
Cuxhaven: Es kommt auf jede Wohnung für Ukraine-Flüchtlinge an
CUXHAVEN-SAHLENBURG. Das Ankunftszentrum des Landkreises für Ukraine-Flüchtlinge ist voll: Es gibt einfach keine Wohnungen. Stadt und Kreis sprechen einen inständigen Appell aus.
Der nächste Bus mit Neuankömmlingen muss abgewiesen werden, wenn nicht schnellstens weitere Wohnungen im gesamten Kreisgebiet gefunden werden. Kreisrat Friedhelm Ottens, zuständig für den Ukraine-Stab beim Landkreis, und Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer sprachen am Donnerstag Klartext: "Es darf keine Denkverbote mehr geben."
"Keine Panik, aber sehr ernst nehmen"
"Wir brauchen keine Panik, aber wir müssen die Lage sehr ernst nehmen", so Uwe Santjer. Und die ist so: Knapp 2000 Menschen aus der Ukraine hat der Kreis bereits aufgenommen. Nach Vorgaben des Landes sollen jede Woche weitere 50 aus den Landesaufnahmeeinrichtungen hinzukommen. Doch das Haus in Sahlenburg ist mit 180 Personen voll belegt. Statt der anfangs angepeilten ein, zwei Tage bleiben die Menschen dort inzwischen mehrere Wochen.
Aktuell hat Friedhelm Ottens mit dem Land verhandelt, dass der Zugang vorerst auf einen Bus pro Woche (25 Personen) reduziert wird. "Weil wir immer noch einen Puffer für privat Anreisende brauchen, die täglich vor der Tür stehen", erklärte Ottens bei einem Bürgerinformationsabend an der Sahlenburger Schule.
Bleibt länger in Betrieb
Außerdem habe der Kreis die Laufzeit in Absprache mit dem Betreiber DRK Cuxhaven-Hadeln und der Helios-Klinik GmbH um zunächst drei Monate verlängert - vorerst bis Jahresende. Was darüber hinaus auf dem Gelände (auf dem eine Ferienanlage errichtet werden soll, d. Red.) möglich sei, sei ungewiss. Ottens wirft schon den Blick auf den 31. März, denn: "Die Gemeinden können nicht aufnehmen." Und der Winter stehe vor der Tür.
Die Ungewissheit sei belastend für die Beschäftigten der Einrichtung und eine große Herausforderung für den Landkreis: "Es kostet viel Geld, das wir vom Land auch nicht zurückbekommen, deswegen müssen wir mit Augenmaß handeln."
Lieber nicht nach Neuhaus
Das in Reserve stehende ehemalige Kinderheim in Neuhaus möchte der Kreis aus mehreren Gründen lieber nicht in Betrieb nehmen. Weil es kein Personal gibt, aber auch wegen der wesentlich schlechteren Anbindung an Geschäfte, Verkehr und medizinische Versorgung. Vor allem aber schürten Gemeinschaftsunterkünfte eher Konflikte und bedeuteten keine Integration: "Die Menschen - ob sie hier bleiben möchten oder nicht - sind hier willkommen", so Ottens auch mit Blick auf den Fachkräftemangel.
Er hofft daher auf einen Schub vor allem nach der Sommersaison: Ferienwohnungen, Pensionen, ja auch das einzelne Gästezimmer - auch wenn das schwierig sei - würden benötigt (natürlich gegen Bezahlung von Miete und Nebenkosten); "auch, wenn es nur für drei Monate ist", unterstreicht Ottens. Je schneller dies gelinge, desto besser: "Wir müssen versuchen, wieder bei einer Belegung von 140 Personen im Ankunftszentrum anzukommen."
Enge birgt Konfliktpotenzial
"Sonst kommen wir in eine Situation, die wir nicht haben wollen", ergänzte Uwe Santjer. Es drohe, "emotional-sozial" schwierig zu werden: Ohne Entschärfung der räumlichen Lage seien dann begleitende Angebote wie Kinderbetreuung oder Sprachkurse (wofür es auf offizieller Ebene keine Dozenten gibt) unabdingbar.
"Wir werden noch richtig zusammenhalten müssen", so Santjer, "und müssen aufpassen, dass die Spalter der Gesellschaft daraus keine Nahrung ziehen." Denn natürlich suchten in Cuxhaven auch viele Einheimische eine Wohnung und die Nerven lägen wegen der Energiekosten blank - "daraus darf keine Neiddebatte entstehen." Vielmehr müssten aus dieser "schwersten Herausforderung nach dem Zweiten Weltkrieg" (Santjer) auch Chancen generiert werden: "Wir müssen helfen - aber vielleicht kann uns das auch helfen", so Santjer. "Alle wollen, dass es gelingt - aber die Behörden alleine schaffen es nicht mehr; sie brauchen die Bevölkerung dazu."
Wer vermieten kann: Die Ansprechpartner in den Gemeinden finden sich unter www.landkreis-cuxhaven.de/Ukraine/