Im Cuxhavener Amtsgericht geht es derzeit um Zuzüge während der Flüchtlingskrise – und die Frage, ob mehrere Aufenthaltserlaubnisse zu Unrecht erteilt wurden. Foto: Koppe
Im Cuxhavener Amtsgericht geht es derzeit um Zuzüge während der Flüchtlingskrise – und die Frage, ob mehrere Aufenthaltserlaubnisse zu Unrecht erteilt wurden. Foto: Koppe
Vor Gericht

Zwei Firmen in Geestland: Der Output spricht gegen echte geschäftliche Ambitionen

von Kai Koppe | 22.09.2025

Im Prozess um mutmaßlich erschlichene Aufenthaltstitel nährt eine Zeugenaussage den Verdacht, dass es sich bei den Gründungen um Scheinfirmen gehandelt haben könnte.

In einer Verhandlung um mutmaßlich zu Unrecht erlangte Aufenthaltstitel hat am Montag die amtierende Fachbereichsleiterin für den Bereich "Aufnahme und Einreise" ausgesagt. Die Landkreis-Beschäftigte hatte das Ressort im Januar 2024 übernommen; wie berichtet war bereits durch ihren Amtsvorgänger in Zweifel gezogen worden, dass eine Geschäftstätigkeit, der mehrere aus Syrien eingereiste Personen nachgegangen sein wollen, eine Verlängerung ihres Aufenthaltsrechts nach Paragraf 21 rechtfertigte.

Ein Prüfverfahren sei in dieser Sache jedoch ausgesetzt worden: Das sei so üblich, "wenn es ein Strafverfahren gibt", sagte die Zeugin. Sie bezog sich dabei auf Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Bundespolizei, die letztendlich in den aktuell geführten Prozess mündeten.

Zwei GmbHs und eine Vielzahl von Gesellschaftern 

Auf Nachfrage des Richters beschrieb die Frau, wie sich die Frage des Aufenthaltsrechts schließlich in einem anderen Licht darstellte: Sie selbst habe sich einen Geschäftsbericht zeigen lassen; letzterer lege aus ihrer Sicht nicht unbedingt nahe, dass hinter zwei Firmen, die von den Antragstellern in der Samtgemeinde Geestland gegründet worden waren, ein großes geschäftliches Interesse zu vermuten ist. Zu dieser Einschätzung gelangte die Zeugin nach eigenen Worten aufgrund des Geschäftsergebnisses: Auf nicht mehr als 1000 Euro soll es sich im Jahr 2021 belaufen haben. "Nicht gerade viel", so hieß es am Montag - mit einem Verweis auf die andererseits erstaunlich hohe Anzahl von offiziell gelisteten Geschäftsführern. Insgesamt soll es bei den unter einer Wohnadresse in Geestland registrierten und im Import-Export-Bereich tätigen Unternehmen 13 Gesellschafter geben. Allesamt hatten nach ihrer Ankunft vor circa zehn Jahren über die Kreis-Ausländerbehörde einen Aufenthaltstitel erhalten. Erteilt wurden diese Papiere wohlgemerkt nicht nach den Grundsätzen des Asylrechts, sondern über die oben erwähnte, ein Maximum an Bewegungsfreiheit gestattende 21er-Regelung. 

Dass die aus der Krisenregion in Nahost stammenden Antragsteller genau das bezweckt hatten, wird vom Angeklagten, einem seit vielen Jahren in Deutschland beheimateten Landsmann, überhaupt nicht bestritten. Heftig wehrt sich der Beklagte jedoch gegen die Auffassung, dass bei der Sache nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. Überzeugt, dass es sich bei den von den Zuwanderern gegründeten GmbHs um Scheinfirmen handelt, prüfte die Staatsanwaltschaft auch den Verdacht, dass an entscheidenden Stellen geschmiert worden sein könnte. Ob und inwieweit der offiziell als Mittelsmann auftretende Angeklagte in solche Machenschaften verwickelt war, muss das Schöffengericht innerhalb des gegenwärtig laufenden Verfahrens beurteilen.

Gibt es andere Ungereimtheiten?

An Rande des Prozesses könnten Details in den Fokus der Ermittlungsbehörden rücken, die mit dem hier verhandelten Vorwurf (Bestechung) gar nichts zu tun haben. Diese Möglichkeit war schon in vorangegangenen Terminen angeklungen. In der jüngsten Sitzung erwähnte Amtsrichter Stefan Redlin schließlich, wie überrascht er bei einer Durchsicht der zum Fall gehörenden Konten gewesen sei: Offenbar wurden unter den besagten Bankverbindungen erhebliche Geldsummen bewegt - ungeachtet des mageren Outputs, welchen der Anwalt des Beschuldigten allerdings mit dem Umstand erklärte, dass die Konten zum fraglichen Zeitpunkt bereits eingefroren gewesen wären.

Die Zeugin wiederum sprach davon, dass einige Personen, die zum Kreis der vor zehn Jahren eingereisten Geschäftsleute gehören, signalisiert hätten, einer anderen Geschäftstätigkeit nachzugehen. Auch gibt es nach ihren Worten in den jeweiligen Familien Kinder, die hierzulande eine Ausbildung absolviert haben - und ein Aufenthaltsrecht aus einem Beschäftigungsverhältnis ableiten können.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

(1 Stern: Nicht gut | 5 Sterne: Sehr gut)

Feedback senden

CNV-Nachrichten-Newsletter

Hier können Sie sich für unseren CNV-Newsletter mit den aktuellen und wichtigsten Nachrichten aus der Stadt und dem Landkreis Cuxhaven anmelden.

Die wichtigsten Meldungen aktuell


Bild von Kai Koppe
Kai Koppe

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

kkoppe@no-spamcuxonline.de

Lesen Sie auch...
Mehrere tote und verletzte Tiere

"Weiß nicht, was sich draußen ereignet": Wolfsangriffe sorgen für Angst in Steinau

von Egbert Schröder

Montagmorgen in Steinau: Jungen und Mädchen toben auf dem Außengelände des Kindergartens. Doch die Idylle ist trügerisch. Erneut hat es in dem Dorf einen Wolfsangriff auf Schafe gegeben; und das nur rund 100 Meter vom Kindergarten entfernt.

Polizeibericht

Motorradfahrer im Kreis Cuxhaven von Windböe erfasst und schwer verletzt

von Redaktion

Unberechenbare Böen können selbst erfahrene Biker aus dem Gleichgewicht bringen: Ein 41-jähriger Motorradfahrer aus Neuenkirchen ist am Wochenende in Dorum-Neufeld schwer verletzt worden.

Jede Menge Details

Hemmoor vor Entscheidung: Mehr als 350 Seiten zu geplanter "McDonald's"-Filiale

von Egbert Schröder

Jetzt gilt's: Noch in dieser Woche werden die konkreten Planungen und Gutachten für die mögliche Ansiedlung einer "McDonald's"-Filiale in der Stadt Hemmoor präsentiert und diskutiert.

Bei Herzstillstand

Woche der Wiederbelebung im Kreis Cuxhaven: Mobile Retter steigern Überlebenschancen

von Redaktion

In Deutschland startet die Woche der Wiederbelebung, um das Bewusstsein für lebensrettende Reanimation zu stärken. Initiativen wie das Projekt "Mobile Retter" setzen auf schnelle Hilfe durch Ersthelfer - und könnten die Überlebenschancen steigern.