Bluttat auf Nordholzer Gemüsehof - Sohn entdeckt ermordete Mutter
KREIS CUXHAVEN. Vor knapp über 20 Jahren erschütterte eine Bluttat auf einem Gemüsehof im Nordholzer Gemeindeteil Cappel-Niederstrich.
Ein fünfjähriger Junge entdeckte morgens im elterlichen Schlafzimmer seine blutüberströmte Mutter. Für die 32-Jährige kam jede Hilfe zu spät. Sie wurde ermordet - mit 61 Stich- und Schnittverletzungen. Die Polizei nahm am nächsten Tag einen Tatverdächtigen fest. Nach zweieinhalb Wochen wurde der Mann wieder frei gelassen. Molekularbiologische Untersuchungen entlasteten den Nordholzer. Weder Täter noch Tatwaffe wurden bis heute gefunden.
Am frühen Morgen des 27. März 1999 geschah der grausame Mord auf dem landwirtschaftlichen Anwesen. Der Fünfjährige hörte ein verdächtiges Geräusch, wie es die Polizei damals ausdrückte. Der Steppke ging in das Schlafzimmer seiner Eltern und entdeckte dort seine brutal ermordete Mutter. Per Telefon rief er Verwandte an, die schließlich die Polizei informierten. Währenddessen war der Vater auf dem Cuxhavener Wochenmarkt. Er hatte deshalb schon gegen 5.40 Uhr das Haus verlassen. Die Ermittler gingen davon aus, dass der Täter Ortskenntnis hatte, er soll durch eine Seitentür in das Gebäude gekommen sein, um dann auf das arglose, schlafende Opfer einzustechen. Hamburger Rechtsmediziner stellten 61 Stich- und Schnittverletzungen fest. Die Tatwaffe dürfte ein Messer mit einer etwa 14 Zentimeter langen und 2,5 Zentimeter breiten Klinge gewesen sein.
Bei der Polizeiinspektion Cuxhaven wurde eine Mordkommission gebildet, die sich Hinweise erhoffte aus der Bevölkerung, ob verdächtige Wahrnehmungen an diesem Morgen gemacht wurden. Ein Motorengeräusch soll es gegeben haben, Zeugen mutmaßten, einen Motorroller oder ein ähnliches Gefährt gehört zu haben. Und die Ermittler machten sich auf die Suche nach der Tatwaffe. Während also die Polizei mit Diensthunden das weitläufige Anwesen und das umliegende Gelände absuchte, klickten am Abend des 27. März schon die Handschellen. Ein damals 47 Jahre alter Bediensteter des Gemüsehofes wurde vorläufig festgenommen. Der Mann soll einen Motorroller besessen haben. Für die Tatzeit habe der Nordholzer kein Alibi gehabt.
Die Staatsanwaltschaft schien überzeugt von dem Ermittlungserfolg und stellte einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls. Das zuständige Amtsgericht entsprach dem, der 47-jährige Arbeiter kam also in U-Haft. Die Antwort auf die Frage nach dem möglichen Motiv blieb die Polizei schuldig; sie verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass weiterhin in alle Richtungen ermittelt werde. Doch selbst bei der weiteren Suche nach der Tatwaffe hatte die Moko offensichtlich den 47-Jährigen im Visier, denn sie ließ auch mithilfe von Hundertschaften Landstriche absuchen, die sich auf dem gut fünf Kilometer langen Heimweg des Verdächtigen befanden. Auch auf dem Gemüsehof wurde alles umgedreht. Die Bereitschaftspolizei hatte noch eine Suchaktion, die nur mit Gesichtsmasken zu leisten war. Die Beamten durchwühlten 18 Tonnen Hausmüll. Die Abfälle stammten aus Nordholz und Cappel. Sie wurden vor der Einfüllstation in der Müllverbrennungsanlage in Bremerhaven abgekippt. Diverse Bekleidungsstücke mit "Anhaftungen", so die Polizei zu möglichen Blutspuren, und mehrere Messer wurden aus dem Müllberg gefischt.
Spezialisten des Landeskriminalamtes untersuchten die gefundenen Gegenstände. Wie sich bei dem Messer vom Wegesrand herausstellte, hatte dieses nichts mit dem Kapitalverbrechen zu tun. Weitere Durchsuchungen gab es noch. Diese im Amtsdeutsch "strafprozessualen Maßnahmen im Opfer-Umfeld" führten ebenfalls nicht zum Durchbruch in dem Mordfall.
In der Bevölkerung herrschte große Verunsicherung, weil es einfach nicht weiterging. Viele Nordholzer glaubten auch nicht, dass der in U-Haft sitzende 47-Jährige überhaupt etwas mit dem Tod seiner 32-jährigen Chefin zu tun hat. Aus unterschiedlichen Gründen wurde ihm solch ein Verbrechen nicht zugetraut. In den Vernehmungen wies er die Anschuldigungen von sich.
Der immense Druck auf den Tatverdächtigen entlud sich Mitte April, also zweieinhalb Wochen nach dem Mord. Die Moko erhielt die Ergebnisse einer molekularbiologischen Untersuchung des Landeskriminalamtes Niedersachsen. Eine Blutspur, die beim Tatverdächtigen gefunden wurde, stammte von ihm selbst und nicht, wie die Ermittler dachten, vom Oper. Der 47-Jährige kam wieder frei.
135 Überprüfungen und Hinweise aus der Bevölkerung sowie die Abarbeitung des umfangreichen Spurenmaterials beschäftigte die Moko unterdessen weiter. Außerdem wurde die Suche nach der Tatwaffe fortgesetzt. Die Kleinkläranlage des Gemüsehofes wurde dafür abgepumpt. Mit Metallsonden des Marinemunitionsdepots 6 aus Oxstedt wurde ebenfalls in Tatortnähe nichts gefunden. Und noch einmal kam die Bereitschaftspolizei bei umliegenden Gräben zum Einsatz, auch hier ergebnislos. Eine weitere Polizeiaktion, nämlich das Überprüfen von Verkehrsteilnehmern, die morgens an dem Tatobjekt vorbeifahren, brachte auch keine näheren Erkenntnisse.
Und so gibt es bis heute keine Spur vom Täter oder von der Tatwaffe ...