
Steht das Schwimmbad Wingst vor dem Aus? Samtgemeinderat entscheidet über Sanierung
Die Zukunft des Hallen- und Freibades in der Wingst ist ungewiss. Der Samtgemeinderat Land Hadeln hat das Streitthema am Dienstag, 2. Mai auf der Agenda. Unser Medienhaus hat Meinungsbilder eingeholt - und die fallen ganz schön unterschiedlich aus.
Es ist eine kontrovers geführte Debatte - und sie zieht sich durch die Fraktionen. Es geht darum, ob notwendige Sanierungsmaßnahmen in Angriff genommen werden - oder erfolgt angesichts einer insgesamt angespannten finanziellen Lage der Verzicht. Sollte es keine technische und energetische Sanierung geben, könnte das möglicherweise das Aus für das Schwimmbad bedeuten, so die Sorge.
Der Beschluss wird am Dienstagabend in öffentlicher Samtgemeinderatssitzung gefasst. Die Samtgemeinde Land Hadeln ist Trägerin der Einrichtung. Die Sitzung ist um 19.30 Uhr in der Schützenhalle Odisheim. Es kündigt sich eine hitzige Debatte an.
Es handelt sich schließlich um Investitionen in Höhe von rund 2,8 Millionen Euro. Die Förderung über mehr als 1,3 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm "Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur" ist bereits bewilligt. Ein Grundsatzbeschluss durch den Samtgemeinderat zur Ertüchtigung wurde bereits im September 2020 getroffen sowie umfangreiche Untersuchungen und Planung vorgenommen. Das ist in der von der Verwaltung ausgearbeiteten Vorlage aufgeführt.
Samtgemeindebürgermeister Frank Thielebeule erläutert gegenüber unserem Medienhaus, dass die letzten Sanierungs- und Attraktivierungsarbeiten im über 50 Jahre alten Schwimmbad bereits 25 Jahre zurückliegen. "Damit haben etliche technische Bestandteile das Ende ihrer Lebenstage erreicht", sagt Thielebeule. "Ich stelle den Bestand des Bades nicht anheim", wird der Samtgemeindebürgermeister deutlich, dass er für die Sanierungsarbeiten steht. Dies sind in erster Linie Maßnahmen der Wasseraufbereitung, der Lüftungsanlagen, der Sanitär-, Dusch- und Umkleideräumlichkeiten sowie die energetische Ertüchtigung des Gebäudes und der Erneuerung der technischen Anlagen. Die nunmehr aufgelisteten Punkte sind Gegenstand des Förderprogramms. Insgesamt handelt es sich dabei allerdings um eine abgespeckte Variante. Denn zunächst angedachte weitergehende Maßnahmen, um das Schwimmbad attraktiver zu gestalten, sind in den Mitteln nicht vorhanden.
Verschiedene Positionen aus der Politik
Die Politik hat sich in der Schwimmbadfrage positioniert. Von Hans-Peter Weber (CDU) war zu erfahren, dass das Hallen- und Freibad in der Wingst für die CDU-FDP-Gruppe im Samtgemeinderat einen hohen Stellenwert zur Daseinsvorsorge bedeute. Weber ist auch Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Bäderbetriebsgesellschaft Hadeln GmbH und meint: "Die Samtgemeinde Land Hadeln ist in der glücklichen Lage, durch die Fusionen der Vergangenheit über zwei attraktive Schwimmbäder zu verfügen, die als sich ergänzende Angebote zu verstehen sind. Beide Bäder werden schon deshalb benötigt, um das Schulschwimmen sicherzustellen und den Vereinen ausreichende Nutzungszeiten zur Verfügung stellen zu können. Wir werden uns insbesondere auch dafür aktiv einsetzen, das Hallen- und Freibad in der Wingst aufzuwerten." Der Erhalt des Hallenbades sei im Gesamtkontext Bestandteil der Erhaltungsmaßnahmen.
