"Sich auf neue Gegebenheiten hinsichtlich des Impfstoffs einzustellen, kontinuierlich auf dem neuesten Stand zu sein und das den Impflingen verständlich erklären", sagt Sonja Köster. Foto: Picture People/Hamburg
"Sich auf neue Gegebenheiten hinsichtlich des Impfstoffs einzustellen, kontinuierlich auf dem neuesten Stand zu sein und das den Impflingen verständlich erklären", sagt Sonja Köster. Foto: Picture People/Hamburg
Corona im Kreis Cuxhaven

"Arbeitstage ohne Pause": DRK-Mitarbeiterin opfert ihre Freizeit, um andere zu impfen

26.02.2022

KREIS CUXHAVEN. Seit einem Jahr rollen die mobilen Impfteams des DRK Cuxhaven-Hadeln durch den Landkreis Cuxhaven. Sonja Köster war von Anfang an dabei - und berichtet von ihren Erfahrungen.

Normalerweise ist Sonja Köster als Leitung der DRK-Sozialstation Hemmoor/Börde Lamstedt für die Personaleinsatzplanung oder Aufnahme von Kunden zuständig. Die Pandemie hat ihren Berufsalltag auf den Kopf gestellt. Nach langen Arbeitstagen und unzähligen verabreichten Corona-Impfungen hat die Cadenbergerin ihren Arbeitseifer nicht verloren. Im Interview erzählt Köster, was sie antreibt.

Wie sind Sie dazu gekommen bei den mobilen Impfteams mitzuarbeiten?

Alles fing mit PCR-Abstrichen bei unseren DRK-Mitarbeitern an. Diese durchzuführen, war Aufgabe der Einrichtungsleitungen und somit war ich in der Sozialstation Hemmoor/Börde Lamstedt dafür mitzuständig. Das war neu für mich, da ich so etwas zuvor nie gemacht habe. Als das Coronavirus näher rückte, ich denke da an den Ausbruch im Otterndorfer DRK-Seniorenheim Haus am Süderwall, fingen wir an, auch das Pflegeheim bei den täglichen Bewohner-Testungen zu unterstützen. Als es hieß, dass der Impfstoff im Januar des vergangenen Jahres kommen würde, hat keiner von uns gezögert. Jedem war klar: Egal, an welchem Tag, egal zu welcher Uhrzeit - wir sind dabei!

Also sozusagen "Mitgefangen, mitgehangen..."

Ja, genau! Das Mitwirken im Impfteam war zwar immer freiwillig, es war für mich und auch für meine Kollegen selbstverständlich diese Aufgaben zu übernehmen. Wir wussten, dass das wichtig ist.

Das war bestimmt eine sehr intensive, arbeitsreiche Zeit für Sie und Ihr Team. Wie sah Ihr Berufsalltag in dieser Zeit aus?

Es sind einige Aufgaben im Büro weggefallen, sodass wir ein gewisses Stundenkontingent übrig hatten und anbieten konnten. Dennoch haben wir über das normale Maß hinaus gearbeitet. Das heißt: Wir haben häufig morgens unsere normale Bürotätigkeit in der Sozialstation erledigt und sind abends zu Pflegeheimen im gesamten Landkreis gefahren, um zu impfen. Das waren lange Tage.

Was ist das Besondere an Ihrer Arbeit bei den mobilen Impfteams?

Es ist eine Abwechslung zum normalen Berufsalltag, den es vor der Corona-Pandemie gab. Dazu empfinde ich die Arbeit als sinnvoll, weshalb sie mir umso mehr Spaß macht. Ich arbeite unglaublich gerne mit Menschen. Die kurzen Kontakte zu den Impflingen bringen viel Abwechslung mit sich. Besonders ist für mich vor allem die große Dankbarkeit der Menschen, aber auch kleine Späße und kurze Gespräche genieße ich. Auch im Team selbst hatten wir immer eine lockere, gute Stimmung. Jeder hatte Lust zu arbeiten und je mehr wir geschafft haben, desto besser haben wir uns dann auch gefühlt. Der Arbeitseifer war immer groß.

Gab es auch Menschen, die keine gute Laune verbreitet haben, wenn Sie zur Impfung kamen?

