Der Metalldetektor hat Laut gegeben - nachdrücklicher und lauter als zuvor. Für Ralf Braesch das Signal, stehen zu bleiben und mit dem Spaten zu graben, um den verborgenen Gegenstand zu finden. Foto: Reese-Winne
Der Metalldetektor hat Laut gegeben - nachdrücklicher und lauter als zuvor. Für Ralf Braesch das Signal, stehen zu bleiben und mit dem Spaten zu graben, um den verborgenen Gegenstand zu finden. Foto: Reese-Winne
Mit Ralf Braesch unterwegs

Besonderes Hobby: Cuxhavener Sondengänger bringt die Erde zum Klingen

von Maren Reese-Winne | 13.02.2021

CUXHAVEN. Aus welchem Material der Fund ist, der dort in der Erde gerade Laut gibt, hört Ralf Braesch meist schon am Tonsignal. 

 Die erste Sonde, die er sich gekauft hatte, wanderte erst mal fünf Jahre in den Schrank. Dann raffte er sich auf, sie mal zu einem Strandspaziergang mitzunehmen, und stieß direkt auf eine Münze. "Von da an war ich infiziert", sagt Ralf Braesch und grinst. Für ihn ist klar: "Das ist ein Hobby fürs Leben."

Irgendwo im Landkreis, kurz bevor der Winter doch noch die Landschaft mit Schnee bedeckt: Wir haben uns offensichtlich gerade noch rechtzeitig verabredet. Ralf Braesch hat sich ausgerüstet, die Jacke bis zum Kragen geschlossen und die matschtauglichen Schuhe angezogen. Aus einem Koffer sucht er sich den für heute passenden Metalldetektor aus, klemmt sich Bauchtasche und Handtuch um.

Jedes Pflügen bringt Neues hervor

Auf die Kopfhörer, mit denen er die Tonsignale noch besser hören könnte, verzichtet er heute - damit wir ein bisschen sprechen können übers Sondengehen, archäologische Besonderheiten im Landkreis und die Faszination anfangs völlig unscheinbarer Gegenstände. "Bei jedem Pflügen kann etwas Neues hochgeholt werden, das ist wie ein Topf Brei, der umgerührt wird", erklärt Ralf Braesch, während der Detektor zu unseren Füßen losknarzt.

Eines betont Ralf Braesch, von Beruf Immobilienmakler, immer wieder: Einfach so loszuziehen, das geht nicht und ist verboten. Auch den Acker, über den wir heute Streifen für Streifen hinwegstiefeln, hat ihm der Kreisarchäologe ans Herz gelegt. Bei der Stadt- und der Kreisarchäologie ist Ralf Braesch (55) seit Jahren bekannt, man kennt und schätzt sich. Seine Suchgebiete sind mit den Fachleuten abgestimmt.

Voll konzentriert

Unter drei Stunden dauert ein solcher Sondengang in der Regel nicht. Meist ist Ralf Braesch ganz allein und voll konzentriert mit Kopfhörern unterwegs und "sondelt" parallel mit den Augen mit. Aus welchem Material der Gegenstand besteht, der die Geräusche auslöst, hört er schon am Tonsignal. Ob das, was dort liegt, einen Monat, 100 oder 1000 Jahre alt ist, weiß er nicht, wenn er stehen bleibt und zum Spaten greift.

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Am häufigsten ist es Müll

Pragmatisch müssen Sondengänger allerdings sein: "Mindestens 80 Prozent sind Müll", schätzt Ralf Braesch. Und schon ein Schokoladenpapier aus Aluminium gibt Signal. Immer, wenn es lauter wird, legt er die große Sonde beiseite und gräbt sich mit dem Spaten an das Fundstück heran. Ein kleiner Handdetektor hilft ihm, es zu finden. Dabei kann auch das Unscheinbarste ein interessanter Fund sein: "Eisenfunde können Klumpen voller Rost sein, Gold sieht sofort aus wie Gold", sagt Ralf Braesch. Er muss es wissen, schließlich fand er 2016 an der Altenburger Burg eine römische Goldmünze, die 2019/20 bei der Mittelalter-Sonderausstellung im Museum "Windstärke 10" ausgestellt wurde.