Die CDU-FDP-Gruppe erkenne selbstverständlich die sich ankündigende Finanzlage und verweigere sich keineswegs einem Sparwillen. Hans-Peter Weber kritisiert an der Debatte allerdings: "Wenn nun in dieser Situation einige Ratsmitglieder "reflexartig" ausschließlich das Hallen- und Freibad in der Wingst ins Spar-Visier nehmen und die lange geplanten und vor nicht allzu langer Zeit auch einvernehmlich den in einer interfraktionellen Sitzung abgesprochenen Modernisierungsmaßnahmen ihre Zustimmung im Rat verweigern wollen, ist dies eindeutig zu kurz gesprungen und wird von der CDU-FDP-Gruppe abgelehnt."
SPD: "Aus aktueller Finanzlage nicht zu verantworten"
Die Sozialdemokraten gehen mit völlig anderer Betrachtungsweise an die Sache. Bereits seit längerer Zeit werde seitens der SPD-Samtgemeindesratsfraktion auf verschiedenen Ebenen ein zukunftsfähiges Konzept für den Betrieb der Schwimmbäder in der Samtgemeinde Land Hadeln eingefordert. Ein solches liege aber bisher nicht vor, teilt Malte Hinck für die SPD-Samtgemeindefraktion mit. Und er zieht eine ernüchternde Bilanz: "Aus Sicht unserer Fraktion ist es nun, auch im Hinblick auf die aktuelle Finanzsituation, nicht zu verantworten, eine knapp 3 Millionen-Euro-Investition zu tätigen ohne die Zukunftsfähigkeit unserer Bäderlandschaft bewerten zu können. Wir werden daher beantragen, die vorgeschlagene Sanierung zum aktuellen Zeitpunkt nicht durchzuführen. Vielmehr sollen bis zum Ende des Jahres verschiedene Alternativen zum weiteren Betrieb des Hallen- und Freibades Wingst geprüft werden." Selbst wenn die anvisierten Fördermittel damit nicht in Anspruch genommen würden, geben sich die Sozialdemokraten in der Samtgemeinde Land Hadeln optimistisch, dass bei späterer Entscheidung für eine Sanierung Fördermittel mindestens in gleicher Höhe eingeworben werden könnten.
Der Gruppenpartner der SPD macht dabei allerdings nicht mit. Ausdrücklich steht Bündnis 90/Die Grünen hinter dem Hallen- und Freibad: "Die Hadler Grünen sehen Schwimmbäder als wichtigen Bestandteil der örtlichen Daseinsvorsorge. Die Kinder erlernen die Schwimmfähigkeit, die Schulen kommen dem Bildungsauftrag nach und Vereine können diverse Angebote durchführen. Außerdem werden vielfältige Gesundheitskurse für alle angeboten", teilt die Fraktion mit. Vom sozialen Begegnungsort profitiere die Gesellschaft in allen Altersklassen. "Steigende Nichtschwimmerzahlen wären in einer von umliegenden Gewässern geprägten Region eine Rückentwicklung der Samtgemeinde. Nur mit Investitionen und Sanierungsmaßnahmen lässt sich ein Schwimmbad zukunftsfähig und nachhaltig weiterentwickeln", so der stellvertretende Fraktionssprecher Jannis Burda.
Auch der Sportverein hat eine Haltung
Eine deutliche Position bezieht der VfL Wingst. Michael Schlobohm als Vorsitzender teilt mit: "Der Erhalt des Hallen- und Freibades in der Wingst sind aus meiner Sicht, nicht nur für das Vereinsschwimmen, sondern auch für das Schulschwimmen der Schulen im Bereich der ehemaligen Samtgemeinde Am Dobrock und für den Tourismus in der Wingst und der gesamten Samtgemeinde sehr wichtig."
