Der Seenotrettungskreuzer Hermann Marwede der DGzRS-Station Helgoland koordiniert die Suche der Vermissten vor Ort. Foto: Die Seenotretter – DGzRS
Der Seenotrettungskreuzer Hermann Marwede der DGzRS-Station Helgoland koordiniert die Suche der Vermissten vor Ort. Foto: Die Seenotretter – DGzRS
Kollision in der Deutschen Bucht

Frachter stoßen nahe Helgoland zusammen: Mehrere Vermisste - ein Seemann tot geborgen

von Redaktion | 24.10.2023

Nach dem Zusammenstoß von zwei Frachtschiffen in der Deutschen Bucht suchen Rettungskräfte nach mehreren Vermissten. Zahlreiche Schiffe seien dazu im Einsatz, teilte das zuständige Havariekommando in Cuxhaven am Dienstag mit.

Ein Mensch wurde nach der Kollision aus dem Wasser gerettet. Dieser wird nun medizinisch versorgt. Sechs Menschen werden aktuell vermisst. Das teilte das Havariekommando in Cuxhaven am Vormittag mit. "Solange es, wie gesagt, einen Funken Hoffnung gibt, werden wir die Such- und Rettungsmaßnahmen fortführen. Im Moment ist nicht absehbar, dass sie eingestellt werden", sagte Christian Stipeldey, Sprecher der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am Dienstag in Bremen. Vier Seeleute eines untergegangenen Frachters werden seinen Angaben zufolge noch vermisst. Ein Mensch starb.

Sechs Seenotrettungskreuzer der DGzRS sind den Angaben der Gesellschaft zufolge im Einsatz, um die Vermissten zu suchen. Diese könnten nach einiger Zeit von anderen Rettungsschiffen abgelöst werden, sagte Stipeldey. Zudem sind auch zahlreiche weitere Behördenschiffe und Hubschrauber im Einsatz.

"Wir haben im Seegebiet verhältnismäßig herausfordernde Wetterbedingungen", sagte Stipeldey. An den Unglücksstellen herrschten Windstärke sechs und Wellengang mit bis zu drei Metern. Die Wassertemperatur beträgt zwölf Grad. Dennoch sei es möglich, «engmaschig» nach den Vermissten zu suchen, sagte der Sprecher.

Schiff nach Kollision gesunken

Gegen 5.00 Uhr am Dienstagmorgen sollen nach Angaben der Behörde die Frachtschiffe "Polesie" und "Verity" in der Deutschen Bucht zusammengestoßen sein. Die "Polesie" hatte 22 Menschen an Bord. Der Unfall ereignete sich demnach rund 22 Kilometer südwestlich der Hochseeinsel Helgoland und 31 Kilometer nordöstlich der ostfriesischen Insel Langeoog.

Die Rettungskräfte gehen davon aus, dass die "Verity" infolge der Kollision gesunken ist. Der andere Frachter, die "Polesie", sei dagegen schwimmfähig. Wie groß das Schadensbild genau ist und ob möglicherweise Ladung in die Nordsee gelangte, war zunächst unklar.

Die unter der Flagge Großbritanniens fahrende 91 Meter lange "Verity" war laut dem Havariekommando auf dem Weg von Bremen nach Immingham, einem Hafen an der englischen Nordseeküste. Das 2001 in den Niederlanden gebaute Schiff hat auf der Isle of Man seinen Heimathafen. Es gehört zu der britisch-niederländischen Reederei Faversham Ships.

Die Sicht war diesig

Der Frachter "Polesie" gehört zur polnischen Reederei Polsteam Group, die ihren Sitz in Stettin (Szczecin) hat. Dieses Schiff ist 190 Meter lang und 28,5 Meter breit - also deutlich größer als die "Verity". Es wurde 2009 in China gebaut und fährt unter der Flagge der Bahamas. Es war seit Montagabend auf dem Weg von Hamburg nach La Coruña in Nordwest-Spanien. Ob und was die Frachter geladen hatten, war zunächst nicht bekannt.

An der Küste war das Wetter am Dienstagmorgen diesig, die Sichtweite etwa von den Ostfriesischen Inseln auf die Nordsee gering. Laut dem Havariekommando herrschten in dem Seegebiet an der Unglücksstelle Windstärke sechs und Wellengang mit bis zu drei Metern.

An der Suche beteiligen sich zahlreiche Schiffe, darunter die Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS): "Hermann Marwede" von Helgoland und die "Bernhard Gruben" aus dem friesischen Hooksiel. Auch der Notschlepper "Nordic" und der Lotsentender "Wangerooge" sind im Einsatz, ebenso die Wasserschutzpolizei mit einem Schiff. Die Deutsche Marine beteiligte sich mit einem SAR-Rettungshubschrauber. Weitere Schiffe der Seenotretter, der Wasserschutzpolizei und Behörden waren am Dienstagmorgen auf dem Weg zur Unglücksstelle.

Kreuzfahrtschiff hilft bei der Suche

Das Havariekommando ließ das Seegebiet von einem Sensorflugzeug überfliegen, um nähere Erkenntnisse zu bekommen. Auch das Kreuzfahrtschiff "Iona" der Reederei P&O Cruises, das nahe der Unglücksstelle unterwegs war, unterstütze laut dem Havariekommando die Suche. Dort könnten Schiffbrüchige auch medizinisch versorgt werden - an Bord befinden sich mehrere Ärzte, hieß es. Weiteres medizinisches Personal wollen die Rettungskräfte per Helikopter zur Unglücksstelle bringen.

Das Havariekommando in Cuxhaven übernahm die Gesamteinsatzleitung. Die Behörde ist in Deutschland für die maritime Notfallvorsorge und das Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee zuständig. Es ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der fünf norddeutschen Bundesländer. Bei Unfällen auf der Nord- und Ostsee plant und organisiert es Hilfe etwa für Verletzte, bei Verunreinigungen durch Schadstoffe und bei Bränden.

Erinnerung an Schiffsunglück 1998

Das Unglück auf der Nordsee ereignete sich fast auf den Tag genau 25 Jahre nach einem der größten Schiffsunglücke in der deutschen Geschichte. Am 25. Oktober 1998 war der italienische Holzfrachter "Pallas" auf dem Weg von Schweden nach Marokko, als die Holzladung vor der dänischen Nordseeküste in Brand geriet. Das Schiff trieb führerlos in deutsche Gewässer und strandete vor der Insel Amrum. Es kam zu einer großen Ölverschmutzung, in deren Folge viele Vögel starben.

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