Die Initiatoren und Geschäftsführer der Genossenschaft, Adrian Wolf (l.) und Mario Peterscheck.
Die Initiatoren und Geschäftsführer der Genossenschaft, Adrian Wolf (l.) und Mario Peterscheck.
Genossenschaft gegründet

So wollen Insulaner auf Helgoland die Bäckerei beleben

von Wiebke Kramp | 30.12.2025

Auf Helgoland formiert sich eine Genossenschaft, um die Bäckerei zu beleben. Ein mutiger Schritt zur Rettung der lokalen Backkultur und Gemeinschaft. Der Zeitplan für frische Brötchen steht, verrät Bäckermeister Mario Peterscheck im Interview.

Nachdem es sich nach der Schließung der Bäckerei so darstellte, als ob Helgoland eine Insel der Aufbackbrötchen bleibt, ist es nun in einer rasanten Geschwindigkeit von nur wenigen Wochen gelungen, zahlreiche Sympathisanten zu bewegen, eine Absichtserklärung für Anteile von je 150 Euro an einer zu gründenden Genossenschaft abzugeben.  Mittlerweile gab es eine Versammlung mit Wahl eines Aufsichtsrates.  Zum Beginn der Genossenschaft steht die Sicherung eines auf der Insel Helgoland produzierenden und verarbeitenden Lebensmittel-Betriebs mit einer Bäckerei ("Halunder Bakker") und Vollküche mit Vertrieb der Produkte und Waren. Mario Peterscheck, Bäckermeister und einer der Initiatoren, stand Rede und Antwort.,

Mario Peterscheck, skizzieren Sie doch bitte kurz den Weg bis zur Gründung der Genossenschaft am 7. Dezember. Warum war diese Eile geboten?

Die Gemeinde hat im Sommer eine Ausschreibung für die Bäckerei veröffentlicht. Die Ausschreibung beruhte auf einem Vorkaufsrecht der Gemeinde beim Insolvenzverwalter des aktuell in Insolvenz befindlichen Unternehmens "Der Inselbäcker". Es gab bereits mehrere Versuche, diese Ausschreibung privatwirtschaftlich zu erfüllen. Dies ist leider nicht gelungen und darüber wurden die Helgoländer informiert. Das Ergebnis war eine enorme Resonanz mit der Botschaft, hier etwas gemeinsam bewegen zu wollen.

Das perfekt geeignete Unternehmensmodell für diese Umstände ist die Genossenschaft mit einer gemeinschaftlichen, sozialen Struktur. Die Eile war geboten, weil bisher der 31. Dezember als letztes Datum für den Kauf durch die Gemeinde im Raum stand.

Wie kommt es zu Ihrem und Adrian Wolfs Engagement in dieser Sache, welche beruflichen Hintergründe haben Sie und was motiviert Sie, sich für die Insel einzusetzen?

 Ich bin Bäckermeister und lebe auf Helgoland mit meiner Familie. Ich habe in meinem Leben viele Bäckereien aufgebaut, beraten und Mitarbeiter ausgebildet. Herr Wolf ist bereits erfolgreicher Unternehmer und Projektentwickler. Ich hatte mich bereits knapp ein Jahr mit der Bäckerei beschäftigt. Noch in der Nacht nach der Einwohnerversammlung hatte ich die Idee, meinen Projektplan der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Herr Wolf hatte die positive Energie aus der Einwohnerversammlung im Live-Stream erfasst. Er trat an mich heran und es passte von der ersten Sekunde an, diese Stimmung in der Bevölkerung zu konkretisieren. Die Motivation für uns beide liegt in dieser einzigartigen Situation der Insel, einen Neuanfang zu kennen, es zu wissen, wie Dinge gemeinschaftlich umgesetzt werden können. Da wir beide auf Helgoland leben, und zumindest ich auch hier noch älter werden möchte, ist es eine große Freude, dieser Gemeinschaft zuarbeiten zu können.

Waren Sie überrascht davon, dass ihre Idee so schnell aufging wie ein guter Hefeteig?

