
Nach Unfall mit Kind: Anwohner der Großen Ortstraße in Otterndorf fordern Tempo 30
Nach einem Unfall mit einem Kind auf der Großen Ortstraße haben die Anwohner und die Eltern der Kindergarten- und Schulkinder die Nase voll. Sie fordern Tempo 30. Doch bei den Behörden stoßen sie mit ihrer Forderung bislang auf taube Ohren.
Autos, Laster, Schulbusse, "Elterntaxis" und dazwischen zahlreiche Schülerinnen und Schüler, die die Straße überqueren: Morgens, um kurz vor acht, ist Stoßzeit auf der Großen Ortstraße zwischen dem Kreisel und der Bäckerei Buck. "Die Situation ist unzumutbar", sagt Julia Mohrmann, Mutter von zwei Kindern. Sie wohnt direkt am Zebrastreifen, der zur Grundschule und zur DRK-Kita führt, und beobachtet den allmorgendlichen Trubel mit zunehmender Sorge und Empörung. Viele Auto-, Lastwagen- und Busfahrer wären zu wenig aufmerksam und würden viel zu schnell fahren. "Das gefährdet nicht nur die Sicherheit, sondern verursacht durch die Erschütterungen auch Schäden an unseren Häusern", sagt die Otterndorferin.
Ihre Nachbarn, Sven und Melanie Gemmer, können diesen Eindruck nur bestätigen. "Morgens, wenn die Lkw vorbeirauschen, wackelt unser Bett", sagt Sven Gemmer. Zwar gelte auf der Großen Ortstraße für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, das werde jedoch öfter nicht eingehalten.
Bei einer Informationsveranstaltung der Stadt Otterndorf im Dezember, auf der es schwerpunktmäßig um den geplanten Ausbau der Großen Ortstraße ging, haben die Anwohner ihre Sorgen vorgebracht. "Aber unsere Bedenken wurden gar nicht ernst genommen", meint Melanie Gemmer. Auch Anwohnerin Heike Ewert fühlt sich von den Behörden und der Politik im Stich gelassen: "Es ist oftmals brandgefährlich auf unserer Straße."
Tempomessungen und Kontrollen sind notwendig
Wie brenzlig die Verkehrssituation auf der Großen Ortstraße gerade in den Morgen- und Mittagsstunden ist, hat sich vor einigen Tagen gezeigt, als ein elfjähriger Junge beim Überqueren des Zebrastreifens von einem Auto angefahren und leicht verletzt wurde. "Spätestens jetzt sollte allen Verantwortlichen klar sein, dass hier etwas passieren muss", sagen die Anwohner, die bereits etliche Unterschriften für Tempo 30 gesammelt haben. Auch regelmäßige Kontrollen und Tempomessungen seien notwendig.
Zu den Befürwortern einer Tempo-30-Regelung zählt auch Anja Riechmann, Vorsitzende des Schulelternrats der Grundschule Otterndorf. Sie ärgert sich, dass sich die Behörden bei verkehrsberuhigenden Maßnahmen offenbar querstellen. "Zwei Unfälle mit Schulkindern in knapp drei Monaten", zählt Riechmann auf. "Muss den Kindern denn erst etwas Schlimmes passieren, bis gehandelt wird?"

Otterndorfs Stadtdirektor Frank Thielebeule kennt die Situation auf der Großen Ortstraße und ist froh, dass der Unfall für den elfjährigen Schüler einigermaßen glimpflich ausgegangen ist. Doch den Wunsch der Anwohner nach einem Tempolimit hält er "zum jetzigen Zeitpunkt für nicht umsetzbar". Weder die Stadt Otterndorf noch die Samtgemeinde Land Hadeln könnten eigenmächtig die Entscheidung über die Einrichtung einer Tempo-30-Zone herbeiführen. Zuständig sei die Verkehrsbehörde des Landkreises Cuxhaven. Und die komme zu dem Schluss, dass die rechtlichen Möglichkeiten auf Herabsetzung auf Tempo 30 nicht gegeben seien.
Polizei Cuxhaven ordnet die Verkehrslage ein
Ähnlich sieht es die Polizeiinspektion Cuxhaven. "Es gibt auf dem Streckenabschnitt zwischen dem Kreisel und dem Sophienweg keine Unfallschwerpunkte, die aus Sicherheitsgründen eine Geschwindigkeitsbeschränkung rechtlich begründen würden", erklärt Pressesprecher Stephan Hertz. "Daran ändert der Unfall Ende Januar nichts."
Hertz belegt diese Einschätzung mit Zahlen: In den Jahren 2020 bis Ende 2024 sei es auf der Großen Ortstraße zu sechs Unfällen gekommen. "Hierbei wurde eine Person leicht verletzt." Von diesen sechs Unfällen hätten sich drei nicht direkt auf dem Straßenabschnitt, sondern an den jeweiligen Einmündungen beziehungsweise Kreuzungen ereignet. Es habe sich hierbei um Abbiege- und Vorfahrtsverstöße gehandelt. "Somit verbleiben für die besagte Strecke drei Unfälle in fünf Jahren - und keiner davon ist auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen", sagt der Polizeipressesprecher.