Jeder Fundort genau dokumentiert

etzt hat er auch etwas Interessantes in der Hand. "Vielleicht ein Knopf", vermutet er. Genaues kann er hier draußen auf dem Acker nicht erkennen, aber: "Das messe ich mal ein." Mit einem mobilen GPS-Gerät ermittelt er den genauen Standort, versenkt den runden Metallgegenstand in einen kleinen Plastikbeutel und beschriftet diesen - als Anhaltspunkt für die Fachleute, die sich das mal genauer ansehen sollen.

Müll hingegen wandert in den Beutel, der an seiner Hüfte hängt. "Den lass ich ja hier nicht liegen."

Selbst als Fachmann anerkannt

Der richtig spektakuläre Fund will heute nicht gelingen - so einer wie etwa das römische Klappmesser, das ein Freund vor ein paar Jahren gefunden hat und das eine Szene zeigt, in der ein Hund einen Hasen beißt. Es stellte sich heraus, dass ein Gegenstück dazu im römisch-germanischen Museum im Köln zu sehen ist.

Die Fachbegriffe gehen Ralf Braesch wie selbstverständlich über die Lippen. Das macht der Austausch mit den Fachleuten wie etwa dem ehemaligen Cuxhavener Stadtarchäologen Andreas Wendowski-Schünemann und vielen anderen. Die Wissenschaftler sind sich nicht zu schade, zum Telefonhörer zu greifen und um seine Idee zu einem Fundstück zu bitten.

Ralf Braesch tauscht sich auch mit anderen Sondengängern in einem Internetforum aus. Da geht es um Fundstätten, -deutungen und Erfahrungen. "Zu jedem Fachgebiet gibt es Untergruppen: Fibeln, Münzen ...", erklärt der Grodener. Münzen wie zum Beispiel das Regenbogenschüsselchen, eine keltische Goldmünze (etwa 100 v. Christus), die er mal gefunden hat.

Cuxland voller interessanter Fundstätten

Das Cuxland hält reichlich Zeugnisse aus verschiedensten Epochen bereit. Das liegt an der strategischen Lage, am regen Handel und den halbwegs sicheren Lebensbedingungen auf dem lang gestreckten Geestrücken, der weit in Weser- und Elbmündung hereinreicht, die Menschen vor den Eindeichungen vor den Fluten bewahrte und nicht zuletzt als ritueller Ort bedeutsam war. Was Menschen über Jahrtausende und Jahrhunderte vielleicht nur verloren oder weggeworfen haben, erzählt heute deren Geschichte.

Manchmal kommt direkt der Kampfmittelräumdienst

Häufig stößt der ehemalige Zeitsoldat auf Überbleibsel von Waffen oder Munition. Auch heute sammelt er eine Patrone auf, wie Förster oder Jäger sie benutzen. Durch seine Vorgeschichte weiß er meist ziemlich genau, was er da vor sich hat. Da waren auch schon Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg wie eine Granate oder eine Stabbrandbombe. Die Nummer des Kampfmittelräumdienstes hat er für solche Fälle im Telefon eingespeichert. "Die kommen, wenn es nötig ist, auch sofort."

Oft wird er von Spaziergängern angesprochen, die auf seine Ausrüstung aufmerksam werden und fragen, was er denn da mache. Das erklärt er gern, weist darauf hin, dass er das als Ehrenamtlicher mache und verteilt an Interessierte Visitenkarten mit den Ansprechpartnern der örtlichen Denkmalbehörden: "Rufen Sie da an, machen Sie sich bekannt und fragen Sie, was Sie dürfen, dann sind Sie auf der richtigen Seite", rät er.

Seit an Seit mit wilden Tieren

Für ihn ist jeder Gang eine Bereicherung. "Auch, wenn man mal den ganzen Tag nichts findet: Man war draußen und man erlebt ganz viel Natur. So viele wilde Tiere sieht man sonst nirgends."

Suche nach verlorenen Dingen

Manchmal wird Ralf Braesch aber doch zum Schatzsucher. Er bietet Menschen kostenlos seine Hilfe an, wenn sie Wertgegenstände verloren haben. So hat er mit einer erfolgreichen Suche nach dem verlorenen Ehering schon so manches Eheglück wieder perfekt gemacht.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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