Das Bäckereigeschäft an der Hauptstraße zum 50-jährigen Jubiläum im Dezember 1980. Die Familie wohnte über der Bäckerei. Zu beachten ist auch die Szene aus Hänsel und Gretel rechts oben über dem Schaufenster. Foto: CNV-Archiv
Das Bäckereigeschäft an der Hauptstraße zum 50-jährigen Jubiläum im Dezember 1980. Die Familie wohnte über der Bäckerei. Zu beachten ist auch die Szene aus Hänsel und Gretel rechts oben über dem Schaufenster. Foto: CNV-Archiv
Im Wandel der Zeit

Altenwalder Familien-Bäckerei Neuber: Wie alles begann - und endete

von Maren Reese-Winne | 23.01.2022

CUXHAVEN-ALTENWALDE. Der Altenwalder Ortskern hat sich verändert, seit auch die letzten Reste der einstigen Bäckerei Neuber neben der Apotheke gefallen sind. Aber aus den Köpfen wird der Traditionsbetrieb so bald nicht verschwinden.

Drei weitere Bäckereien konkurrierten um die Gunst der damals 600 Einwohner Altenwaldes, als Otto und Gertrud Neuber im Dezember 1930 ihre Bäckerei in der Hauptstraße 5 gründeten. Und das im Angesicht der Weltwirtschaftskrise und mit fünf Kindern.

Im Krieg war Otto Neuber in der Bäckerei von der Heyden dienstverpflichtet. Tragischerweise wurde er dort durch eine Splitterbombe am 10. April 45 - vier Wochen vor Kriegsende - schwer verwundet und verlor ein Auge.

Doch die Bäckerei eroberte sich weiter ihre Position im Ort. Erst mit Pferd und Wagen, später mit einem dreirädrigen Goliath fuhr der Chef Brötchen und Brote aus. Mit den Anfängen der Bundeswehr in Altenwalde wurde auch die Kaserne beliefert.

Leidenschaft für gute Brötchen

1964 übernahm der älteste Sohn Helmut gemeinsam mit seiner Frau Else die Bäckerei. Als Spezialität, so der älteste Sohn Gerd Neuber, kristallisierte sich die Leidenschaft für gute Brötchen heraus. "Lange Teigruhe und lange Teigreife" - diesen Grundsatz habe er übernommen, als er in die erste Reihe getreten sei. Von der heutigen Brötchenvielfalt sei damals keine Rede gewesen, sagt Else Neuber lächelnd: "Normale Brötchen, Mohn, Sesam, Roggen, Rosinen" - das sei es dann auch schon gewesen. Und beim Brot reichte die Auswahl zwischen Schwarzbrot, Graubrot und Harburger den meisten völlig.

Sie stand selbstverständlich mit im Laden, nicht ohne dass sie vorher noch Brötchen ausgefahren hatte. "In ganz Süderwisch, wo wir mit zwei Azubis von Haus zu Haus fuhren, wohnten Soldaten aus Altenwalde", erinnert sie sich.

Geschäft brummt auf Wochenmarkt

Auch auf dem Wochenmarkt brummte das Geschäft. Überhaupt liebte es Helmut Neuber, nach draußen zu gehen: Es gab kaum ein Straßenfest, das er ausließ. Nichts war schöner, als den Besuchern bei Op no Dös oder beim Otterndorfer Straßenfest noch warme Berliner oder Mandelmutzen über den Tresen zu reichen.

"Wir haben mit dem Ort gelebt, waren sehr bürgernah", so Else Neuber. Für viele Kunden im Dorf waren das Klönen und die Kontakte fast wichtiger als das tägliche Brot. "Das war unsere große Stärke." In der Adventszeit wurden die Kinder des Ortes zum Keksebacken in die Backstube eingeladen.

Das 50-jährige Jubiläum wurde 1980 in den Braustuben mit Tanz und Ehrenurkunde der Kreishandwerkerschaft gefeiert, eine Urkunde zum 75-jährigen Jubiläum kam 2005 hinzu.

Als Musiker aufgetreten

Gerd Neuber denkt aber auch gern an all die Feiern und Aktionen zurück, die sein Vater und er angeschoben haben: Der Herbstmarkt ab 1987, bei dem Helmut Neuber gemeinsam mit Horst Scholz zur Hochform auflief und auch als Musiker in Erscheinung trat, all die Aktionen mit der von ihm selbst mitgegründeten Werbegemeinschaft, Maifeste und Osterfeuer - das sei eine tolle Zeit gewesen. Auch die Feuerwehr sei die Leidenschaft seines Vaters gewesen. Er organisierte rauschende Feste und Theateraufführungen, für die in der Backstube geprobt wurde.

Das Bäckereigeschäft veränderte sich mehrfach und der Betrieb expandierte. Nach dem Anbau von 1967 kam um 2000 die große Halle für die Backstube hinzu. Helmut Neuber unterhielt außer dem Stammgeschäft die Filiale im Minimal-Markt in Cuxhaven. Gerd Neuber, inzwischen längst selbst Bäckermeister, gründete die Meisterbäcker Neuber GmbH als eigenständige Gesellschaft. Der leider im Dezember 2017 bei einem tragischen Unfall auf der A 27 verstorbene Jahr Sohn Christian hatte seine eigene Firma. Überall im Landkreis und in Bremerhaven waren Neuber-Filialen zu finden, viele in Supermärkten und oft mit Café-Charakter. Das bedeutete viel Arbeit, über 100 Beschäftigte und weite Fahrstrecken.

Neuber noch immer unterwegs

Gerd Neuber konnte das allein nicht mehr wuppen. Doch der Name Neuber und seine Backwaren sind aus dem Landkreis Cuxhaven nicht verschwunden. Man trifft Gerd Neuber in der Bäckerei seiner Tochter in Ihlienworth und auch der kleine Edeka im Hafen wird noch mit Backwaren beliefert.

Und auf Bestellung backt Neuber auch gerne noch ein paar der leckeren Harburger-Brote, die - frisch aus dem Ofen - so gut duften, dass sich auch überzeugte Low-Carb-Fanatiker (also Kohlenhydrat-Verächter) zum Probieren verführen lassen.

Über die Pläne für das einstige Bäckerei-Grundstück kann er nur sagen, dass ein Investor dort 17 Wohnungen bauen will. Der Altenwalder Ortskern wird also ein neues Gesicht annehmen.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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