
Bußgeld nach Corona-Protest in Cuxhaven: "Sonntagsspaziergänger" zieht Einspruch zurück
CUXHAVEN. Ein 48-jähriger Cuxhavener hatte den Weg zum Amtsgericht Cuxhaven eingeschlagen. Er war als "Sonntagsspaziergänger" auf die Straße gegangen.
Ein Cuxhavener, der im Laufe des Jahres mehrfach im Umfeld der sogenannten "Sonntagsspaziergänger" aufgetreten ist, war wegen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens geladen worden. Seinen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid der Stadt Cuxhaven hat er im Zuge der Verhandlung zurückgezogen. Dadurch kam der 48-Jährige einem mutmaßlich "teureren" Urteil zuvor. Hintergrund der Verhandlung war eine von der Polizei aufgelöste Kundgebung von Gegnern der staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen gewesen.
Ordnungswidrigkeit
Er wolle die Kuh vom Eis bekommen: Als es nach 75-minütigem Hin und Her schließlich ums Geld ging, besann sich der Beschwerdeführer auf den für ihn kostengünstigsten Weg. Nachdem Amtsrichter Stefan Redlin zwei der drei zur Debatte stehenden Ordnungswidrigkeitssachen eingestellt hatte, drehte es sich am Ende allein um die Vorgänge am 25. April diesen Jahres: "Das Dickschiff" nannte der Richter diesen Strang der Verhandlung, bei dem es im Gegensatz zu den anderen, vom Kreis ausgestellten Bescheiden nicht um Hygienerichtlinien, sondern um einen mutmaßlichen Verstoß gegen Versammlungsauflagen ging.
Die Versammlungsauflagen missachtet
Entgegen polizeilicher Weisungen hatten sich die Teilnehmer der nicht angemeldeten Demonstration "geschlossen" (so die Aussage einer Beamtin) weiter die Deichstraße hinauf bewegt. Was anschließend geschah, wird Teil eines gesonderten, noch ausstehenden (Straf)-Verfahrens sein: Kräfte der Bereitschaftspolizei, die jenen der Größe nach überschaubaren Tross stoppten und dabei wohl einzelne "Sonntagsspaziergänger" zurückdrängten, sollen von zwei Demonstranten angegriffen worden sein. "Mit diesen Angriffen haben wir nicht gerechnet, das war verwunderlich angesichts des Kräfteverhältnisses", sagte ein Zugführer aus Oldenburg, der vor Gericht rekapitulierte, wie die Polizei an jenem Frühsommer-Sonntag vorgegangen war. Über Lautsprecher hatten die Einsatzkräfte die "Sonntagspaziergänger" wiederholt nach einem Versammlungsleiter gefragt. Nachdem sich kein Teilnehmer bereit zeigte, mit der Polizei zu reden, diktierte die Einsatzleitung die Spielregeln - ein Vorgang, der im Versammlungsrecht als "beschränkende Verfügung" bekannt ist.
Betroffener rechtlicher Lage nicht bewusst
Im konkreten Fall bedeutete diese Maßnahme, dass die teils im Querdenker-Lager zu verortenden Kundgebungsteilnehmer ihr Recht auf öffentliche Meinungsäußerung ausüben konnten - allerdings nur stationär und nicht wie geplant in Form eines Umzugs. "Ich kann mich an Lautsprecherdurchsagen erinnern, die rechtliche Lage war mir aber gar nicht bewusst." In der zunehmend aufgeheizten Situation sei schwer nachvollziehbar gewesen, "was in dem Moment Fakt gewesen ist": Der Beschwerdeführer, der im Wartebereich vor dem Saal gegen die anwesende Presse geätzt hatte, gab sich dem Richter gegenüber beflissen. Wiederholt nahm er für seine Person den Status des "Berichterstatters" in Anspruch - bezogen jedenfalls auf die in Cuxhaven vor gut einem halben Jahr initiierten Corona-Proteste. Dass der 48-Jährige die "Spaziergänge" von mutmaßlich Gleichgesinnten filmte und einzelne Clips via Internet teilte, ist kein Geheimnis.
Beamte glauben an gezielte Provokationen
Am 25. April war er nach Zeugenangaben ebenfalls mit der Kamera und einem zugehörigen Gimbal unterwegs. Der vor Gericht gehörte Hauptkommissar schloss deshalb nicht aus, dass aggressiv auftretende "Sonntagsspaziergänger" gezielt darauf aus waren, Gegenreaktionen der Polizei "medial wirksam" einzufangen. Bilder provozieren wollten die Teilnehmer nach Einschätzung einer Beamtin schon bei einem früheren Umzug. In dessen Verlauf soll den eigesetzten Polizisten eine Ausgabe des Grundgesetzes vor die Füße geschleudert worden sein. Zurück zum Bußgeldbescheid: Jenen muss der Cuxhavener nun begleichen - und dazu den ein oder anderen Euro Gerichtskosten berappen. Finanziell fährt er damit besser, als mit seinem Einspruch zu scheitern: Auch das kam in der Verhandlung am Donnerstag zum Ausdruck.