Eine Schließung beziehungsweise Teilschließung hält er für falsch. Zwar hätten gestiegene Energie- sowie Personalkosten zu weiteren Belastungen geführt, "aber bevor man ein Bad schließt, sollte man erst einmal alle Möglichkeiten ausschöpfen". Hier ist seines Erachtens noch "viel Luft nach oben". Trotz langfristiger Abschreibung und Kapitaldienst sei ein verbessertes Betriebsergebnis zu erreichen. Häufige Schließzeiten, auch bedingt durch Fachkräftemangel, verbesserten die Situation nicht gerade, seien aber eine große Chance zum Umdenken. Ein gesellschaftlicher Wandel sei erforderlich, um sich zukünftig viele Dinge aus der Vergangenheit leisten zu können. "Ein ganz wichtiger Faktor sei ehrenamtliches Engagement und die weitere Stärkung des Ehrenamts. Dann kann vieles gelingen", so Schlobohm. Notwendige Schwimmkurse, die derzeit durch die Bäderbetriebs GmbH angeboten werden, könnten durch Vereine mit einer relativ kurzen Vorlaufzeit initiiert werden, schlägt er zum Beispiel vor. Denkbar sei die Weiterentwicklung zu einem Reha- und Präventionssport-Zentrum. Voranzutreiben sei die Attraktivität des Freibades.
In seinen Augen sind die gegenwärtigen Förderkonditionen schlecht. Personalkosten sollen eingespart und das Betriebsergebnis verbessert werden, um Investitionen zu ermöglichen. Falls dies nicht möglich sei, müsse der jetzige Förderantrag zurückgezogen und unter Einbeziehung von Land, Bund und Landessportbund überdacht werden.
Drei Fragen an den Wingster Bürgermeister Patrick Pawlowski:
Patrick Pawlowski, wie hoch schätzen Sie als Bürgermeister der Gemeinde Wingst den Stellenwert des Hallen- und Freibades in der Wingst ein?
Das Bad ist von immenser Bedeutung für die Lebensqualität in der Wingst und darüber hinaus. Es ist prägend für das gesamte Umfeld. Sei es als Freizeitangebot für Bürger, als Lernort und Sportstätte sowie als touristischer Mittelpunkt gleichzeitig.
Lohnt es sich tatsächlich für die wenigen regelmäßigen Schwimmer und Kursbesucher den Winterbetrieb angesichts immenser Energie-/Personalkosten aufrecht zu erhalten - oder geht es vielmehr um Daseinsvorsorge für die Bevölkerung und nicht zuletzt die ganz Kleinen in unserer Gesellschaft, die dort das Schwimmen lernen?
Ja, tatsächlich geht in erster Linie um die Kleinsten, sprich der Vermittlung von Schwimmfähigkeit, ohne weite Wege in Kauf zu nehmen. Darüber hinaus als Angebot der Gesunderhaltung und sportlicher Betätigung, das sich nicht einfach in wirtschaftlichen Zahlen darstellen lässt. - übrigens in keinem Schwimmbad. Dennoch bieten weitere Freizeitangebote wie beispielsweise schon erfolgreich umgesetzte Kinderdiscos neue Potenziale für eine bessere Auslastung.
Würde es den Anfang vom Ende für das Wingster Schwimmbades bedeuten, wenn auf eine Modernisierung verzichtet und nur auf reinen Sommerbetrieb mit Freibad gesetzt wird?
Ja, das ist die große Befürchtung, denn das eine bedingt das andere. Was machen Gäste bei schlechtem Wetter? Die große Tunnelrutsche mündet darüber hinaus im Inneren. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie es dann weitergehen soll - am Ende haben wir es mit leer stehenden Gebäuden, unzufriedenen Gästen und damit verbunden nachlassendem Interesse zu tun. Die Spirale nach unten wäre nicht mehr aufzuhalten. Die Sanierung dagegen wäre eine Investition in die Zukunft und würde Betriebskosten senken. Alles andere macht einfach keinen Sinn.