugsdampfer betrieben. Es folgte ein Verkauf nach Rostock. Caspar Bingemer rettete es vor dem Verfall. Den heruntergekommenen Oldie fand er in Mecklenburg-Vorpommern, steckte jede Menge Zeit und Geld hinein, um ihn wieder auf Vordermann bringen zu lassen. Nachdem er seine "Mocambo" in einer Werft im polnischen Stettin grundüberholen ließ, lud die "Mocambo" ab 2001 als schmucke "Bootschafterin" wieder zu Törns auf der Oste.
Eignerin Petra Kanje und ihr Mann Sven als Kapitän betreiben seit 2015 die Oste-Schifffahrt mit Fahrten bis zur Mündung oder nach Kleinwörden. Angelegt wird nicht nur in Oberndorf, sondern auch in Neuhaus, Osten und Großenwörden. Ihr Traditionsdampfer hat 75 Sitzplätze (davon sind 52 unter Dach) und Gastronomie an Bord. Von 2020 bis 2022 mussten sie eine Zwangspause einlegen. Das Schiff wurde auf einer Werft in Cuxhaven generalüberholt. Anfang Mai 2022 kehrte es zu seinem Anleger in Oberndorf zurück. Sie steckten erheblich Eigenkapital in ihr Schiff. Die rund 250.000 Euro Gesamtkosten für die Reparatur erhielten aber eine "Leader"-Förderung in Höhe von 130.000 Euro; weitere 15.000 Euro übernahmen jeweils die Gemeinde Oberndorf und die Samtgemeinde Land Hadeln.