
Cuxhaven: Wird Notunterkunft in Altenwalder Kaserne für Ukraine-Flüchtlinge reaktiviert?
CUXHAVEN-ALTENWALDE. 2015 wurde eine Notunterkunft für Flüchtlinge in der früheren Altenwalder Kaserne förmlich aus dem Boden gestampft. Sie rückt durch den Ukraine-Krieg nun wieder ins Blickfeld.
Die Stadt Cuxhaven nimmt zunächst mal eine große Solidarität der Bevölkerung mit den Menschen in der Ukraine wahr. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger rufen an, wollen helfen, spenden oder Wohnraum anbieten. Oberbürgermeister Uwe Santjer hat am Dienstag dem Land signalisiert, dass die Stadt auch bei einer Reaktivierung der Notunterkunft in der Altenwalder Kaserne helfen würde.
OB: "Es gibt keine Rechtfertigung für Krieg"
"Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist abscheulich und macht uns alle sehr betroffen. Unschuldige Menschen kommen zu Tode oder müssen um ihr Leben fürchten. Unsere Gedanken sind bei allen, die betroffen sind", stellt Santjer in einer Mitteilung der Stadt fest. Der Angriff sei auch eine Attacke auf die Demokratie. "Die Menschen in Cuxhaven, Deutschland, Europa und der Welt stehen für Frieden und Miteinander. Diese Prinzipien gilt es zu wahren. Denn es gibt keine Rechtfertigung für Krieg." Cuxhaven sei sich seiner humanitären Verantwortung gegenüber den Menschen der Ukraine bewusst. Die Stadt bereite sich daher in enger Abstimmung mit dem Landkreis Cuxhaven vor, Flüchtlinge aufzunehmen. "Einige Familien werden wir unterbringen können", so Uwe Santjer.
Die Stadt werde sich aber auch, wenn nötig, an einer Reaktivierung der Notunterkunft in der ehemaligen Kaserne in Altenwalde beteiligen. De Zuweisung müsse von der zuständigen Aufnahmebehörde beim Land erfolgen.
Botschaft kommt an
"Die Abteilungsleiterin Migration im Innenministerium, Dr. Susanne Graf, hat sich sehr über diese Botschaft gefreut", berichtet Uwe Santjer. Aktuell sei in Hannover noch nicht abzusehen, wie viele Menschen in Niedersachsen Zuflucht suchen werden. Zur Stunde werde die Altenwalder Kaserne noch nicht gebraucht.
Wie es um den baulichen Zustand der ehemaligen Notunterkunft (kurz NUK) steht, weiß Uwe Santjer allerdings auch nicht. Vermutlich schlecht: "Vieles müsste neu hergerichtet werden."
Obwohl 2015/16 viel Geld in die Ertüchtigung diverser Gebäude geflossen ist, dürften diese spätestens seit 2017 wieder in einen Dornröschenschlaf gefallen sein. Alles sei tief eingewachsen, dies ein Eindruck der wenigen Augenzeugen, die das Gelände in der Zwischenzeit betreten haben.
Turbulente Tage im Jahr 2015
Am 11. September 2015 hatte das DRK Cuxhaven-Hadeln vom Land Niedersachsen den Auftrag zum Aufbau einer Notunterkunft für 1000 Personen in Altenwalde erhalten. Die Ausgangslage war miserabel, der Zustand der Gebäude und technischen Leitungen desolat. Ab dem 11. Dezember 2015 aber konnten sich die Unterkünfte mit Menschen aus Syrien, Afghanistan, dem Iran und dem Irak füllen. Fast 40 Prozent von ihnen waren Kinder und Jugendliche. Schnell entwickelten sich ein friedliches Miteinander und ein Alltagsleben. Einige Hauptamtliche und hunderte Ehrenamtliche hielten ein Angebot aus Sprachkursen, Kinderbetreuung, Freizeitgestaltung und sonstigen Unterstützungsangeboten aufrecht.
Das Ende der NUK kam eher, als alle vermutet hatten: Angesichts des nachlassenden Flüchtlingsstroms wollte sich das Land im Mai 2016 plötzlich auf wenige Aufnahmeeinrichtungen konzentrieren. Die NUK wurde abgewickelt. Anfang Juli 2017 übergab das DRK die letzte benutzte Halle, in der noch Hilfsgüter gelagert waren, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zurück. Bei der BImA hat die Stadt ein Vorkaufsrecht für das Kasernengelände angemeldet. Die Bestimmung des Geländes bleibt vorerst ungewiss.
Die Helfer sind noch da
Geblieben aus der Zeit der Notunterkunft ist ein stabiles Helfer-Netzwerk. "Viele sind bis heute in der Flüchtlingshilfe aktiv", erzählt Mirjam Schneider vom "Offenen Herz Altenwalde", das sich im Herbst 2015 gegründet hat. Und viele wollen auch jetzt wieder helfen und fragen, wie sie das tun können.
Zum Beispiel wieder mit einem Sprachcafé als Begegnungsstätte, überlegt Mirjam Schneider. Auch, wenn viele Geflüchtete signalisierten, dass sie am liebsten schnell wieder zurückwollten: Grundkenntnisse in Deutsch könnten auf jeden Fall helfen, sich leichter zurechtzufinden.
Abstimmungsgespräche hierzu finden beim OHA gerade täglich statt. "Das Bedürfnis nach Informationen ist sehr hoch. Und ein wenig Vorlaufzeit wäre gut", sagt Mirjam Schneider, die noch nicht weiß, wie viele Muttersprachler sich als Dolmetscherinnen oder Dolmetscher für die erste Zeit zur Verfügung stellen könnten.
In der Stadt Cuxhaven sind 34 ukrainische Staatsangehörige gemeldet, 14 von ihnen männlich und 20 weiblich. Nach Auskunft der Landkreis-Sprecherin Stephanie Bachmann sind in den letzten Tagen bereits 100 Menschen aus der Ukraine bei Verwandten oder Bekannten im Kreisgebiet angekommen.
Die Bevölkerung ist da, wenn es zählt
Was Uwe Santjer immer wieder beeindruckt, ist die Gewissheit, sich auf die Bevölkerung verlassen zu können: "Die Leute sind sofort da, das war nach der Flutkatastrophe im Ahrtal so und das ist auch jetzt so." Auch am Bürgertelefon am Montag seien zahlreiche Hilfsangebote gemacht worden. "Lassen Sie uns schauen, wie wir zielgerichtet helfen können", bittet der Oberbürgermeister. Im Kreis Cuxhaven haben sich bereits zahlreiche Hilfsorganisationen zusammengefunden.