
Bleicken- und Gorch-Fock-Schule in Cuxhaven: "Hauptsache, es passiert endlich was"
CUXHAVEN. Für die Gorch-Fock- und die Bleickenschule gibt es keine schnelle Hilfe. Aber immerhin jetzt wenigstens Klarheit. Daher fallen die Reaktionen der Politik überwiegend positiv aus.
Wie berichtet, hatten Stadt- und Kreisspitze lange um Varianten gerungen und am Donnerstag dann die Lösung vorgestellt: Neubau der Bleickenschule (Hauptschule auf dem Weg zur Oberschule) auf der grünen Wiese hinter den BBS Cuxhaven, Verbleib der Gorch-Fock-Schule in der Rathausstraße.
Jahrelanger Marathon
Dem vorausgegangen war ein jahrelanger Marathon an Diskussionen, Veranstaltungen und Ausschusssitzungen. Lange sah es so aus, dass sich ein Grundschul-Neubau am Tennisclub-Gelände nahe dem Kreishaus durchsetzen würde. Bauen sollte die Stadt; der Landkreis sollte das Bleickenschulgebäude erwerben und Millionen zum Grundschulbau beisteuern - weil hierdurch ja der Bleickenschule (die als Hauptschule unter die Trägerschaft des Landkreises fällt) Platz verschafft werden sollte.
Das aber scheint unter anderem wegen der unklaren Finanzierung und dem Stadttheater in der Bleickenschule nicht umsetzbar gewesen zu sein. Zudem spreche vieles für den Verbleib der Grundschule in der Innenstadt, erklärten Landrat Kai-Uwe Bielefeld und Oberbürgermeister Uwe Santjer, nachdem sie Politik und Schulleitungen über die Einigung informiert hatten.
Schulstraße vom Tisch
Oliver Ebken, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Cuxhaven, und der Fraktionsvorsitzende der SPD im Rat Gunnar Wegener unterstützen den Vorschlag, zumal hiermit auch die Schulstraße als Standort für eine neue Bleickenschule vom Tisch ist (dagegen, die Schule mitten ins Schulviertel zu quetschen, hatte sich die Schulleitung jahrelang gewehrt). Die Fläche hinter dem BBS-Gelände sei gut geeignet und erreichbar. Rat und Stadtverwaltung würden die Realisierung aktiv unterstützen und die Bauleitplanung "förderlich begleiten", kündigten die SPD-Politiker an. Aus ihrer Sicht würden hiermit auch keine schulpolitischen Optionen eingeengt.
Für begrüßenswert halten beide die Entwicklungsmöglichkeiten der Gorch-Fock-Schule und des Stadttheaters. Sie unterstützten die Überlegungen des Oberbürgermeisters, einen Grundschul- und Kita-Campus zu entwickeln.
Verwaltungen sollen sofort handeln
Die Stadtverwaltung solle umgehend Überlegungen und Planungen zur grundschulgerechten Umwandlung des Gebäudes aufnehmen. "In der Zwischenzeit erwarten wir von beiden Schulverwaltungen, dass durch ein abgestimmtes Raummanagement die Interessen beider Schulen gewährleistet werden," so Wegener und Ebken.
CDU sieht ihre Idee verwirklicht
"Wir sind sehr zufrieden und werden diesen Vorschlag unterstützen", kündigte CDU-Fraktionsvorsitzender Thiemo Röhler an. Der Vorschlag verschaffe den Schulen, die den Prozess sehr konstruktiv begleitet hätten, Gewissheit. Die CDU sehe darin genau die Idee verwirklicht, für die sie sich schon vor einiger Zeit eingesetzt habe. Damals sei das Grundstück noch wegen des dortigen Biotops verworfen worden. Nun werde hierfür eine Ausgleichsfläche geschaffen. Röhler zeigt sich zuversichtlich, dass Grundstücksverkauf und Planung nun zügig vorangehen, da alle Beteiligten um den Zeitdruck wüssten. "Baurecht dauert", gibt er zu, "aber das wäre bei einem Grundschulneubau auch so gewesen."
Der Zeithorizont ist für Robert Babacé, den Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grüne im Rat, gerade der Reiz, der für die vorgeschlagene Lösung spricht - sofern die Zusagen eingehalten würden. "Eine neue Grundschule wäre auch nicht schneller gebaut worden", sagt er. "Wir begrüßen die Entscheidung außerordentlich", so Babacé. Diese eröffne auch eine Chance, das alte Schulgebäude vernünftig für Grundschulzwecke umzubauen.
"Geld spielt keine Rolle mehr "
Er sei durch die präsentierte Lösung zunächst mal überrascht worden, erklärt Rüdiger Kurmann, Fraktionsvorsitzender der "Cuxhavener" im Rat: "Geld spielt jetzt offenbar keine Rolle mehr", sagt er mit Blick auf die wesentlich höheren Kosten für eine weiterführende Schule.
Er könne aber die Argumentation für den Verbleib der Grundschule am jetzigen Ort nachvollziehen, so Kurmann, der auch glaubt, dass aus dem Altbau eine kindgerechte Grundschule zu machen ist: "Das überzeugt mich."
"Wenn das nicht klappt, gibt es ein Bürgerbegehren"
Eines aber kündigt er an: "Kommt jetzt noch was dazwischen, mache ich mit dem Stadtelternrat ein Bürgerbegehren für den Bau einer Grundschule."
