
Ärger bei Kommunalwahl: Cuxhavener Wahllokal gehen vorübergehend die Stimmzettel aus
CUXHAVEN. Einem Cuxhavener Wahllokal sind am Wahlsonntag die Stimmzettel ausgegangen, was bei Wählerinnen und Wählern für Frust gesorgt hat. Was bedeutet dies für die Rechtmäßigkeit der Wahl?
Bei der Kommunalwahl am vergangenen Sonntag ist es in einem Cuxhavener Wahllokal zu einem Zwischenfall gekommen: Im Wahlbezirk 2 (Feuerwehrgerätehaus Stickenbüttel) sind am Nachmittag vorübergehend die Stimmzettel ausgegangen, Wählerinnen und Wähler mussten dadurch lange Wartezeiten in Kauf nehmen - oder verließen das Wahllokal unverrichteter Dinge wieder. Das Wahlergebnis ist dennoch rechtmäßig.
Lange Wartezeit auf Urnengang
Als Solveigh Wegele am Sonntag gegen 15.30 Uhr das Wahllokal in Stickenbüttel aufsuchte, traute sie zunächst ihren Ohren nicht. "Mir wurde mitgeteilt, dass die Stimmzettel aufgebraucht seien und wir nun auf Nachschub warten müssten." Einige andere Wählerinnen und Wähler berichteten ihr gegenüber, zu dem Zeitpunkt bereits rund 20 Minuten auf neue Stimmzettel zu warten. "Um kurz nach 16 Uhr trafen sie dann ein", so Wegele.
Stadt Cuxhaven bestätigt Vorfall
Den Vorfall hat die Stadt Cuxhaven inzwischen auf Nachfrage bestätigt. "Fakt ist, dass die Wahlleitung aus dem Wahlvorstand um 15.34 Uhr ein Anruf erreicht hat, dass weitere Stimmzettel benötigt werden", berichtet Sprecher Christian Somnitz. Zu diesem Zeitpunkt seien im Wahllokal noch Stimmzettel vorhanden gewesen. "Der Nachschub wurde dann wenige Minuten nach 16 Uhr angeliefert", so Somnitz. "In diesem Zeitfenster sind in dem Wahlbezirk tatsächlich die Stimmzettel ausgegangen, sodass Wählerinnen und Wähler hierauf warten mussten." Er widersprach jedoch der Darstellung, wonach rund eine Stunde lang keine Stimmzettel verfügbar gewesen seien.
Wähler rücken unverrichteter Dinge ab
Allerdings bedauere die Stadt, dass es überhaupt so weit gekommen sei. "Dass auf Stimmzettel gewartet werden muss, soll natürlich nicht passieren", sagte Oberbürgermeister Uwe Santjer. "Für die Wählerinnen und Wähler, die warten mussten und dadurch verärgert waren, tut es mir leid." Warten musste auch Solveigh Wegele - und zwar nicht nur, bis die neuen Stimmzettel eingetroffen waren. "Es hatte sich schon vor meiner Ankunft im Wahllokal eine Warteschlange gebildet, die durch die Wartezeit auf die neuen Stimmzettel immer länger wurde." Eine Nachbarin habe ihr später berichtet, dass sie über eine Stunde lang im Wahllokal ausharren musste, bis sie ihre Kreuze für die Stadtrats- und Kommunalwahl machen durfte.
250 Stimmzettel ausgeliefert
Aber wieso konnte es überhaupt so weit kommen? "Die Wahlvorstände erhalten nur ein gewisses Kontingent von Stimmzetteln am Morgen des Wahltages geliefert", erläutert Somnitz. "Die Stimmzettel für eine 100-Prozent-Wahlbeteiligung in die Wahllokale auszuliefern, würde aufgrund der Größe und des Gewichts der Stimmzettelblöcke die logistische Herausforderung in dem ohnehin knappen Zeitfenster zwischen Zusammentreffen der Wahlvorstände und Beginn der Wahlhandlung unangemessen erhöhen." Die Auslieferer hätten lediglich zwischen 7.15 und 7.45 Uhr am Wahlsonntag Zeit, um die Stimmzettel in die einzelnen Wallokale zu bringen. "Wenn wir früher mit der Verteilung der Stimmzettel beginnen würden, müssten sich auch alle Wahlvorstände entsprechend eher in den Wahllokalen einfinden."
