
Neues Projekt gegen Einsamkeit: Altenwalder Mittagstisch von Beginn an erfolgreich
CUXHAVEN-ALTENWALDE. Und wieder ist nach Flüchtlingshilfe und Second-Hand-Kaufhaus ein soziales Projekt in Altenwalde auf den Weg gebracht.
Die Stimmen der Senioren waren es, die auf bewegende Weise in einem Filmbeitrag deutlich machten, wie wertvoll das neueste soziale Projekt in der Gemeinde ist: Beim Altenwalder Mittagstisch geht es um viel mehr als nur ums Essen. Für viele sind diese beiden Termine die Höhepunkte der Woche - weil sie da nicht einsam sind. Aber einfach lecker essen kann man im Gemeindehaus auch. Die Gäste der offiziellen Eröffnung zeigten sich am Mittwoch berührt und hellauf begeistert.
Platz ist da oder wird geschaffen
Ohne große Werbung ist der Mittagstisch im September im Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde an den Start gegangen und führt derzeit bis zu 20 Menschen zusammen. Pastor Achim Wolff denkt schon größer: "50 Leute würden wir auch unterkriegen", grinst er, "notfalls nehmen wir den Nachbarraum noch dazu."
Mitmachen erlaubt
Wer will, kann immer dienstags und donnerstags ab zehn Uhr in der im Rahmen des Projekts installierten neuen Profi-Küche im Gemeindehaus mitschnippeln, -rühren und -kochen. Ab 12.30 Uhr ist der Tisch dann gedeckt - natürlich auch für Gäste, die nicht mitgekocht haben. Alle bedienen sich am Büfett, es gilt 2G.
"Dann kommt der wichtigste Teil: Sitzenbleiben zum Klönen", erzählt Achim Wolff. Manchmal werde die Runde erst um 14 Uhr aufgehoben. "Was uns von Anfang an beeindruckt hat, war die Mischung aus Leuten, die sich kennen, und Leuten, die sich noch nicht kannten", freut sich Hauptorganisatorin Mirjam Schneider vom "Offenen Herz Altenwalde".
Wird nichts weggegessen
Personen mit wenig Geld oder einer kleinen Rente essen zum günstigeren Preis: Vier statt sechs Euro oder bei einfacheren Gerichten drei statt 4,50 Euro. "Unsere Runde ist aber grundsätzlich für alle gedacht", betont Mirjam Schneider, "und es braucht auch niemand zu befürchten, anderen etwas wegzuessen."
Dafür sorgen schon Sabine Fick und die Ehrenamtlichen des Küchenteams, die unermüdlich Platten herbeischleppen und nachlegen, bis alle satt sind. Die aus einem bäuerlichen Betrieb in der Börde Lamstedt kommende "Küchenchefin" erntete bei der Eröffnung Lob von allen Seiten: "Sie kann auf Menschen zugehen, sie merkt sich die Lebensgeschichten, begrüßt die Leute mit Namen und steht für gutes Essen, das schmeckt", zählte Achim Wolff auf. Und sie suche gerne saisonale und regionale Gerichte aus, die die meisten Gäste liebten, ergänzte Sabine Fick. Wünsche dürften gerne geäußert werden.
Das Projekt hat aber noch eine andere Dimension, das auch mit der Flüchtlingsinitiative "Offenes Herz" zusammenhängt: Geflüchtete Menschen sind nicht nur als Gäste und Beteiligte willkommen, sondern auch eingeladen, Thementage mit Gerichten aus ihrer Heimat zu gestalten. So kommen Begegnungen und Gespräche wie von selbst.
Gegen Einsamkeit, für Spaß
"Wir wollen mit diesem Projekt auf den demografischen Wandel reagieren, etwas gegen Einsamkeit und Armut im Alter tun, aber auch Beteiligungsmöglichkeiten schaffen", zählt Achim Wolff auf. "Aber auch soziale Kontakte knüpfen, Spaß haben und so die Lebensqualität steigern." Zu den Angesprochenen zählten auch Kinder aus Familien alleinerziehender Elternteile oder solche ohne Hortplatz und Mittagsgelegenheit. "Jetzt gucken wir, ob es diese Zielgruppe gibt."
Förderer überzeugt
Das Konzept überzeugte auch beim Amt für regionale Landesentwicklung, das das Projekt mit Mitteln aus dem Leader-Programm (Programm der EU zur Förderung des ländlichen Raums) unterstützt.
Lienhard Varoga, Leiter der Geschäftsstelle Bremerhaven, bescheinigte Pastor Achim Wolff bei der Umsetzung der Idee einmal mehr "missionarische Eigenschaften". Bürgermeisterin Silke Karallus dankte ebenso Kirstin Fossgreen, die auf diese Förderungsmöglichkeit aufmerksam gemacht hatte. Friedhelm Ottens, Sozialdezernent beim Landkreis Cuxhaven, stellte fest: "Hier finden sich immer wieder Leute, die ganz besonders viel auf die Beine stellen" und bot sich zum Vorlesen der einen oder anderen Geschichte in dieser Runde an.
Und Ortsbürgermeister Ingo Grahmann erinnerte sich an seine Kindheit, in der auch die Küche stets der verbindende Ort war.
144.000 Euro fließen
Insgesamt fließen in den nächsten zwei Jahren 144 000 Euro in das Projekt - für die neue Küche und für Personalkosten (auch für eine Reinigungskraft) -, die durch Leader zu 65 Prozent gefördert werden. Den Rest "leistet" sich die Kirchengemeinde. "Weil wir es wichtig finden", so Achim Wolff. Der Kirchenvorstand gebe vollen Rückhalt. Die Eigenbeteiligung der Gäste könne die für ein solches Projekt notwendigen Mittel leider nicht decken.
Wolff glaubt aber fest an eine Verstetigung und hat auch eine Vision: "Dass dieser Saal in fünf Jahren nicht mehr ausreicht."
Dabei sein
Die Anmeldung erfolgt in der Vorwoche entweder über Telefon (0 47 23) 5 00 18 93 oder über den "Mittagstisch"-Briefkasten.
Im Gemeindebüro werden Tickets zum Preis von 6 oder 4,50 Euro (je nach Gericht) verkauft (Montag und Freitag 10 bis 12 Uhr, Donnerstag 16 bis 19 Uhr) . Der Preis reduziert sich für Leistungsempfänger.
Der Mittagstisch richtet sich vorwiegend an Seniorinnen und Senioren, aber auch an alle anderen, die nicht alleine kochen und essen möchten.
Kontakt: info@altenwalder-mittagstisch.de; Info: www.altenwalder-mittagstisch.de