 Wir wollten die Gründung der Genossenschaft etwas umfangreicher planen. Dann hatten wir nachts die Idee, es mit einem Video über Social Media ganz unkonventionell umzusetzen. Das hat in der Vergangenheit bei einigen Aufrufen von Menschen funktioniert, dennoch ist es zu dem Zeitpunkt schwer vorstellbar, dass es auch für einen selbst erfolgreich funktioniert. Das Video verbreitete sich wie ein Lauffeuer und bereits fünf Tage später führte ich bei jedem Weg über die Insel Gespräche mit den Insulanern.

 Welche nächsten Schritte müssen jetzt unternommen werden?

 Einen großen Schritt konnten wir erreichen, als wir vom Insolvenzverwalter eine Verlängerung bis Juni 2026 bekamen. Das gibt uns Zeit, die Genossenschaft gewissenhaft zu gründen. Es gibt uns auch die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum Mitglieder anzusprechen und somit mehr Eigenkapital einzusammeln. Wir befinden uns bereits bei einer Summe, die es erlaubt, den Erbbauvertrag mit der Gemeinde umzusetzen. Allerdings haben wir im Wachstum eine Dynamik, die es interessant macht, über die Insolvenzmasse zu verhandeln. Wir geben uns hier bis zum Frühling Zeit.

 Wie viele künftige Genossinnen und Genossen haben bereits Anteile in welcher Höhe gezeichnet? Welche Summe muss erreicht werden?

 Wir bearbeiten gerade Anfragen für über 600 Mitglieder. Damit bewegen wir uns bereits bei über 600.000 Euro. Mit dem Ziel, die Insolvenzmasse zu kaufen, wollen wir 1,35 Millionen Euro erreichen. Das kann bei fehlendem Kapital eventuell auch über eine Fremdfinanzierung geschehen. Das prüfen wir zeitnah.

Können (müssen) sich noch weitere Interessierte finden und an wen können sich diese Interessenten wenden?

 Wir alle bitten sehr um weitere Mitglieder und Unterstützung. Eine Genossenschaft hat aber auch den sozialen Charakter. Eine Genossenschaft stellt die soziale Rendite in den Vordergrund. Damit ist es für uns alle auch ein zusätzliches Ziel, gemeinsam an dem Erfolg der Genossenschaft zu arbeiten. Wir lernen uns neu und näher kennen. Wir unterstützen uns gegenseitig mit unseren jeweiligen Stärken. Selbstverständlich gibt es die Möglichkeit, sich über uns auf unserer Website zu informieren und Kontakt zu uns aufzunehmen. Diese findet sich unter www.inselgenossenschaft.de.  Darüber hinaus sind wir natürlich auch weiterhin auf der Insel jederzeit persönlich ansprechbar.

Welche Hürden könnten noch auf Sie zukommen?

Wir haben die große Hürde, im Frühling mit den nötigen Baumaßnahmen zu beginnen. Wenn wir uns beeilen, sind wir im Herbst fertig und hätten dann Kosten, aber bis Anfang 27 wenig Einnahmen. Wenn wir die Bauplanung und Ausführung lieber gewissenhaft bis zum Ende 26 ausdehnen, wird es die ersten Brötchen im Februar 27 geben. Das scheint noch so lange. Jeder freut sich auf die ersten Gebäcke und Brötchen. Allerdings spart uns allen als Teilhaber dieses Warten sehr viel Geld.

Erhalten Sie von der Gemeinde Helgoland flankierende Unterstützung und wie sieht diese aus?

Die Gemeinde unterstützt uns mit der positiven Ansprache über ihre öffentlichen Kanäle und sie hat das Bürgerbüro für einen Informationsaustausch zur Verfügung gestellt.

Wann rechnen Sie realistisch damit, dass auf Helgoland wieder der Ofen angehen und es frisch gebackene Brötchen geben kann?

Der Ofen geht an. Die Fakten haben wir bereits. Die Helgoländer Franzbrötchen ohne Zimt, das Schwarzbrot und die leckeren Brötchen vom "Bäckermeister Meier" wird es zu Anfang 2027 geben.

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Wiebke Kramp

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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