Es kamen auch Menschen, die sich dazu gezwungen gefühlt haben, sich impfen zu lassen. Dann waren die Gespräche andere. Zum Beispiel fingen die Personen an, mit mir zu diskutieren, haben über die Politik geschimpft oder ihre Unzufriedenheit hinsichtlich der Impfstoffauswahl geäußert. Hatten wir nicht den gewünschten Impfstoff parat, sind manche Leute gegangen, meinten, dass sie sich dann nicht impfen lassen wollen und haben die Tür zugeknallt. Das sind wirklich wenige gewesen. Aber das war, wie bei allen anderen auch, nur ein kurzer Kontakt.

Das war mit Sicherheit nicht die einzige Herausforderung, der Sie sich in den vergangenen Monaten stellen mussten, oder?

Die größte Herausforderung war, sich immer wieder auf neue Gegebenheiten hinsichtlich des Impfstoffs einstellen zu müssen, kontinuierlich auf dem neuesten Stand zu sein und das den Impflingen verständlich zu erklären. Nicht jeder kann das. Es lag nicht in unserer Hand, wann wir welchen Impfstoff bekommen. Wir konnten es uns auch nicht aussuchen. Dazu kamen die stetig wechselnden Erkenntnisse bezüglich der Anwendung der Impfstoffe oder des Genesenen-Status. Aber auch das Impfen selbst war zu Beginn eine Herausforderung. Das gehörte zuvor nicht zu unseren Aufgaben. Wir bekamen eine Schulung von unserem Betriebsarzt und wir haben uns gegenseitig geimpft, um zu üben. Obwohl das schnell in Routine überging, waren meine Kollegen und ich uns in der Anfangszeit unsicher, ob wir alles richtig machen. Des Weiteren hat uns die intensive Impfphase im November und Dezember gefordert. Ich erinnere mich an einen Tag in Otterndorf, an dem wir zu viert insgesamt ungefähr tausend Menschen geimpft haben. Das waren Arbeitstage ohne Pause.

Was hat Ihnen in dieser Zeit geholfen motiviert zu bleiben?

Wenn die Stimmung gut ist und ich merke, ich schaffe etwas, dann bin ich auch motiviert. Ich brauche im Arbeitsumfeld fröhliche Menschen um mich. So komme ich gut durch den Tag, die Zeit vergeht schnell und ich gehe zwar müde, aber zufrieden und gut gelaunt nach Hause.

Es gibt Menschen, die der Corona-Impfung skeptisch gegenüberstehen. Wie sehen Sie das?

Ich habe Verständnis dafür, wenn jemand skeptisch ist. Es gibt Personengruppen, wie zum Beispiel Schwangere, bei denen ich die Unsicherheit gut nachempfinden kann. Auch andere dürfen das Thema meiner Meinung nach kritisch betrachten, sollten sich aber an den richtigen Stellen beraten lassen. Dazu gehört nicht das Internet oder Kommentare auf Facebook. Es wäre wichtig zu sagen: "Ich gehe zum Hausarzt oder zum Facharzt." Selbst ich musste ein paar Tage vor meiner ersten Impfung einige Dinge klären. Ich wollte das für mich entscheiden und mit meinem Hausarzt sprechen, weil das alles neu war. Auch bei meinen Kindern habe ich überlegt und mir zunächst Informationen eingeholt. Ich finde, dass es in Ordnung ist, zu überlegen und alles erst einmal sacken zu lassen. Wofür ich allerdings kein Verständnis habe, sind Impfgegner.

Können Sie ihre Haltung zu dieser Personengruppe näher erläutern?

Ich kann es nicht nachvollziehen, dass manche Menschen pauschal gegen die Corona-Impfung sind. Wir kommen so nicht weiter. Mir fehlen da die Worte. Ich möchte diesen Menschen an dieser Stelle aber auch gar nicht so viel Raum geben.

Das Jahr 2022 hat gerade erst begonnen. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?

Viele wünschen sich, dass Corona bald vorbei ist. Das ist womöglich der Wunsch von allen. Ich würde mir noch viel mehr wünschen, dass das Chaos, was seit Ausbruch der Pandemie herrscht, aufhört. Es wäre schön, wenn sich die Politik endlich einig wird und nicht jeder etwas anderes macht oder entscheidet. Darunter leidet nicht nur die Glaubwürdigkeit, es leiden auch die Menschen, die sich für andere einsetzen. Wir sind diejenigen, die an der vordersten Front stehen und den Ärger der Menschen abbekommen, nicht die Entscheidungsträger. Dazu zählen nicht nur die mobilen Impfteams, sondern auch zum Beispiel die Hausarztpraxen und ihre Angestellten.

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