Nachlieferungen im Tagesverlauf möglich
Wie viele Stimmzettel pro Wahllokal ausgeliefert werden, hänge von den Erfahrungswerten zurückliegender Wahlen und insbesondere vom Briefwahlaufkommen ab. "Und das hat sich im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl nahezu verdoppelt", so Somnitz. Im Laufe des Tages erhalten die Wahlvorstände seinen Angaben zufolge dann - je nach Verlauf der Wahlbeteiligung im Wahllokal - weitere Stimmzettel. "Durch Abfragen zur Wahlbeteiligung um 12 Uhr und um 16.30 Uhr kann dies rechtzeitig nachjustiert werden." Zumindest theoretisch, in der Praxis klappt dies offenbar nicht immer, wie das Stickenbütteler Beispiel zeigt.
Hohes Wähleraufkommen am Nachmittag
Nach Stadt-Angaben seien dem Wahllokal in Stickenbüttel morgens je 250 Stimmzettel geliefert worden. "Bis zur Abfrage am Mittag waren 114 Wahlberechtigte vor dem Wahlvorstand erschienen, sodass es zu diesem Zeitpunkt keinen Anlass gab, den Wahlvorstand mit weiteren Stimmzetteln auszustatten", sagt Somnitz. "In den Nachmittagsstunden erfuhr das Wahllokal einen überdurchschnittlich starken Zulauf, was den Wahlvorstand um 15.34 Uhr veranlasste, bei der Wahlleitung weitere Stimmzettel anzufordern." In anderen Wahlbezirken habe es weder am Sonntag noch in der jüngeren Vergangenheit ähnlich Vorfälle gegeben, teilte Somnitz mit.
Wahl wohl nicht anfechtbar
Auf die Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses habe der Vorfall seinen Aussagen zufolge keine Auswirkungen. "Der Vorfall ist aus Sicht des Gemeindewahlleiters Uwe Santjer nicht ausreichend, um begründete Zweifel an der Gültigkeit der Wahlen aufkommen zu lassen." Nach dem Eintreffen des Stimmzettel-Nachschubs habe das Wahllokal noch knapp zwei Stunden geöffnet gehabt, in denen Wahlberechtigte ihre Stimme hätten abgeben können. Somnitz: "In Anbetracht der gegenüber 2016 im Stadtgebiet nochmals gestiegenen Wahlbeteiligung von 52,8 Prozent - das sind 514 Wählerinnen und Wähler mehr als 2016 - mit insgesamt 21 370 Wählerinnen und Wählern lässt sich nicht begründet darlegen, dass eine Wartezeit von weniger als einer halben Stunde in einem von 74 Wahlbezirken das Wahlergebnis derart beeinflusst hat, dass man aufgrund dessen die Gültigkeit der Wahl oder gar das Wahlergebnis in Zweifel zieht."
Keine Verzerrung des Wahlergebnisses
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Prof. Dr. Hermann Butzer, Lehrstuhlinhaber der Juristischen Fakultät der Leibniz-Universität Hannover. "Gemäß des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes ist der der unter den konkreten Verhältnissen mögliche Einfluss des Wahlfehlers entscheidend." Hierbei sei es von besonderer Bedeutung, wie knapp oder eindeutig das mit dem Wahleinspruch in Zweifel gezogene Wahlergebnis ausgefallen ist. "Der vorliegende Wahlfehler in Cuxhaven wäre also beeinflussend gewesen, wenn ohne den Verstoß die konkrete Möglichkeit bestanden hätte, dass andere Bewerber gewählt worden wären", sagte Butzer auf Anfrage. Den vorläufigen Endergebnissen aus dem Stickenbütteler Wahllokal zufolge, kann von einer solchen Verzerrung des Wahlergebnisses jedoch keine Rede sein.
Vorfall soll sich nicht wiederholen
Erneuten Ärger aufgrund eines solchen Zwischenfalls werde es bei der Bundestagswahl nicht geben, versichert Somnitz: "Die Stimmzettel für die Bundestagswahl sind deutlich kleiner, zudem gibt es nur eine Wahl und daher weniger Stimmzettel."