Eine weitere Verzögerung würden die Beteiligten samt Elternschaft nicht mehr widerspruchslos hinnehmen, glaubt auch Claudia Meyer, Vorsitzende des Stadtelternrats und Elternvertreterin im Kreis-Schulausschuss.
Überrascht sei auch sie, da sich der jetzige Weg schon wesentlich von den immer wieder geäußerten Wünschen der Schulleitungen unterscheide. Entscheidend sei aber, dass endlich etwas passiere. Die Idee der Kooperationen zwischen Krippe, Kindergarten, Hort und Grundschule sowie BBS und Bleickenschule sei nachvollziehbar.
Positiv registriert Günter Wichert, Fraktionsvorsitzender der FDP im Rat, nur, dass überhaupt eine Entscheidung getroffen ist. Jedoch sei diese ohne Einbindung und gegen den Rat der betreffenden Schulleiterinnen und Kollegien getroffen worden.
Wie sich neun Jahre lang nicht um die Belange der Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte gekümmert worden sei, finde er "beispiellos in Niedersachsen".
"Situation unerträglich"
Es sei unerträglich, dass beide Schulen noch fünf Jahre oder länger unter diesen Bedingungen - zum Beispiel einem immerwährenden Lärmpegel - arbeiten sollten, während es in Städten wie Hamburg gelinge, eine Grundschule binnen 21 Wochen zu bauen. Er wünsche sich nach wie vor lieber den Neubau der Grundschule. Der Stadt wirft er langjährige Untätigkeit vor: Diese habe sich weder um Fördermittel für einen Grundschulbau gekümmert noch auf wiederholte Beschwerden der Schulaufsichtsbehörde reagiert. Die FDP habe daher einen Fragenkatalog an die Verwaltung gerichtet, in dem sie Antworten zu den Aktivitäten zur Verbesserung der Lage der Gorch-Fock-Schule einfordere.
Außenstelle länger betreiben
Wichert verweist darauf, dass das Regionale Landesamt für Schule und Bildung die Unterbringung beider Schulen als unzureichend bewertet hat. Es berate beide Schulträger seit 2019 und habe sie mehrfach dazu aufgefordert, die Situation zu verbessern.
Dies geht auch aus der Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Björn Försterling im Landtag hervor. Auf die Aufforderung hin seien auf dem Schulhof weitere Container aufgestellt und die Außenstelle der Bleickenschule in der alten Realschule in der Schulstraße eingerichtet worden, heißt es dort.
Die Außenstelle wird nun voraussichtlich deutlich länger benutzt werden müssen als die anfangs vorgesehenen drei Jahre. Landrat Kai-Uwe Bielefeld geht davon aus, dass der Verlängerungsantrag hierfür bis zum Bezug des Schulneubaus bewilligt wird.
Brandbrief der Cuxhavener Schulleitungen
Noch kurz vor den Sommerferien hatten sich 15 Schulleitungen aus Cuxhaven mit einem Brandbrief an Politik und Verwaltungen gerichtet - mit der dringenden Bitte, die hier etablierte Bleickenschule in ihrem Viertel zu belassen und die Grundschule neu zu bauen. Unterzeichnet hatten diesen Brief auch die Schulleiterinnen der Gorch-Fock-Schule, Katja Arnold, und der Bleickenschule, Clarissa Schröer.
Diese reagiert am Tag nach der Bekanntgabe mit gemischten Gefühlen: "Ich kann den Grund verstehen, dass die Grundschule in ihrem Schulbezirk bleiben soll, ansonsten ist vieles nicht nachvollziehbar", sagt sie und fragt sich, warum Kosten plötzlich keine Rolle mehr spielen.
"Ein Neubau ist immer eine Chance"
Natürlich wolle ihre Schule nicht undankbar sein - "ein Neubau ist immer auch eine Chance" -, jedoch warne sie vor Hoffnungen auf ein großes Spar-Potenzial: Die Schule benötige eine zweite Sporthalle und könne nicht in den vorhandenen Sportanlagen der BBS oder des Schulviertels mit unterschlüpfen, wo es ohnehin keine Kapazitäten gebe. Kurze Wege bräuchten außerdem auch die Schülerinnen und Schüler ihrer hochinklusiv arbeitenden Schule. Unverzichtbar seien weiter eine Pausenhalle und Aula und alle nötigen Fachräume für die Oberschule: "Alles wird viel Geld kosten", prophezeit sie.
Gleichzeitig wolle die Stadt mit der Umgestaltung zu einem Grundschulstandort viel Geld in den Altbau stecken: "Mich überrascht das alles." Nicht zuletzt sei auch die Bleickenschule im Stadtteil verwurzelt - die Tradition als Stadtteilschule hatten auch die Schulleitungen in ihrem Brief unterstrichen.
"Richtig positiv gestimmt"
Bei Katja Arnold von der Gorch-Fock-Schule überwog gestern die Erleichterung: "Wir sind äußerst positiv gestimmt." Endlich habe die Ungewissheit ein Ende und nun könne die Planung dafür, wie es in den nächsten fünf Jahren weitergehen soll, beginnen. "Uns wird ein grundschulgerechtes Gebäude versprochen", erinnert Katja Arnold.
"Das eröffnet uns auch viele neue pädagogische Gestaltungsmöglichkeiten."